Stone Age: 60 Jahre Rolling Stones von Lesley-Ann Jones

Eine Rezension von Hendrik Leuker

Die Bestsellerautorin Lesley-Ann Jones legte in diesem Jahr nach einer Biografie über Freddie Mercury und einer weiteren über John Lennon ein neues Buch anlässlich des sechzigjährigen Bühnenjubiläums der Rolling Stones in diesem Jahr namens „The Stone Age – 60 Jahre The Rolling Stones“ vor.

The Stone Age: 60 Jahre The Rolling Stones von Lesley Ann-Jones

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Was soll dieses Werk darstellen? Lassen wir die Autorin selbst zu Wort kommen: Bei diesem Buch „handelt es sich weder um ein Nachschlagewerk noch (um) eine umfassende Biografie, sondern um meine persönliche Sichtweise“ (S. 360). Wieder beeindruckt sie als Insiderin des Musik-Business mit profunden Faktenwissen. Da sie nicht jedes Detail belegen kann, spinnt sie bisweilen gekonnt spekulative Webfäden, was auf den britischen Inseln im Journalismus eher verbreitet ist.

Was erwartet den geneigten Leser dieses Buches? Hauptsächlich geht es um die Entstehungsgeschichte einer der größten Bands unserer Zeit und ihrem Wandel von den „Anti-Establishment-Außenseitern zu der globalen Marke, die sie heute sind“ (Rückseite Schutzumschlag). Zunächst wurden die Rolling Stones als Gegenentwurf zu den braven Beatles aufgebaut, gewissermaßen als Anti-Fab-Four. Das geht auf den ersten Manager der Stones, Loog Oldham, zurück: „Die braven Pilzköpfe verdienten einen Gegenentwurf, und er würde ihn liefern. Er würde die Stones zu Anti-Beatles machen und sie bei genau dem Plattenlabel unterbringen, das die Beatles bekanntermaßen weggeschickt hatte: Decca.“ (S.95). Dieses änderte sich, was in dem Buch deutlich herausgestellt wird, mit der Zeit: Seinerzeit (mal wieder) zerstritten beteiligten sich Mick Jagger und Keith Richards, die führenden Köpfe der Stones, jeder für sich, am 13. Juli 1985 an Live Aid, einem Event, das im Buch als Untergang der Pop Kultur gewertet wird (S.274-277). Schließlich begaben sich die Stones unaufhaltsam auf den Weg ins Establishment, gingen im Blazer zum Cricket-Spielen und hatten zuhause Keller voller Portwein, gekrönt vom Ritterschlag der Queen für Sir Mick Jagger im Jahr 2002: „Das entscheidende R-Wort war jetzt , ,Rückvergütung´ nicht mehr ´Revolution´ (S.283).“

Im Buch findet sich ein kurzer, aber solider Überblick über den Werdegang der Rolling Stones und ihrer Musikalben (S.25-32). Es ist aber mehr: Insider-Storytelling, Boulevardgeschichten und am Rande werden die begleitenden Medien eingeflochten. So geht es um die Zu- und Abgänge, die die Stones geprägt haben. Kaum einer redet noch von Brian Jones, der vielfach als Gründer der Band gilt, diese wegen Drogenprobleme verlassen musste und kurz danach, am 3. Juli 1969, im eigenen Swimmingpool auf seiner Farm in East Sussex mit 27 Jahren ertrank, was Spekulationen auslöste. Ihm wird ein eigenes Kapitel gewidmet, viele Leser lernen ihn somit erstmals richtig kennen (S.33-50).

Der Gitarrist der Band Mick Taylor verließ die Stones im Dezember 1974. Der vollständige Grund dazu ist weniger bekannt: Natürlich stritt man sich über Tantiemen. Zudem wollte Mick Taylor, der von Mick Jagger verführt wurde, das nicht länger dulden (S. 254). Jetzt mag sich mancher verwundert die Augen reiben: Was ist mit den zahlreichen weiblichen Liebschaften von Mick Jagger, angeblich über viertausend an der Zahl, vom Groupie bis zu Marsha Hunt und Marianne Faithfull? Nach Ansicht der Autorin kein Widerspruch: „Die Weigerung, seine bisexuelle Veranlagung zu akzeptieren, mag ihn getrieben haben, unermüdlich Frauen aufzureißen“ (S.148).

Das Buch ist hochaktuell, der Tod und die Trauerfeier für den langjährigen Schlagzeuger Charlie Watts im letzten Jahr werden darin noch abgehandelt (S.334-336). Die Stones mögen Hitparaden- und Tourenrekorde ein- und aufgestellt haben, auch sie werden einmal der eigenen Vergänglichkeit nicht entkommen. Mick Jagger ist der Gedanke daran mindestens unangenehm: Er gab den Vorschuss für seine Autobiografie wieder zurück (S.318).

Auch die Medien, denen die Journalistin Jones verbunden ist, werden erwähnt und gestreift – britische und amerikanische. Erwähnt wird, dass die Rolling Stones am 1. Januar 1964 die ersten Gäste der neuen BBC-Chartsendung „Top of the Pops“ waren mit dem Titel „I Wanna Be Your Man“. Auch, dass sie am 25. Oktober 1964 und am 2.Mai 1965 in der „Ed Sullivan-Show“ im US-Fernsehen (CBS) auftraten. Nach dem ersten Mal bekamen sie eigentlich Hausverbot vom Moderator…

Am 24. August 2021 starb Charlie Watts im Alter von 80 Jahren. Am darauffolgenden Vormittag war die Autorin eine gefragte Interviewpartnerin in mehreren Radiointerviews, darunter auf BBC Radio 5 Live, BBC Scotland und in der Sendung von Robert Elms auf BBC Radio London (S.63).

Und es wird ein Bezug zu Radio Luxembourg hergestellt, indem die Eindrücke des „208“- Moderators David „Kid“ Jensen von der Rolling-Stones-Tour in den USA im Jahr 1972 geschildert werden. Damals waren die Stones musikalisch auf dem Zenit: „Kann sein, dass ich der Erste war, der sie im Radio als ,die größte Rock´n´ Roll-Band der Welt´ angesagt hat.“, meint Jensen (S.258).

buchtipp 60 Jahre The Rolling StonesInsgesamt ein sehr empfehlenswertes Buch einer Insiderin über d i e Rock´n´ Roll-Band, The Rolling Stones! (Bezahlter Link)

Bibliografie:
Lesley-Ann Jones, The Stone Age, 60 Jahre The Rolling Stones, 1.Auflage 2022, 464 S. mit 16-seitigem Farbbildteil, Gebunden, Piper Verlag, München 2022. ISBN: 978-3-492-07148-2. Preis: 28,00 EUR (D), 28,80 EUR (A) und 36,90 (CHF).

Das Buch kann u.a. hier online bestellt werden. (Bezahlter Link)