Achtzehn Monate nach dem Start des ersten kommerziellen landesweiten DAB+ Multiplexes in Nordrhein-Westfalen zog die Landesanstalt für Medien ein Fazit. Im Herbst oder Winter sollen maximal 96 Plätze in DAB+ Multiplexen ausgeschrieben werden. Viele Interessenten bekundeten einen Bedarf für insgesamt 118 Plätze. Dreißig Jahre war der bevölkerungsreichste Hörfunkmarkt abgeschottet, der Zugang nur im Rahmen von zeitlich begrenzten DAB+ Erprobungen für neue Anbieter möglich. Das Interesse am NRW-Hörfunkmarkt hält weiterhin an.
In NRW werden zur Zeit Abi-Prüfungen geschrieben, in vielen Abi-Zeitungen die Berufswünsche verewigt. Nicht alle Möchtegern-Astronauten oder Surflehrer finden zum Traumjob auf ihrer Trauminsel oder gar Planeten. So ähnlich ist es mit dem Traum, einen eigenen Radiosender zu starten. Die LfM NRW erkundete bereits 2018 den Bedarf an DAB+, 47 Veranstalter bekundeten damals ihr Interesse, aber nur 12 Anbieter meldeten sich auf die Ausschreibung. In diesem Jahr fragte die LfM NRW erneut das Interesse ab und 44 Lokalradioveranstalter und 27 weitere potentielle Kandidaten zeigten ihr Interesse. Die Diskrepanz zwischen Bekundern und Bewerbern erfahren wir nach der Antragsphase.
Alle NRW-Lokalradios wollen in ihrer Region über DAB+ senden und verneinten ihr Interesse an der Verbreitung in weiteren Allotments. Sieben Rundfunkveranstalter wollen in allen sechs Allotments, also landesweit verbreitet werden. Das Interesse an den einzelnen Regionen ist sehr unterschiedlich. Für die Regionen Münsterland und Ostwestfalen-Lippe interessieren sich genauso viele Rundfunkveranstalter, wie es freie Plätze geben wird. In allen anderen Regionen übersteigt das Interesse die Anzahl der freien Plätze. Spitzenreiter ist hier die Region Köln/Bonn/Aachen mit 162 % Bedarf im Verhältnis zu freien Plätzen, gefolgt von der Landeshauptstadtregion mit 138 %. Einige Veranstalter sind an mehr als einen Platz interessiert.
Der erste landesweiter DAB+ Multiplex in NRW wurde am 29. Oktober 2021 aufgeschaltet (RADIOSZENE berichtete). Bis zum Jahresende wird das festgelegte Ausbauziel der 2. Ausbaustufe übererfüllt sein, referierte während der LfM-Medienkommissionssitzung James Kessel, Geschäftsleiter Produktmanagement bei Media Broadcast, die mit ihrer Tochtergesellschaft audio.digital NRW den Multiplex betreibt. 95 % der Fläche werden versorgt, in der Eifel und dem Siegerland gibt es noch unversorgte Regionen. Am 17. April wurde bereits das Netz um den Sender Bonn Venusberg erweitert, Wuppertal und Köterberg im Weserbergland werden in diesem Jahr folgen. Insgesamt könnten es 25 Senderstandorte werden, wenn die Programmveranstalter sich das wünschen und die Kosten tragen können.
Der erste Multiplex ist mit 16 Programmen voll belegt, zwei weitere Programmveranstalter stehen auf der Warteliste und hoffen, dass ein Platz frei wird. Weitere fünf Anbieter sind an einem Platz interessiert. Nur wenige Namen fallen in der Sitzung, Radyo Metropol FM soll zu den Interessenten gehören, auch die NRW Audio GmbH & Co. KG – Betreiber von nrw 1 – und rado ffn werden erwähnt, weil sie erneut Interesse bei dem Call-For-Interest gezeigt haben. Trotz der hohen Kosten für 15 Standorte gibt es in NRW keine Zahlungsausfälle, die der Netzbetreiber aus anderen Regionen kennt, fügt Kessel hin.
