Konflikt um Zukunft des Kölner Domradio spitzt sich zu

Aus Sorge um Zukunft des Kölner Domradio und seine journalistische Unabhängigkeit hat der Programmbeirat des kircheneigenen Senders die nordrhein-westfälische Landesanstalt für Medien (LfM) zu Hilfe.

(Bild: © domradio / Norbert Feldhoff)

Das Aufsichtsorgan für den privaten Rundfunk solle die vom Erzbistum Köln unter Kardinal Rainer Maria Woelki geplante Umstrukturierung des Domradio „einer kritischen Prüfung“ im Hinblick den Auftrag der LfM unterziehen, „nämlich Freiheit in den Medien zu schützen, Vielfalt zu fördern und Recht zu sichern“, heißt es in einem Schreiben des Beiratsvorsitzenden Jürgen Wilhelm an LfM-Direktor Tobias Schmid, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag-Ausgabe) vorliegt. In neun Punkten untermauert der Beirat seine Befürchtung, die Bistumsleitung strebe eine unkritische Berichterstattung über das Erzbistum, den Erzbischof und kirchenpolitische Fragen an.

In diesem Zusammenhang legt Wilhelms Schreiben an die LfM erstmals Hintergründe zur Ablösung von Domradio-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen offen, die das Erzbistum im Juni überraschend bekannt gab. „Noch bis vor wenigen Wochen hat der Programmbeirat Herrn Brüggenjürgen als motiviert und tatkräftig erlebt. Von Rücktrittsabsichten oder Vertragsauflösung war nicht die Rede. Dem Vernehmen nach soll Herr Brüggenjürgen sich in den Wochen danach über die Einmischung in redaktionelle Inhalte durch den neuen zweiten Geschäftsführer nachhaltig in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt gesehen haben.“ Die Neubesetzung sei ohne vorherige Information oder gar aktive Einbeziehung des Programmbeirates erfolgt. Es stehe zu befürchten, dass bei den Journalistinnen und Journalisten des Domradio eine „Schere im Kopf“, also eine Art Selbstzensur um sich greifen könnte, um nicht als missliebig aufzufallen, so der Beirat.

Gleiches gelte für das „völlig intransparente Besetzungsverfahren“ für einen zusätzlichen zweiten Geschäftsführer des Senders. Einen geplanten Trägerwechsel vom Bildungswerk der Erzdiözese hin zu einer gemeinnützigen GmbH sieht der Beirat ebenfalls höchst kritisch. Eine solche Ausgliederung werde „die Möglichkeiten der Einflussnahme durch das Erzbistum weiter vergrößern“. Die Vorsitzende des Bildungswerk, Petra Dierkes, war kurz nach Bekanntgabe der Umstrukturierungspläne zurückgetreten und scheidet vorzeitig aus dem Dienst des Erzbistums aus. Sie war bislang auch Mitglied des Programmbeirats.

Die LfM ist für die Vergabe der Sendelizenzen an private Hörfunkanbieter zuständig. Durch die Anbindung des Domradios an das Bildungswerk sollte bei der Gründung vor fast 25 Jahren sichergestellt werden, dass der Sender kein reines Verkündigungsorgan des Erzbistums ist. Die LfM muss prüfen, ob auch ein neuer Träger die für eine Sendelizenz erforderliche Pluralität des Programms gewährleistet.

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

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Konflikt um Kölner Kirchensender erreicht Landespolitik: Unabhängigkeit des Domradios erhalten

DJV NRW Logo„Wir sehen uns in unserer Befürchtung bestätigt, dass Erzbischof Woelki durch den personellen und strukturellen Umbau des Domradios seinen direkten Einfluss auf die Berichterstattung vergrößern will. Das bedroht aus unserer Sicht die Unabhängigkeit und das Renommee der Redaktion“, kommentiert Volkmar Kah, Geschäftsführer des Deutschen Journalisten-Verbandes in NRW die jüngsten Entwicklungen um den renommierten Kirchensender. „Wir fordern das Erzbistum Köln auf, alles zu unterlassen, was die Glaubwürdigkeit des Domradios einschränkt.“

Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, hat sich der Programmbeirat des Domradios jetzt mit einem Brief an die Landesanstalt für Medien (LfM) als zuständige Aufsicht gewandt, in dem er seine Sorge um die journalistische Unabhängigkeit des kircheneigenen Senders ausdrückt. Das Gremium befürchtet, dass die Bistumsleitung durch ihre Eingriffe eine unkritische, bistumskonforme Berichterstattung durchsetzen will. Es fordert die LfM als Aufsichtsorgan des privaten Rundfunks in NRW auf, die Pläne des Erzbistums – mit Blick auf den Erhalt der Sendelizenz – einer medienrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Von der LfM war zu hören, dass man die Prüfung in Betracht ziehe, das Erzbistum aber bisher formal noch keine konkreten Veränderungen zur Gesellschafterstruktur angekündigt habe.

„Wir begrüßen, dass die Diskussion über den verstärkten Zugriff des Kardinals auf das Domradio jetzt den politischen Raum erreicht hat und sind gespannt, was die Überprüfung durch die LfM ergeben wird“, betont Volkmar Kah. „Die Redaktion hat ein Recht darauf, zu erfahren, unter welchen journalistischen Bedingungen sie in Zukunft arbeiten kann. In der Medienlandschaft von NRW würde etwas fehlen, wenn das Domradio vom Erzbistum Köln zum reinen Verkündigungssender umgeformt würde!“

Seit März sind die Pläne des Erzbistums Köln bekannt, den Kirchensender neu zu strukturieren. Unter anderem soll eine gemeinnützige GmbH den langjährigen Träger, das Bildungswerk der Erdiözese Köln, ablösen. Der Chefredakteur und „Mann der ersten Stunde“, Ingo Brüggenjürgen, räumt jetzt unter unklaren Umständen vorzeitig seinen Posten und geht am 1. September in den Ruhestand.

Quelle: DJV NRW