Immer mehr Haushalte verfügen über ein DAB+ Gerät. Auch die IP-Radionutzung steigt kontinuierlich an. Mehr als 60% nutzen Radio auch auf digitalen Wegen
Seit der Einführung des DAB Nachfolgestandards im Jahr 2011 ist er zur Tradition geworden: der Digitalradiotag anlässlich der IFA in Berlin. Weniger aus Tradition, sondern der Corona-Pandemie geschuldet, fand dieser wie auch bereits im letzten Jahr ausschließlich online statt. Mit Spannung wurden die neuesten Zahlen zur Digitalradio Nutzung erwartet, die das Forschungsinstitut KANTAR vorstellte.
Demnach wird DAB+ immer beliebter. Wenn auch das exponentielle Wachstum ausbleibt, so verfügen laut der Studie „Digitalisierungsbericht Audio 2021“ aktuell 27% (Vorjahr 24,3%) der Haushalte in Deutschland, also mehr als jeder vierte, über mindestens ein DAB+ Empfangsgerät. Zum Vergleich: Der noch immer dominante Verbreitungsweg UKW hat eine Durchdringung von 88,9%, aber mit sinkender Tendenz. IP-Geräte kommen auf 16,8%. DAB+ Spitzenreiter innerhalb der Bundesländer sind Bayern mit einer Haushaltsausstattung von 34,8%, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 34% und Sachsen mit 30,2%. Auffällig dabei: Je mehr Programmangebot, desto höher offenbar die Nachfrage. Eine Ausnahme bildet das Bundesland Berlin, welches lediglich eine Quote von 20,3% vorweisen kann.
Auch zur Nutzung der Wege wurde Zahlen präsentiert: 48,9% der befragten Personen nutzt Webradio. Ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 9%. Bei DAB+ ist die Entwicklung dynamischer mit einer Quote zwar von lediglich 30,4%, bei einem gleichzeitig dynamischen Wachstum gegenüber dem Vorjahr von 20%. UKW geht zurück auf 90,5%. Bei der meistgenutzten Empfangsart geben nur noch 57,9% UKW an, 16,6% Webradio und 12,5% DAB+. Jeweils 1% nutzen Kabel und Satellit am häufigsten.
Während ARD und Deutschlandradio ihre Strategie für das digitale Radio bestätigt sehen, betonen Privatradios trotz der positiven Entwicklung bei DAB+ die Bedeutung von UKW als Erlösquelle, die wichtige digitale Innovationsfelder wie Webradio, Digitalradio und Audio-on-Demand-Angebote finanziere. Die UKW-Verbreitung sei der Garant für die bestehende Vielfalt von Radio und Audio in Deutschland und dürfe nicht angetastet werden. Der Vorsitzende des Fachbereichs Radio und Audiodienste des VAUNET und Geschäftsführer der Radio/Tele FFH Marco Maier kritisiert, dass es für das private Radio immer noch kein Fördermodell für seinen Digitalumstieg gebe, während die ARD-Sender bis 2025 einen hohen dreistelligen Millionen-Eurobetrag für ihren Umstieg auf DAB+ erhalten: „Diese einseitige Finanzierung der ARD-Angebote verschärft die Schieflage zwischen den öffentlich-rechtlichen und privaten Radioangeboten nachhaltig weiter und muss endlich austariert werden“, so Maier.
Neben der höheren Programmvielfalt bei DAB+ gegenüber UKW stellten am gestrigen Montag der Bayerische Rundfunk und die bayerische Landeszentrale für neue Medien in einer „green Radio Studie“ den Umweltaspekt der Empfangswege in den Vordergrund. In der Studie heißt es: Bei DAB+ ist der Energieverbrauch bei der Ausstrahlung eines einzelnen Programms deutlich geringer als bei UKW. Der Bayerische Rundfunk würde bei einer ausschließlichen Ausstrahlung seiner Programme über DAB+ rund 75 Prozent pro Programm an Energie einsparen, Antenne Bayern sogar rund 85 Prozent für ihr Programm. Andere Anbieter in Deutschland kommen auf ein ähnliches Einsparpotenzial.
Der Privatradioverband VAUNET kritisierte die Studie und verwies auf die vor allem für Privatsender wirtschaftliche Notwendigkeit der UKW-Technik: „Aktuell bleibt leider kein Argument unbemüht, um die UKW-Übertragung in Frage zu stellen. Eine Studie zum Energieverbrauch kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch gar keine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse sein. Sie ist daher für die aktuelle Diskussion kein zielführender Beitrag. Nach wie vor sind entscheidende Fragen von Sendegebieten, Regionalisierungen und Frequenzen einer flächendeckenden DAB+ Übertragung offen, die je nach Ergebnis den Energieverbrauch der künftigen terrestrischen Verbreitung maßgeblich beeinflussen werden. Klar ist heute schon, dass bei noch 122 Millionen UKW-Geräten der anfallende Elektroschrott bei einem harten Technologiewechsel ein gewichtiger Punkt einer Nachhaltigkeitsbetrachtung sein würde. UKW ist nicht der Verbrennungsmotor der Radiobranche – Umweltschutz gegen Medien- und Meinungsvielfalt auf diesem Niveau auszuspielen, ist fadenscheinig. Die UKW-Verbreitung darf so lange nicht angetastet werden, wie sie die wirtschaftliche Grundlage für die Privatradios ist.“, so Marco Maier weiter.
Quellen: Digitalisierungbericht Audio 2021, Pressemitteilungen von VAUNET, BLM, BR