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NRW: Domradio sendet nur noch bis 30. Juni 2020 via DAB+

DABplus dab Digitalradio NRW big minDie Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW (LfM NRW) hat während ihrer 49. Sitzung am Freitag (13.12.) die Zuweisung terrestrischer DAB+ Übertragungskapazitäten an das Domradio verlängert.

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Auf welcher Grundlage sendet Domradio in DAB+?

Das Domradio des Bildungswerk der Erzdiözese Köln teilte sich im Rahmen eines Pilotprojektes die Übertragungskapazitäten in einem gemeinsamen Multiplex mit dem WDR. Am 11. November 2016 wurde das Pilotprojekt durch die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bis zum 31. Dezember 2019 befristet. Ab 1. Januar 2020 sollten dem WDR die komplette Übertragungskapazität auf dem Kanal 11 D für 15 Jahre zur Verfügung stehen. Das Pilotprojekt wurde erneut vom Ministerpräsidenten Armin Laschet und durch die Medienkommission der LfM verlängert. 

WDR Westdeutscher RundfunkWie es dazu kam, wollten wir von allen beteiligten wissen. Der WDR antwortetet hierzu:

„Auf Bitten des Erzbistums Köln, dem Träger von Domradio, ist im Herbst vergangenen Jahres zwischen der Landesanstalt für Medien, der Staatskanzlei des Landes NRW und dem WDR darüber diskutiert worden, ob eine Abschaltung des Programms Domradio zum Jahresende vermieden werden kann.“

Das Domradio kann zurzeit nicht in einen anderen Multiplex wechseln, weil die Staatskanzlei NRW die von der LfM beantragten Übertragungskapazitäten von der Bundesnetzagentur noch nicht erhalten hat: 

„Die am 16. April 2019 von der Staatskanzlei gemeldeten landesweiten DAB+ Bedarfe (monolithisch und sechsfach regionalisiert) konnten von der BNetzA bisher nicht dem Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden.“

Deshalb konnte noch keine DAB+ Ausschreibungsverfahren beginnen. Der WDR verzichtete für 6 Monate auf die vollständige Nutzung des landesweiten DAB+ Multiplexes, teilte uns der WDR auf Anfrage mit:

„Der WDR hat sich in diesem Zusammenhang bereiterklärt, für längstens sechs Monate auf die bisher von der LfM genutzte Teilkapazität zu verzichten und eigene Nutzungspläne insoweit zeitlich etwas zurückzustellen. Damit sollte Domradio die Möglichkeit gegeben werden, sein Publikum im neuen Jahr mit ausreichend zeitlichem Vorlauf über andere Empfangsmöglichkeiten zu informieren. Darüber sind Rundfunkrat und Verwaltungsrat des WDR durch den Intendanten unterrichtet worden. Die Notwendigkeit einer förmlichen Zustimmung der Gremien besteht nicht.“

Die am 11. November 2016 dem WDR zugeordneten Übertragungskapazitäten wurden der Anstalt befristet für 6 Monate durch einen neuen Verwaltungsakt entzogen. Dieser rechtliche Vorgang ist durchaus interessant, denn das Landesmediengesetzt sieht einen Entzug der Übertragungskapazitäten frühstens ein Jahr nach Nichtnutzung vor. Deshalb spricht der WDR nicht von einem Entzug, sondern von einem Verzicht:

„Neben den speziellen Rundfunkgesetzen gelten natürlich auch die allgemeinen Regeln für Verwaltungsverfahren. Der subjektiv Begünstigte eines Verwaltungsakts kann danach z.B. auf die ihm eingeräumten Rechte verzichten.“

Durch den Verzicht darf für keinen Hörer irgendwelcher Nachtteil erwachsen. Ein solcher Nachteil würde entstehen, wenn ein Hörer aufgrund seiner Wohnlage die für ihn bestimmte WDR 2 Lokalzeit auf UKW nicht empfangen kann und diese über DAB+ empfangen könnte. Durch die Nichtaufschaltung dieser, entsteht für diesen Hörer ein Nachteil, weil er die Informationen aus seiner Region nicht empfangen kann. Von acht Lokalzeiten werden nur drei über DAB+ ausgestrahlt. Auch wenn das Domradio den Multiplex verlassen würde, gäbe es dort nur Platz für eine weitere Lokalzeit. Der WDR stellt deshalb fest:

