Neues ORF-Gesetz: „Schock für österreichische Privatsender“

ORF-AllgemeinHeute wurde in Österreich das neue ORF-Gesetz  beschlossen. Darauf gab es heftige Reaktionen von Seiten der Kritiker und viele Rechtfertigungen aus der Politik. RADIOSZENE hat sie hier zusammengetragen.

VÖP: Regelungen über regionale ORF-Werbung sind eine Bankrotterklärung der österreichischen Medienpolitik

In der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde ein ORF-Gesetz beschlossen, das vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) aufs Schärfste kritisiert wird. Einerseits lässt die Politik dem ORF damit mehr Gebührenmittel aus dem Staatshaushalt zukommen. Andererseits wurden die Werbemöglichkeiten des ORF dramatisch ausgeweitet: Regionale TV-Werbung, die dem ORF bisher aus Gründen des Wettbewerbsschutzes verboten war, wurde zugelassen. Dadurch wurde dem ORF Zugang zu einem Werbemarkt gewährt, der bisher regionalen Medien vorenthalten war. Die Einführung von regionaler Werbung für den ORF entspricht einer signifikanten Ausweitung der täglichen Werbezeit. Zudem soll der ORF im Bereich von Product Placement oder etwa bei Sportübertragungen mehr Werbung zeigen dürfen.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass der ORF, der schon bisher über mehr als drei Mal so viel Mittel wie alle privaten Rundfunksender zusammen verfügte, in Zukunft auf noch mehr Gelder zurückgreifen kann: Zum einen bei den leistungsunabhängigen und krisenresistenten Gebührenmitteln, zum anderen auch bei den Werbegeldern, die die einzige Finanzierungsquelle für Privatsender sind. Dieses Gesetz führt somit zu einer noch stärkeren Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der österreichischen Privatsender, die vom VÖP scharf kritisiert wird. Eine genaue wettbewerbs- und beihilfenrechtliche Prüfung, die ggf. zu einer erneuten Beschwerde bei der Europäischen Kommission führen wird, ist bereits eingeleitet.

Völlig unverständlich ist für den VÖP zudem die gesetzliche Regelung, wonach ein Kunde, der im regionalen ORF-TV wirbt, in gleichem Ausmaß bei anderen, „zu Rundfunk komplementären Medienunternehmen“ werben muss. Durch diese klar verfassungswidrige Formulierung werden Privatsender explizit ausgeschlossen und andere Medien, insbesondere Printmedien, klar gesetzlich bevorzugt.

Kritik übt der VÖP außerdem am Gesetzwerdungsprozess: Vor sechs Monaten wurde ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, und buchstäblich in letzter Minute wurde dieser um einen derart wesentlichen Punkt mit extrem negativen Auswirkungen auf den gesamten Rundfunkmarkt ergänzt. Dies bestätigt, dass das Begutachtungsverfahren nicht mehr als ein Feigenblatt war.

„Die Privatsender sind zur Stunde fassungslos ob dieser medienpolitischen Katastrophe“, kommentiert Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP). „Wir können nicht verstehen, warum die Medienpolitik unsere Warnungen schlicht ignoriert. Doch damit nicht genug: In den letzten 10 Tagen haben 15.000 Menschen unsere Petition ‚NEIN zu mehr Werbung im ORF! NEIN zum ORF-Gesetz!’ unterzeichnet, 16.000 Menschen haben uns via Facebook unterstützt. Diese Menschen müssen – ebenso wie wir – zur Kenntnis nehmen, dass die Politik unabhängig davon ihre eigenen Ziele verfolgt.

Zum Verband Österreichischer Privatsender (VÖP):

Der VÖP repräsentiert mittlerweile alle wesentlichen, am österreichischen Markt tätigen privaten Rundfunkunternehmen und zählt insgesamt 42 Mitglieder (Privat-TV Sender, Privatradiosender oder Vermarkter von Privatsendern). Der Verband vertritt die fachlichen Interessen seiner Mitglieder und unterstützt diese durch individuelle Beratung und Information. Der VÖP versteht sich außerdem als Partner der Politik und der Regulierungsbehörde KommAustria bzw. RTR-GmbH. Primäres Ziel des VÖP ist der Ausbau des dualen Rundfunksystems in Österreich und die Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen. Weitere Informationen zum VÖP finden sich unter www.voep.at!

