„Radio und der Unterschied zwischen Laschet und Wuppertal!“

WMP Vikor Worms bigEcht jetzt?

Der Wahlkampf ist in seinen letzten Zügen. Ich meine auch den um den deutschen Bundestag. Aber im Radiogeschäft hat er ebenfalls gerade begonnen. Die MA startet und private wie öffentlich-rechtliche Programme werben um die Gunst der Hörerinnen und Hörer. Gern genommen wird dabei die Auseinandersetzung mit der Konkurrenz und viele Anbieter beschäftigen sich mehr oder weniger originell damit, einige machen sich dann auch gern lustig über diesen Wettbewerb.

Als die privaten Anbieter in den 80ern und 90ern auftauchten, gerieten die etablierten Programme in ungeordnete Panik und versuchten die neuen Anbieter zu diskreditieren und machten ihre Späße über die „Kleinen“. Im Norden war dies der NDR, der nicht wußte, wie er auf die Konkurrenz von R.SH oder später Radio Hamburg reagieren sollte.

Im Süden habe ich diesen Spaß von Anfang an miterleben dürfen. Ich erinnere mich an den Start von Antenne Bayern gegen die Übermacht von Bayern 3. Wer im Freistaat was auf sich hielt, hörte Gottschalk und Jauch und den über Jahrzehnte unumstrittenen öffentlich-rechtlichen Marktführer. Wir steckten damals eine Menge Geld in Werbung, um gegen die etablierte Konkurrenz irgendwie sichtbar werden zu können. Unsere Kampagne war nicht besonders originell aber das musste sie auch nicht sein, waren da doch die Kollegen von Bayern 1 und Bayern 3. Sie machten sich sogar witzig über uns lustig – so sprach Thomas Gottschalk in seinen Sendungen regelmässig von „Am Pennen Bayern“.

Wir überlegten, wie wir darauf antworten sollen und Gott sei Dank kam ein amerikanischer Marketing-Experte, John Perikhal, um die Ecke und ermahnte uns, bloß nichts dagegen zu tun. Zitat: „Das ist besser als jede Werbekampagne für die ihr viel Geld ausgeben müsst. Die Kollegen am Rundfunkplatz machen Euch bekannt und ihre Hörer neugierig auf Euer Programm!“ Er empfahl mir damals einen Vortrag von George Lakoff und Elisabeth Wehling. Heute gibt es ihn in Buchform: „Auf leisen Sohlen ins Gehirn“ (Bezahlter Link).

Zitat von Perikhal: Die nennen Euch und genau das, macht Euch bekannt, macht die Radiohörer in Bayern neugierig auf die neue Konkurrenz!“ Und genau so war es. Ich traf damals viele Menschen, die sagten: „Wir wollten einfach nur erfahren: „Was ist dieses Antenne Bayern von denen Gottschalk immer spricht?“ Unser Consultant damals: „Hey, die erzählen jeden Tag, das es euch gibt! Ist doch prima! Die Angst von Bayern 3 macht Euch interessant“.

Ich muss an diese Expertise gerade immer wieder denken, wenn ich Armin Laschet höre. Jeder Wahlkampfauftritt dreht sich um Baerbock und Scholz und in Folge schmiert der „fröhliche Nordrhein-Westfale“ mehr und mehr ab. Elisabeth Wehling sprich von „Framing“. Framing heisst: Du setzt Sachverhalte und Situationen in einen Bedeutungsrahmen und der steuert das Verhalten von Menschen. Laschet bringt seine Zuhörer dazu, sich mit den Grünen oder der SPD auseinanderzusetzen, gibt ihnen Bedeutung anstatt  eigene Thesen und Ziele zu propagieren.

Was hat das mit uns zu tun?

Immer wieder höre ich in diesen nervösen Zeiten im Radio, dass Programme die Konkurrenz imitieren, Moderatoren machen sich über den Wettbewerb lustig oder noch schlimmer, sie kopieren 1:1.

Ich rate all meinen Partnern, dies auf jeden Fall zu lassen. Macht nicht den Laschet! Geht Euren Weg und sagt Euren Hörern, warum sie Euch hören sollen und liefert Gründe! Die könnt Ihr dann rauf und runter promoten. Tut dies mit einer selbstbewußten und positiven Weltsicht! Warum Gewinnspiele, wenn man Hörern mit frechen, witzigen oder gemeinnützigen Aktionen Gutes tun kann. Beispiel: Ganz Deutschland sprach im Umfeld der Flutkatastrophe über Radio Wuppertal – frisch mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet.

Laura Mertens und Jens Voss von Radio Wuppertal (Bild: ©Deutscher Radiopreis/Morris Mac Matzen)
Laura Mertens und Jens Voss von Radio Wuppertal (Bild: ©Deutscher Radiopreis/Morris Mac Matzen)

Während der WDR den Schlaf der Gerechten schlief, sendeten die Kollegen durch und waren ihren Hörern eine echte Hilfe. Sie erkannten die Bedeutung dieses Ereignisses und gaben ihm einen Rahmen. Niemand hat hinterher gefragt, ob dies jetzt journalistisch auf höchstem Niveau war aber ganz Deutschland sprach über diese publizistische Leistung – zu Recht! 

In diesem Zusammenhang, Respekt vor der Hörfunkdirektorin des WDR, Valerie Weber, die vergangene Woche der kleinen / großen Konkurrenz diesen Preis persönlich überreichte und die würdigte, die ihrem Haus in der Hochwasser-Nacht das Fell über die Ohren zog.

Valerie Weber würdigt die Leistungen von Radio Wuppertal (Bild: Deutscher Radiopreis-Livestream)
Valerie Weber würdigt die Leistungen von Radio Wuppertal (Bild: Deutscher Radiopreis-Livestream)

Noch einmal Elisabeth Wehling: Merkels „Wir schaffen das!“ war ihr größter Fehler in fast 16 Jahren Amtszeit. „Das Wort „Schaffen“ vermittelt Mühsal, Zweifel, Erschwernis und erzeugt Angst. Wehling: „Sie hätte sagen sollen „Wir wollen das!“. Wir wollen Flüchtlingen in der Not helfen!“. Dieser Satz spiegelt den eigenen Willen und motiviert den Zuhörer. Die Aktion von Radio Leverkusen hat genauso eben dieses „Wollen und Schaffen“ vermittelt.

Ich möchte allen Radiomachern nur empfehlen und tue es unermüdlich:

  1. Macht Euer Ding!
  2. Es gibt keine Konkurrenz in Eurer Außendarstellung.
  3. Ihr müßt es wollen!

Oder John Perikhal: „Every day, they need a reason to listen“.


Über den Autor

Viktor Worms (Bild: WMP)
Viktor Worms (Bild: WMP)

Viktor Worms moderierte die ZDF Hitparade, war Programmdirektor bei ANTENNE BAYERN und ZDF-Unterhaltungschef. Er war in den vergangenen Jahren als Strategie- und Moderationscoach u.a. tätig für REGIOCAST, ZDF und das Bayerische Fernsehen, DRadio Wissen, bigFM, ROCK ANTENNE sowie die ARD.ZDF Medienakademie. Er ist seit 2015 Jurymitglied des Deutschen Radiopreises. Neben seiner Tätigkeit als TV Producer ist er Vorstand der Hugo-Tempelman-Stiftung sowie Beirat der Tabaluga Kinderstiftung.