Steigende Infektionszahlen und kältere Temperaturen: Viele Patientinnen und Patienten müssen aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie oft vor den Arztpraxen warten, da die Wartezimmer zur Einhaltung der Hygienevorschriften nicht voll besetzt werden können.
Stefan Spieren, Hausarzt und Lehrbeauftragter der Universität Witten/Herdecke, erleichtert mit dem „Radio Wartezimmer“ den Praxisalltag für sein Team sowie für seine Patientinnen und Patienten.
Vor dem Arzttermin draußen in der Kälte warten und das im schlimmsten Fall bei schlechtem Wetter und langen Warteschlangen – während der Corona-Pandemie ist dies in vielen Praxen zur Normalität geworden. Für Stefan Spieren musste eine Lösung her, um seine Mitarbeitenden und seine Patientinnen und Patienten nicht noch mehr zu belasten.
Im Praxisalltag von Stefan Spieren werden Patientinnen und Patienten nun über eine Radiofrequenz anonym aufgerufen während sie zum Beispiel bequem im Auto warten können. Ein befreundeter Medizintechniker des Hausarztes half ihm bei der Installation des eigenen Minisenders: Dafür wird ein kleiner FM-Transmitter benötigt, der z.B. auch für die Übertragung eines Audiosignals vom Handy zum Autoradio verwendet wird. Anschließend wird dieser mit einem Mischpult und der Telefonanlage gekoppelt, schon ist der eigene „Radiosender“ einsatzbereit. Auf der Frequenz der Arztpraxis Spieren läuft eine Standardansage, welche die Termine der Patienten und Patientinnen aufruft, genannt wird die Uhrzeit, selbstverständlich nicht der Name.
Die Bedienung ist geregelt wie beim Autokino. UKW ist besonders auch bei den älteren Menschen bekannt, was einen zusätzlichen Pluspunkt darstellt. Ein weiterer Vorteil: Die reduzierten Kontakte zum Praxispersonal. Das Ganze birgt einen Kostenaufwand von ca. 50 Euro und ist demnach sicher auch für andere Praxen interessant.
„Der Sender reicht nur wenige Meter weit, das sollte bei der Anschaffung bedacht werden. Die Idee ist also gut geeignet für Ärztinnen und Ärzte im ländlichen Bereich, oder für diejenigen, die Parkplätze direkt vor der Praxis haben“, merkt Spieren an. Als Alternative gäbe es das Patienten-Rufsystem, welches vielen aus Restaurants bekannt ist. Dieses System hat jedoch den Nachteil, dass der Patient oder die Patientin vorher das Praxispersonal kontaktieren, den Summer abholen und danach wieder zurückbringen muss. Hinzu kommt das Desinfizieren des Kontaktgeräts.
„Es gäbe natürlich noch die Möglichkeit, die Patienten anzurufen oder per SMS zu kontaktieren, jedoch belaste ich auch dadurch das Praxispersonal mit Mehrarbeit. Die eigene Frequenz ist für uns deshalb die optimale Lösung. Zusätzlich haben die Patienten aber natürlich auch die Möglichkeit sich online ins Wartezimmer zu setzen“. Digitale Tools kommen in der Praxis bereits seit Jahren zum Einsatz und schaffen Freiraum für Patientengespräche.
Ergänzung vom 14.12.2020
Es handelt sich bei Radio Wartezimmer nicht um einen „UKW-Minisender“, der mit 50 Nanowatt nur wenige Meter weit reicht, sondern um „UKW-Grundstücksfunk„, der eine Einzelzuteilung bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) erforderlich macht. Die Kosten betragen einmalig 450 Euro, die Sendeleistung ist in der Regel auf 50 mW beschränkt. Die BNetzA holt das Einverständnis der Landesmedienanstalt ein. Bei einem Einrichtungsrundfunk ist die Einzelzuteilung der BNetzA und medienrechtliche Zulassung der Landesmedienanstalt mit vorgelagerter Bedarfsanmeldung erforderlich. Die Sendeleistung nicht höher, als zur Versorgung der „Einrichtung“ erforderlich. Das kann bei Einbeziehung von Außenstandorten auch schon mal ein ganzes Stadtgebiet sein, je nach dem, wie großzügig die jeweilige Landesmedienanstalt das sieht.