ORF-Redakteursrat: Das neue ORF-Gesetz ist eine Bankrotterklärung der Medienpolitik

Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – sogar verfassungsrechtlich bedenklich

Das neue ORF-Gesetz ist eine Bankrotterklärung sogenannter Medienpolitik, eine Verhöhnung des Publikums und der in Medien Arbeitenden. Da wurden eineinhalb Jahre lang von Kanzler, Vizekanzler, Staatssekretär, Landeshauptleuten, Klubobmännern, usw große Änderungen angekündigt, gab es sowohl in einer Parlamentsenquete als auch in teilweise sehr detaillierten und fundierten Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren (etwa von ÖGB und AK) etliche wesentliche Vorschläge, und jetzt kommen gesetzliche Regelungen, die teilweise sogar noch schlechter sind, als die bestehenden.

Dass die Verwirklichung einer Grundvoraussetzung eines wirklich unabhängigen ORF, eine völlig neue Konstruktion der ORF-Gremien, wie sie von den ORF-Journalisten, dem Rechnungshof, in der Parlamentsenquete, usw immer wieder gefordert wurde, am Unwillen von Politikern, die den ORF offenbar als ihr Eigentum betrachten, scheitern würde, war bald offenkundig. Dass aber selbst mit dem ORF-G 01 vorgenommene ökonomische Schwächungen des ORF nicht nur nicht zurückgenommen, sondern auch noch verstärkt werden, hätten selbst Skeptiker kaum erwartet. U. a. die – auch verfassungsrechtlich bedenkliche – Koppelung der teilweisen, befristeten Gebührenbefreiungsrefundierung an eine weitere „strukturelle Reduktion der Personalkosten“ und eine „Reduktion der Pro-Kopf-Kosten“ kann nur zu einer weiteren Vernichtung von (Qualitäts-)Arbeitsplätzen führen. Mit unvermeidlichen Konsequenzen für den Umfang und die Qualität der ORF-Berichterstattung, dem Kerngeschäft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Sogar noch zusätzliche Verschlechterungen statt Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage sind die Amputationen des ORF-online-Angebots, die weder mit dem umfassenden – auch gesetzlichen – Informationsauftrag des ORF, noch mit journalistischer Professionalität und schon gar nicht mit zeitgemäßem Medienverständnis vereinbar sind. Dass „Berichterstattung nicht vertiefend“ sein darf, ganze wesentliche Angebote, wie die besonders auch junge User erreichende Futurezone, überhaupt nicht mehr sein dürfen oder die Berichterstattung auf den ORF-Landesstudio-Seiten auf „8o Tagesmeldungen pro Bundesland pro Kalenderwoche“ beschränkt wird, kann nur völliger medialer Ahnungslosigkeit oder Zerstörungswillen gegenüber öffentlich-rechtlichem Rundfunk entspringen. Dass man sich so etwas beim VÖZ wünschte ist noch irgendwie verständlich, dass diese Wünsche allerdings von einem Verhandler der ORF-Geschäftsführung und in der Folge von Medienpolitikern willfährig erfüllt werden, hätte man ursprünglich wohl selbst beim VÖZ kaum für möglich gehalten.

So wie etliche Punkte des ORF-G 01 bis heute nicht ausjudiziert sind, wird auch das neue Gesetz mit seinen zahlreichen Unklarheiten eine Fülle von Beschwerden nach sich ziehen. Nun allerdings nicht vorwiegend Werbebestimmungen, sondern untaugliche Regelungen von Online-Inhalten – also journalistische Arbeit – betreffend. Und es wird auch zu prüfen sein, ob massive Eingriffe in journalistische Grundrechte verfassungsrechtlich haltbar sind.

Kopf (ÖVP): ORF-Gesetz schafft faire Wettbewerbsbedingungen für alle

Der ORF ist zweifellos DAS Leitmedium in Österreich. Mit dem heute zum Beschluss stehenden Gesetz mussten wir die nicht einfache Aufgabe bewerkstelligen, diesem Leitmedium für die nächsten Jahre eine gute Zukunft sicherzustellen, gleichzeitig den Anspruch erfüllen, die Medienvielfalt in Österreich zu sichern, und Fairness zwischen den Marktteilnehmern ermöglichen – also sowohl für den öffentlich rechtlichen Rundfunk als auch für private Rundfunkanstalten und Printmedien. Das ist uns mit diesem Gesetz gut gelungen, dankte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf heute, Donnerstag, im Plenum des Nationalrates allen, die am Zustandekommen dieses Gesetzes beteiligt waren und ihre Bereitschaft zu Kompromissen gezeigt haben.