„Irgendwelche Nachteile für unser Publikum sind mit der Angelegenheit nicht verbunden.“

Landesanstalt für Medien NRW

Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Armin Laschet solle die Kapazität der LfM vor der Sitzung der Medienkommission am Freitag, 13. Dezember 2019 zuordnet haben. Dieser Schritt ermöglichte der Medienkommission die Zuweisung der 54 Capacity Units an das Domradio.

„Wir haben die Zuordnung für den Pilotversuch durch den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten. In Entsprechung dieser Zuordnung kann das Domradio bis zum 30. Juni 2020 im Rahmen des Pilotversuches auf Sendung bleiben.“ (LfM NRW)

Der Ministerpräsident kann Übertragungskapazitäten nur drei Anstalten zuordnen, dem Deutschlandradio, der Landesmedienanstalt NRW und dem WDR. 

„Mit der Zuweisung dieser temporär freigegebenen Übertragungskapazität an Domradio hat der WDR allerdings auch nichts zu tun. Dies ist Sache der LfM, der vom Land NRW im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren und mit Zustimmung von WDR und Deutschlandradio die Kapazität von 54 CUs im Kanal 11 D zunächst medienrechtlich vorübergehend wieder zugeordnet werden musste. Auf Basis dieser Kapazitätszuordnung hat die LfM nach unserer Kenntnis dann mit Zustimmung ihrer Medienkommission zunächst ihr Pilotprojekt und anschließend die Zuweisung dieser Kapazität an Domradio verlängert. Das Ergebnis der Zuweisung hat die LfM wiederum dem WDR in seiner Rolle als technischer Betreiber des Sendernetzes mitgeteilt, worauf der WDR die Ausstrahlung fortgesetzt hat. Wir würden gegen rechtliche Vorschriften verstoßen, wenn wir als Sendernetzbetreiber der Auswahlentscheidung der LfM zuwider handeln würden.“

Das Verfahren sieht vor, dass der/die Ministerpräsident_in die Übertragungskapazitäten den drei Anstalten bekannt gibt und diese sich über die Aufteilung einigen. Dabei sind Fristen einzuhalten. Nach einer Zuordnung der Übertragungskapazitäten wird der Ausschuss für Kultur und Medien (A12) des Landtags NRW unterrichtet. Mit diesem Schritt erfährt das Parlament von der Zuordnung und i.d.R. wird die entsprechende Benachrichtigung auf den Dokumentenserver des Landtags veröffentlicht. Auf unsere Anfrage warum das noch nicht gesehen sei, antwortetet die Staatskanzlei:

„Über erfolgte Zuordnungen wird der Ausschuss für Kultur und Medien im Landtag Nordrhein-Westfalen unterrichtet, wenn der Verwaltungsakt bestandskräftig geworden ist. Im vorliegenden Fall liegt ein Rechtsmittelverzicht nicht vor, die Rechtsmittelfrist läuft noch.“

Die Rechtsmittelfrist laufe Anfang Februar aus. Hätte die Medienkommission abwarten müssen, bis der Verwaltungsakt bestandskräftig wird, bevor sie die Zuweisung der Übertragungskapazitäten an das Domradio vornimmt? Der Verwaltungsakt wurde wirksam, als dieser der LfM zugestellt wurde (§ 43 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetz). Für die Zustellung werden i.d.R. drei Tage gerechnet. 

