Podcast Movement: Podcasting wird langsam erwachsen

Podcast Movement 2019Vor kurzem war ich auf der Podcast Movement in Orlando, dem weltweit größten Podcasting-Event mit einer Vielzahl von Tracks, die so ziemlich alles abdecken, was man über Podcasting wissen sollte.

Die Dimensionen dieses Treffens werden von Jahr zu Jahr größer. Podcasting ist inzwischen zum Serious Business geworden, und sowohl Spotify als auch Google geben sich auf der Showbühne die Klinke in die Hand. Auch Pandora macht sich nachhaltig überall bemerkbar, nicht zuletzt durch die tollen Laptop-Aufkleber in jeder Teilnehmermappe.

Auch Apple war auf der Podcast Movement vertreten, aber nur mit einer super geheimen Session für einen erlauchten Kreis von geladenen Gästen. Offenbar brauchen sie die Podcaster dann nicht mehr erinnern, dass sie existieren, obwohl Spotify inzwischen zu einer starken Konkurrenz herangewachsen ist. Es geht das Gerücht um, dass man Geld für exklusive Podcasts hinlegt, um das von Podcasts abgewandte Publikum zurückzugewinnen. Ich halte dagegen, dass sie besser damit bedient wären, wenn sie Podcast-Abos ermöglichen würden. Eine App für Android könnte auch nicht schaden. Aber ich bin nur ein kleiner Schreiberling, kein Stratege.

Ich kam mit Brad Mielke ins Gespräch, der Moderator des amerikanischen Podcasts Start Here von ABC News. Offensichtlich ist er glücklich und begeistert über die Arbeit, die er leistet. Umso begeisterter ist er von dem potenziellen Mehrwert von nachbearbeiteten Podcasts: „Man kann mit Sound so viel mehr rüberbringen als bei einem einfachen Interview-Dialog“, sagte er mir bei einem enttäuschend schlechten amerikanischen Kaffee.

Podcast Movement 2019 (Bild: ©James Cridland)
Podcast Movement 2019 (Bild: ©James Cridland)

Überall erfuhr ich etwas Neues. Bei einer Podiumsdiskussion schilderte mir Martina Castro, Geschäftsführerin von Adonde Media, einer Podcast-Firma für spanischsprachige Hörer, dass 50% aller spanischsprachigen Podcast-Hörer englischen Content hören. In Sachen internationales Wachstum ist offenbar noch jede Menge Luft nach oben.

Und dieses internationale Wachstum äußerte sich auch später im Verlauf der Podcast Movement-Konferenz, als Podcast-Producer Wondery bekannt gab, dass ihr erfolgreicher Podcast Dr. Death inzwischen in vielen anderen Sprachen erscheint, u. a. Koreanisch, Spanisch, Portugiesisch, Deutsch, Französisch. Neuester Stand: In nahezu alle diesen Ländern liegen sie mit an der Spitze der Charts.

Podcasting wird so langsam erwachsen und bewahrt dennoch seinen jungen Charme. Klar, inzwischen mischt auch das Big Business mit, u. a. vertreten durch die großen US-Radionetworks. Aber dennoch schaffen es auch wieder kleinere, unabhängige Nebenzimmer-Podcasts auf die Spitzenplätze.

Smart Money ermöglicht Flexibilität bei der Podcast-Werbung, damit diese unabhängigen Podcaster allmählich mit ihrer Arbeit auch Geld verdienen können.

Und weil es so schön ist auf der Podcast Movement, planen die Organisatoren im nächsten Jahr gleich zwei Events: die Hauptkonferenz in Dallas im nächsten August und ein Vorgeschmack darauf in der ersten Jahreshälfte in Los Angeles.

Die Podcast-Welt ist ein Bereich, von dem wir alle etwas lernen können. Große und kleine Podcaster, die einander begegnen und die ineinander investieren.

Gerade in einer Zeit, in der es den Radiokonferenzen in den USA anscheinend an Motivation und Enthusiasmus mangelt, kann man sich so manche Scheibe von den Podcastern abschneiden.


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine, berät eine Vielzahl von Radiosendern und veröffentlicht den täglichen Podcast-Newsletter podnews.net. James hat über 30 Jahre bei Radiosendern in Großbritannien, Australien und Kanada gearbeitet; bei Virgin Radio UK entwickelte er die weltweit erste Radio-Streaming-App. Er lebt in Brisbane, Australien. https://james.cridland.net