Der ORF habe als einziger Anbieter das Privileg, Gebühren einheben zu dürfen. „Das erlegt dem ORF aber auch Verpflichtungen auf, was Inhalte und Werbebeschränkungen betrifft“, fuhr Kopf fort und zeigte sich in diesem Zusammenhang überzeugt, dass es „richtig aber zu spät war, die österreichischen Medienmarkt im Sinne von mehr Wettbewerb und Vielfalt für Private zu öffnen.“

„Dieses Gesetz ist nicht nur ein ORF-Gesetz, sondern ein Mediengesetz, von dem alle tangiert sind, weil es faire Wettbewerbsbedingungen für alle schafft. Es ist uns gelungen, bei den Beschränkungen für die ORF-Werbung ein Maß zu finden, das für das Unternehmen eine erträgliche, machbare Aufgabe darstellt“, ist Kopf überzeugt. So seien die Auflagen für die Inhalte eine Herausforderung, „die wir als Politiker wollen: die besondere Konzentration auf ein unverwechselbares, heimisches Programm bei Information und Unterhaltung.“

Der ORF erhalte nun 160 Millionen Euro aus Steuergeldern – aufgeteilt auf vier Jahre. „Das ist keine Selbstverständlichkeit“, so Kopf. Aber der ORF sei aus seiner Monopolstellung heraus mit Kostenstrukturen gekommen, die so nicht weiterzuführen sind. Die 160 Millionen Euro seien somit eine Art Überbrückungsgeld, das dem ORF helfen soll, die notwendig gewordenen Umstrukturierungen auch finanzieren zu können. „Nach vier Jahren ist dieser Geldfluss zu Ende. Dann muss die Unternehmensführung das Unternehmen so fit gemacht haben, dass es auch ohne staatliche Zuschüsse wirtschaftlich lebensfähig ist.“

Mitgegeben werde diesem Projekt eine strenge Kontrolle, „die im Sinne eines sorgsamen Umganges mit Steuergeld zwingend notwendig ist“, betonte der ÖVP-Klubobmann. „Eine weisungsfreie, unabhängige Medienbehörde muss über den öffentlichen Auftrag und über die sorgsame Verwendung der Steuergelder wachen.“

Das ORF-Angebot sei im Online-Bereich hervorragend. „Es ist aber keine Selbstverständlichkeit, dass ein öffentlich rechtliches Unternehmen sich so stark abseits der Programmbegleitung bewegen darf. Daher sind – europarechtlich vorgegebene – Programmeinschränkungen zu akzeptieren. Es ist privaten Anbietern gegenüber nur fair, dass der ORF nur programmbegleitende Inhalte online stellen und nicht beliebig alles darf, was Private dürfen. Diese Balance ist nötig.“

Schließlich bekannte sich Kopf zur Existenz und Funktion und damit zur Finanzierung der neun Landesstudios. „Für die Werbemöglichkeiten haben wir eine faire Lösung gefunden.“ Auch die Aufstockung der Filmförderung und die erhöhte Förderung für private Rundfunkveranstalter hob Kopf als Beitrag für die Filmwirtschaft und für die Dualität der Medienlandschaft positiv hervor.

„Dieses Gesetz ist ein guter Beitrag für eine gesicherte Zukunft des ORF. Und es ist für den ORF gleichermaßen Chance und Herausforderung. Geschätzte Damen und Herren im ORF: Sehen Sie die Chance und nehmen Sie die Herausforderung an, damit der ORF eine gute Zukunft hat“, schloss Kopf.

Fuhrmann (ÖVP) zum ORF-Gesetz: Programm als Kernkompetenz

Es braucht Investitionen ins Programm, in eine gute Ausbildung junger Mitarbeiter und den Ausbau der Kundenzufriedenheit

„Obwohl der ORF derzeit aus dem Titel der Rundfunkgebühren rund 530 Millionen Euro sicher erhält und auch großzügig bemessene Werbebestimmungen genießt – was in einigen anderen europäischen Ländern nicht so ist -, befindet sich das Unternehmen wirtschaftlich in höchst unsicheren Gewässern,“ stellte Abg. Mag. Silvia Fuhrmann in der heutigen Nationalratsdebatte zum ORF-Gesetz fest.