Im Projektplan für „DAB+ Regio“ hat die LfM NRW die Meilensteine eingetragen, die das Landesmediengesetz (LMG NRW) vorgibt. Konkrete Termine werden aber nicht genannt. Vier Jahre nach Bestellung liefert die Bundesnetzagentur (BnetzA) dem Land NRW immer noch nicht die benötigten Übertragungskapazitäten, zwei Regionen werden durch Belgien und die Niederlande weiterhin blockiert, referiert Armin Loos, Chefingenieur und Bereichsleiter Technik bei Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM). Eine Aussage, wann die Kanäle gefunden werden, könne nicht getroffen werden. Von der Wirtschaft werde ein rascher Marktzugang gewünscht und lokaler Rundfunk müsse bei dem Prozess wegen lokaler Vielfalt mitgenommen werden. Bei einem Plattformbetrieb würde es schneller gehen, weil die BnetzA keine Auswahl treffen würde. Das Ausfallrisiko beim Verlassen einzelner Programmanbieter würde dann bei dem Netzbetreiber liegen.
Ungeklärt bleibt bis jetzt, ob für jede Region ein Plattformbetreiber gesucht wird oder für alle Regionen zusammen. Es gibt Überlegungen mit einer Zwischenlösung zu starten, dann würde „DAB+ Regio“ nur in vier statt sechs Regionen starten. Eine andere Überlegung ist es aus Rechtssicherheitsgründen darauf zu warten, dass Kanäle für alle Allotments gefunden werden. Der NRW-Lokalfunk ist an einer Förderung der DAB+ Ausstrahlung interessiert.
Dr. Tobias Schmid: „Wir dürfen fördern, haben aber kein Mittel.“ Gespräche über eine mögliche Förderung werden mit dem Land geführt. Voraussetzung für die Förderung ist ein weitreichendes Digitalisierungskonzept, dass auch über die Zeit der Nutzung von DAB+ reicht, denn der Standard wird weiterhin als Brückentechnologie zwischen dem analogen Rundfunk und der ausschließlichen Verbreitung im Internet angesehen.
Teilnehmende des Call for Interests zu DAB+-Regio
- 700 Media UG, Simmerath
- Antenne NiedersachsenGmbH & Co. KG, Hannover
- Audiotainment Südwest GmbH & Co. KG, Mannheim
- Bildungswerk der Erzdiözese Köln e.V., Köln
- Byte FM GmbH, Hamburg
- Campus FM, Essen
- CT das Radio, Bochum
- DHD Deutscher Hörfunk Dienst, Münster
- DIVICON MEDIA HOLDING GmbH, Leipzig
- eldoradio, TU Dortmund, Dortmund
- Funk und Fernsehen Nordwestdeutschland GmbH & Co. KG, Hannover
- Landesverband Bürgermedien NRW e.V., Duisburg
- lulu.fm GmbH, Köln
- Media Broadcast GmbH, Köln
- MEHR! Radio U.G. (haftungsbeschränkt)
- METROPOL FM GmbH, Berlin
- MusikStar Rundfunk, Essen gemeinsam mit Stadt. Land. Fluss Hörfunk GmbH, Brandenburg a. d. Havel
- Natürliche Person, Essen
- Natürliche Person, Hilgen
- Natürliche Person, Köln
- NRW Audio GmbH & Co. KG, Düsseldorf
- Radio FH!, Fachhochschule Südwestfalen, Meschede
- Radio Q, Münster
- Radio Volare GmbH, Zürich (Schweiz)
- Radioprofis GmbH, Witten
- regioMedien AG, Eupen (Belgien)
- Skyline Medien GmbH, Berlin
- Stream D, Düsseldorf
- sunshine live GmbH & Co. KG, Mannheim