„Die Bestandskraft der Zuordnung stellt keine Bedingung für die Verlängerung der Zuweisung der Übertragungskapazitäten an das Domradio dar.“

Neue Frequenzen für NRW

Das Domradio darf sechs Monate weiter über DAB+ sein Programm ausstrahlen. Es ist kaum vorstellbar, dass die Frist von sechs Monaten ausreichen wird, um die Ausschreibung, Auswertung der Anträge und Zuweisung von neuen Übertragungskapazitäten vorzunehmen. Die Staatskanzlei nennt einen neuen Termin, wann es in NRW vorwärts gehen könnte:

„Es wird erwartet, dass die zuletzt gemeldeten DAB+ Bedarfe im zweiten Quartal 2020 dem Land Nordrhein-Westfalen von der BNetzA zur Verfügung gestellt werden können.“

Nordrhein-Westfalen stehen zurzeit nur die Bedeckungen zur Verfügung, die in Betrieb sind (5 C und 11 D). Dem Bund sind mit dem Bedarfsstrukturkonzept der Länder Bedarfen im VHF-Band im Jahr 2016 mitgeteilt worden. 

„Der Umfang der bisher noch nicht verplanten Ressourcen lässt erwarten, dass die künftigen Bedarfe sowohl des öffentlich-rechtlichen, als auch des privaten Hörfunks in Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen umgesetzt werden können.“

Da ständig neue Bedarfe der Bundesnetzagentur gemeldet werden, ist eine „Optimierung der Frequenznutzung“ erforderlich. Netzbetreiber könnten gezwungen werden schon genutzte Kanäle zu tauschen. Ein Anspruch auf einen bestimmten Kanal besteht nicht.

Restriktionen entstehen hingegen, wenn bereits vorhandene Multiplexe in großer Entfernung zu schützen sind. Bei DAB+ und UKW wird jede Frequenz mehrfach in Europa genutzt. Die Frequenz des ersten aufgestellten Senders genießt Schutz. Die Sender für neue Multiplexe müssen so koordiniert werden, dass die bestehenden Sender für existierende Multiplexe nicht gestört werden.

„Die Koordinierung von einzelnen Sendern erfolgt erst im Rahmen des konkreten Zuteilungsverfahrens durch die BNetzA. Dabei nehmen die Restriktionen grundsätzlich mit steigender zu schützender Allotmentanzahl im In- und Ausland im gleichen DAB+ Kanal zu. Entsprechend war die Koordinierung des DAB+ Kanals 11D im Jahr 2011 für den WDR einfacher und mit weniger Restriktionen verbunden, da es sich damalig nur um wenige zu schützende Allotments im In- und Ausland im gleichen DAB+ Block gehandelt hatte.“

Ausblick NRW

Die Einführung von DAB+ ermöglichte es in Deutschland Programme bundesweit auf einem Kanal auszustrahlen. Bundesweit wird dazu der Kanal 5C verwendet. Ein zweiter bundesweite Multiplex wird auf mehreren Kanälen zum Einsatz kommen. In NRW soll es außerdem zwei landesweite sogenannte Bedeckungen geben. Eine Bedeckung wird aktuell vom WDR genutzt (11 D), eine weitere soll für den kommerziellen Hörfunk eingesetzt werden. Darüber hinaus soll es in NRW eine regionale sechsfachunterteilte Bedeckung geben. Beide wurden beantragt. 

„Darüber hinaus sind in der konzeptionellen Planung für Nordrhein-Westfalen neben einer landesweiten monolithischen DAB+ Bedeckung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch neun Ballungsraumversorgungen für Private vorgesehen.“

Ausblick WDR

Nach dem erneuten Ablauf des Pilotprojektes will der WDR ab 1. Juli den gesamten Multiplex für seine Programme nutzen und weitere „WDR 2 Lokalzeiten“ aufschalten. Für den Hörer entstünden durch Verlängerung des Pilotprojektes keine Nachteile und der Senderausbau verzögere sich nicht. Der WDR werde an fünf bestehenden Senderstandorten die Strahlungsleistung erhöhen und sein DAB+ Sendernetz um insgesamt 15 zusätzliche DAB+ Senderstandorte bis Ende 2020 erweitert. 

 

XPLR: MEDIA Radio-Report