„Die öffentlich-rechtliche Programmleistung wurde immer mehr ausgedünnt und klassisch öffentlich-rechtliche Angebote wurden zunehmend zu Gunsten US-amerikanischer Kaufware zurückgenommen. Kurzum: der ORF braucht einen Neustart. Restrukturierungsmaßnahmen sind notwendig und Einsparungen bei über Jahrzehnten gewachsenen Kostenblöcken sind unumgänglich“, so die ÖVP-Kultursprecherin.

Die ÖVP bekenne sich zu diesem Neustart, wenngleich Fuhrmann keine unmittelbare Verbindung zwischen den gewährten Bundesmitteln von 160 Millionen und der Erfüllung klassisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben sehen möchte. Denn in einer Kulturnation Österreich würden das Rundfunksymphonie Orchester, das Film-Fernsehabkommen und die Förderung der österreichischen Musikwirtschaft zu dem im Gesetz verankerten Programmauftrag gehören.

„Ich finde es daher von Seiten des ORF außerordentlich unanständig, ja sogar frivol, dass diese Leistungen in Frage gestellt wurden, um an zusätzliche Geldmittel zu gelangen. Man kann nicht Kernkompetenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewissermaßen beim Sommerschlussverkauf verschleudern. Der richtige Weg heißt: das öffentlich-rechtliche Angebot ausbauen und den Empfehlungen des ORF-Stiftungsrats folgen – also Investition ins Programm, in die Ausbildung junger Mitarbeiter und den Ausbau der Kundenzufriedenheit“, forderte Fuhrmann in der heutigen Debatte.

Gerade die Kundenzufriedenheit, also die Akzeptanz der Gebührenzahler, würde den Bestand des ORF sichern. Sei diese Akzeptanz einmal nicht mehr gegeben – die jüngsten Quoten von rund 34 Prozent im KaSat-Anteil sollten, laut Fuhrmann, der ORF-Geschäftsführung eher zu denken geben und nicht Bonuszahlungen auslösen – stelle sich unweigerlich die Frage nach der Gebührenlegitimation. Dies würde die ÖVP-Kultursprecherin bedauern, da sie der Überzeugung ist, dass Österreich als kleines Land in der EU mit einem großen gleichsprachigen Nachbarn ein starkes, unverwechselbares, österreichisches Angebot im Rundfunk benötigen würde. Mithilfe des Gesetzesbeschlusses heute würde die von der Europäischen Kommission kritisierte Verzerrung des Wettbewerbs zwischen privaten Medien und dem ORF beseitigt werden.

„Die in Aussicht genommene Erhöhung des Produktionsvolumens für den österreichischen Film, die Umwandlung von TW1 zu einem Kulturspartenkanal und die Erhöhung der österreichischen Musikquote sind erste wichtige Schritte in die richtige Richtung. Ich kann die Verantwortungsträger im ORF nur ermutigen: Gehen Sie diesen Weg weiter. Ich bin sicher, dies stärkt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am meisten“, so Fuhrmann abschließend.

Cap (SPÖ): ORF ist ein Stück Österreich

ORF-Gesetz sichert Basis für einen objektiven, unabhängigen Rundfunk

„Mit dem heutigen Beschluss findet ein langer Weg ein gutes Ende“, stellte am Donnerstag SPÖ-Klubobmann Josef Cap im Nationalrat anlässlich der Beschlussfassung des neuen ORF-Gesetzes fest. „Der ORF ist ein Stück Österreich, um das es sich zu kämpfen lohnt. Der ORF muss seine Aufgabe als österreichisches Leitmedium erfüllen, zukunftsfähig und handlungsfähig bleiben“, betonte der SPÖ-Klubobmann, der auch den Mitarbeitern des ORF, die schmerzhafte Einsparungen in den letzten Jahren mitgetragen haben, dankte. „Die Gespräche der Parlamentsparteien waren sehr konstruktiv, im Verfassungsausschuss gab es auch einen gemeinsamen Abänderungsantrag, ich danke allen Verhandlern“, so Cap, der, obwohl sich ein Beschluss mit den Stimmen von drei Parlamentsparteien abzeichnete, nochmals für eine breite Mehrheit bei der Beschlussfassung warb.

Die Situation des ORF heute sei anders als noch zur Zeit als es noch Generalintendanten gab, bekräftigte Cap. „Damals hatte der ORF ein Empfangs- und Sendemonopol, auch die Produktionsbedingungen waren andere.“ Heute stehe der ORF durch Kabel- und Satellitenanschlüsse in direkter Konkurrenz zu deutschen Medienunternehmen, die mit eigenen Werbefenstern in Österreich auch den Werbemarkt maßgeblich verändert hätten. „Auch die Konsumenten haben heute viel größere Wahlmöglichkeiten“, so Cap.

Politik kommt ordnungspolitischer Aufgabe im Medienbereich nach – Zuseher sind Gewinner der Reform

„Wir beschließen heute nicht nur ein Gesetz für den ORF, sondern eines für den österreichischen Medienstandort. Mit der Novelle nimmt die Politik ihre ordnungspolitischen Aufgaben wahr“, führte Cap weiter aus. Daher hätte auch ein Dialog mit dem Verband Österreichischer Zeitungen stattgefunden. „Wir stehen zum dualen Rundfunksystem und haben auch die private Medienförderung erhöht.“

Seit 1999 würden dem ORF Mittel durch Gebührenbefreiungen entgehen. Der Gesetzgeber habe nun beschlossen dem ORF für vier Jahre Gebühren zu refundieren, um ihm die Fortsetzung seines Weges als erfolgreiches Leitmedium zu ermöglichen, erläuterte der SPÖ-Klubobmann. „Damit kann der ORF seine Strukturreformen und Sparanstrengungen fortsetzen.“ Der verantwortungsvolle und effiziente Einsatz der Mittel werde von einer unabhängigen Medienbehörde kontrolliert und bewertet. „Die Gewinnerinnen und Gewinner der Reform sind die Zuseherinnen und Zuseher und die Zuhörerinnen und Zuhörer. Der ORF ist ein Stück Österreich und transportiert österreichische Kulturidentität. Durch die föderale Struktur des ORF und seine neun Landesstudios werden auch regionale Identitäten abgebildet“, so Cap abschließend.

Prähauser (SPÖ): 160 Millionen für ORF bieten die Möglichkeit, Umstrukturierungen zu finanzieren

Medienvielfalt gehört unterstützt

„Ich bekenne mich zu den 160 Millionen Euro“, sagte SPÖ-Nationalratsabgeordneter Stefan Prähauser am Donnerstag im Nationalrat zu jenem Beitrag, der dem ORF in den kommenden vier Jahren zur Verfügung gestellt wird. Das Geld würden jene bekommen, die es brauchen. Prähauser sagte, dass die Summe dem ORF die Möglichkeit biete, die notwendigen Umstrukturierungen zu finanzieren, damit in Zukunft kein Zuschuss mehr nötig sein werde.

„Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, die Medienvielfalt zu unterstützen“, unterstrich Prähauser. Er schlug daher vor eine Arbeitsgruppe einzurichten, die darüber nachdenken soll, wie den privaten TV-Sendern das Arbeiten nicht erschwert werde. Prähauser wies darauf hin, dass die Bevölkerung mit dem Angebot der privaten Sender zufrieden sei: „Die Leute greifen darauf zurück.“

ORF-Gebühren nicht erhöhen

Prähauser betonte in der Plenarsitzung, dass man nicht daran denken sollte, die Gebühren zu erhöhen oder die Werbezeiten des ORF auszuweiten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk solle durch Beiträge und die privaten Sender sollen durch Werbung finanziert werden.

Ostermayer (SPÖ) zu ORF-Gesetz: Wichtiger Beitrag zu rot-weiß-roter Zukunft des ORF

Gebührenrefundierung an Auflagen geknüpft

„Gerade bei einem demokratiepolitisch so wichtigen Bereich wie den Medien war es mein Ziel, eine möglichst breite Zustimmung und damit ein tragfähiges Ganzes zu erreichen“, so Medienstaatssekretär Josef Ostermayer im Nationalrat zum Beschluss des neuen ORF-Gesetzes. Umfassend geändert werde nicht nur das ORF-Gesetz, sondern ein aus zehn Gesetzesnovellen bestehendes Gesamtpaket, darunter ein Bundesverfassungsgesetz, das erstmals eine verfassungsmäßig unabhängige Medienbehörde ermöglicht. „Das Gesetz ist ein großer Beitrag zu einer rot-weiß-roten Zukunft des ORF und anderer Medienunternehmen“, betonte Ostermayer. Das Novellenpaket sei unter anderem deswegen so umfangreich, weil die EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien damit umgesetzt wird.

Einige Kernpunkte des Gesetzes betreffen besonders die Hörer- und SeherInnen sowie die MitarbeiterInnen des ORF. Diskutiert wurde vor allem die Rückerstattung der ORF-Gebühren. In Zukunft werden dem ORF die Gebühren, die er Hörer- und SeherInnen aus sozialen Gründen erlassen hat, teilweise refundiert. Der ORF muss dafür aber bestimmte Leistungen erbringen. Beispiele dafür: Der ORF ist verpflichtet, einen Informationskanal anzubieten. Der Sportkanal muss aufrechterhalten bleiben und aktuelle Sportberichterstattung anbieten. Es besteht die Verpflichtung, mehr österreichische Produktionen zu senden und die Barrierefreiheit im Programm des ORF auszubauen. Das international anerkannte Radio-Symphonieorchester und „Rat auf Draht“ sind fortzuführen. Auch eine Frauenquote von 45 Prozent ist im neuen Gesetz verankert. Der ORF ist außerdem verpflichtet, sich den technischen Veränderungen und zukünftigen Herausforderungen anzupassen. Neue Angebote werden in Zukunft einem „public value“-Test, der den Mehrwert im Sinne des öffentlich-rechtliches Auftrages prüfen wird, unterzogen. Durchgeführt wird das von der neu geschaffenen, unabhängigen Medienbehörde.

Duale Rundfunklandschaft unterstützen

Im Gesetz wurde fixiert, dass auch private kommerzielle und nicht kommerzielle Anbieter Unterstützung erhalten, in der Höhe von je fünf bzw. einer Million Euro pro Jahr. Bis zum Jahr 2013 wird dieser Betrag verdreifacht, kommerzielle Anbieter werden dann 15 Millionen Euro erhalten. „Das ist ganz wesentlich für die österreichische Medienlandschaft“, betonte Ostermayer die Bedeutung der Medienvielfalt.

„All das würde nicht zustande kommen, all diese Chancen für die Seher, Höher und Leser, die Mitarbeiter der Medienunternehmen, die Filmschaffenden und für die Frauen wären gefährdet, würde dieses Gesetz nicht beschlossen. „Den heute nicht mitstimmenden Fraktionen des BZÖ und insbesondere jener der Grünen ist die Zukunft des österreichischen Films, der Regisseure, der Kameraleute, der Schauspieler und aller Filmschaffenden offensichtlich egal. Sie stellen die Musikerinnen und Musiker des Radio-Symphonie-Orchester in Frage und sprechen sich gegen höhere Barrierefreiheit für seh- und hörbehinderte Menschen im Programm des ORF aus“, so der Medienstaatssekretär.

Ein wichtiges, identitätsstiftendes, österreichisches Unternehmen, das Leitmedium Österreichs, wäre in Gefahr, appellierte der Medienstaatssekretär an die Kritiker. Abschließend bedankte sich Ostermayer bei allen Klubs für ihre konstruktive Zusammenarbeit, die zu einer der umfangreichsten Reformen des Mediengesetzes der letzten Jahre geführt haben. „Mein Dank gilt auch den verantwortlichen Mitarbeitern des ORF, den Vertretern des Zeitungsverbands und allen Verhandlungsführern“, so der Staatssekretär.

FPÖ-Unterreiner: „Bezüglich Kulturauftrag werden wir den ORF an seinen Taten messen.“

Neben dem Erhalt des RSO Wien muss der ORF sich wieder verstärkt der Kunst und Kultur widmen

„In den letzten Jahren ist der im ORF-Gesetz vorgeschriebene Kulturauftrag schmählich vernachlässigt worden. Kultursendungen sind fast verschwunden, oder man hat sie in die späten Nachtstunden verbannt. Übertragungen aus unseren Theatern und Opernhäusern sind kaum wahrnehmbar und der Tiefstand der Kulturlosigkeit war das Ansinnen, das Radio Symphonieorchester aufzulösen. Dieses Vorhaben konnte nach monatelangem Betreiben meinerseits verhindert werden“, so FPÖ-Kultursprecherin NAbg. Heidemarie Unterreiner.

Es sei erfreulich und erfülle sie mit Stolz, dass der Erhalt des Radio Symphonieorchesters nun durch das neue ORF Gesetz gesetzlich verankert sei. Auch ein Schritt in die richtige Richtung sei, dass das Film und Fernsehabkommen, welches für die Österreichische Filmwirtschaft notwendig sei, nun in das neue ORF- Gesetz aufgenommen wurde. Hier gebe es den Plan, Filme, Serien und Dokumentationen, in denen auf die kulturelle Eigenart unseres Landes eingegangen werde verstärkt zu produzieren, so Unterreiner.

„Was die Umsetzung des gesamten Kulturauftrages betrifft und auch meine Forderung an den ORF, heimisches Musikschaffen in Zukunft vermehrt zu fördern, wird die Zukunft weisen – und auch, ob der ORF sich seiner Verantwortung bewusst ist. Der ORF hat die Verpflichtung als öffentlich rechtliches Fernsehen, Kunst und Kultur an alle Österreich zu vermitteln, damit alle Österreicher wissen, was sich in diesem Bereich in Österreich wirklich tut. Außerdem wäre es eine Chance für den ORF, sich von der seichten Programmgestaltung der Privatsender abzuheben und sich ein neues Profil zu geben. Ob und wie der ORF dieser Verantwortung gerecht wird, können wir aber erst in nächster Zeit beurteilen, wobei ich mich als Kultursprecherin der Freiheitlichen dazu verpflichtet fühle, diese Entwicklung mit Argusaugen zu verfolgen“, so Unterreiner abschließend.

„Kleine Zeitung“ Kommentar: „Ein Gruß von Hinsichtl und Rücksichtl“ (Von Frido Hütter)

Dem ORF wurde ein neues Gesetz beschert. Wieder einmal. Diese Novellierungen kommen so regelmäßig wie Dürresommer, Hochwässer und Herbststürme. Alle paar Jahre halt. Aber eben immer wieder.

In der Regel sind sie den Interessen der jeweils Machthabenden angepasst. Weil diese sich demokratiegemäß abwechseln, müssen auch die ORF-Gesetze mit rotieren. An den substanziellen Problemen des Österreichischen Rundfunks ändern sie wenig, sowie auch das neueste.

Es beginnt schon einmal mit einer Schwindelei: Rund 40 zusätzliche Millionen Euro per annum fließen neuerdings in den nächsten vier Jahren dem ORF zu. Bloß: Die flossen auch früher schon als Ersatz für gebührenbefreite Mitbürger. Bis sie die Regierung Schüssel gestrichen hat. Im Zuge eines neuen Gesetzes natürlich.

Dass dieses Geld an Investitionen in die heimische Filmproduktion und den Erhalt des Radio-Symphonieorchesters gebunden ist, darf als Plus gewertet werden. Auch die Erschlankung der ORF-Führungsriege ist gut, sie sollte sich nicht auf der Direktorenebene erschöpfen.

Dass TW1 zum Kultur- und Infokanal verwandelt werden wird, ist zweischneidig. Denn damit können sich ORF 1 und 2 dieser Sparten noch leichter entledigen, da man aber werbebedingt auf Quoten angewiesen ist, werden sich die Empfehlungen, doch TW1 zu konsumieren eher in Grenzen halten.

Dass eine weisungsunabhängige Medienbehörde den ORF sehr streng an die kurze Leine nehmen kann, klingt besser als es ist. Bekanntlich ist der ORF-Stiftungsrat auch unabhängig und agiert dennoch parteifromm, wenn es mal sein muss. Und dass die Behörde nur aus Juristen besteht, ist ebenfalls ein Unfug, zumal ihre Entscheidungen sehr direkte Auswirkungen auf Programmvorhaben zeitigen können und man selbige nicht mit Paragraphen regeln kann.

Die Online-Beschränkungen sind geradezu klassisch für die heimische Politik des Hinsichtl und Rücksichtl. Klar, für die hart und privat arbeitenden Zeitungen ist es ein Unding, wenn sich der Gebühren-Moloch Fernsehen quasi ungefragt eine neue Medienplattform schnappen darf. Andererseits ist die inhaltliche Beschränkung journalistisch mehr als fragwürdig. Hier werden offenbar Medium und Message verwechselt.

Die Wahrheit ist, dass der ORF nur überleben wird, wenn er Österreich ein so attraktives, unverwechselbares Angebot macht, dass kein Österreicher darauf verzichten will. Daran muss noch gearbeitet werden.