Die deutsche Musikindustrie ist im ersten Halbjahr 2019 deutlich gewachsen, wie der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) jetzt bekanntgab: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres nahm die Branche insgesamt 783,2 Millionen Euro durch Audio-Streams sowie durch den Verkauf von CDs, Downloads und Vinyl ein. Das sind 7,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2018: 725,9 Mio. Euro Umsatz nach dem Gesamtjahresabschluss 2018). Das ist die höchste Wachstumsrate seit 1993. Verantwortlich für dieses Ergebnis ist zum einen das Audio-Streaming, das um 27,7 Prozent zulegte und seine Position als umsatzstärkstes Format weiter ausbauen konnte. Daneben hat sich die CD (-11,7 %) mit einer gegenüber dem Vorjahreszeitraum halbierten Rückgangsrate leicht stabilisiert, während Vinyl nach einer kurzen Atempause wieder Zuwächse verzeichnete (+7,4 %). Downloads wiederum gaben zwar deutlich, jedoch ebenfalls etwas weniger nach als im ersten Halbjahr 2018 (-16,3 %).
Insgesamt wuchs das Digitalgeschäft in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 21,1 Prozent auf einen Anteil am Gesamtumsatz von 66 Prozent (Gesamtjahr 2018: 56,7 %). Das physische Geschäft (-11 %) kommt entsprechend auf 34 Prozent Umsatzanteil. Audio-Streaming hat mit 56,4 Prozent den größten Anteil an den Brancheneinnahmen, es folgen die CD mit 28,2 Prozent, Downloads mit 6,6 Prozent und Vinyl-LPs mit einem Umsatzanteil von 4,4 Prozent.
Höchste Wachstumsrate seit 1993
Unter dem Strich prägt den deutschen Tonträgermarkt damit auch bei der deutlich wachsenden Bedeutung des Audio-Streamings weiterhin eine große Formatvielfalt. Dr. Florian Drücke, der Vorstandsvorsitzende des BVMI: „Streaming entfaltet jetzt auch in Deutschland die Hebelwirkung. Mit einem Digitalanteil von zwei Dritteln zeigt die Branche, wie weit sie bereits auf dem Weg des digitalen Turnarounds ist. Gründe für die hohen Wachstumsraten beim legalen Audio-Streaming sind vor allem attraktive Angebote, aber auch die mehr oder weniger flächendeckende Verbreitung von Smartphones und Flatrates. Erfreulicherweise nehmen wir ein zunehmendes Verständnis dafür wahr, dass die Rechte von Künstlern und ihren Partnern auch online zur Geltung kommen müssen und Online-Plattformen in diesem Zusammenhang ebenfalls in die Pflicht zu nehmen sind, also Verantwortung tragen müssen.“
Drücke weiter: „Verlässliche Regeln im Markt bleiben zentral im digitalen Lizenzgeschäft. Bei der Umsetzung der europäischen Urheberrechtsreform ist daher wichtig, dass der deutsche Gesetzgeber vor dem Hintergrund der hitzigen Debatte um die Verabschiedung der Richtlinie nun in eine sachliche Auseinandersetzung eintritt.“
Unausgewogene Ertragssituation
Die aktuellen Zahlen des BVMI illustrieren ein weiteres Mal, wie gering nach wie vor die Summe ist, die der Musikkonsum über Video-Streaming zum Branchenumsatz beiträgt – über Dienste also, die der Branche bisher nur einen Bruchteil dessen zahlen, was durch Spotify und andere Audio-Streaming-Anbieter eingenommen wird, die reguläre Lizenzen erwerben: Hier stehen weniger als 3 Prozent des Gesamtumsatzes 56,4 Prozent gegenüber, die durch Audio-Streaming erlöst werden. Den größten Anteil an der Musiknutzung über Video-Dienste hat YouTube, de facto größter Musik-on-Demand-Dienst der Welt mit nach eigenen Angaben monatlich mehr als 1,9 Milliarden angemeldeten Nutzerinnen und Nutzern. Zum Vergleich: Spotify meldete zum Ende des ersten Quartals 2019 rund 100 Millionen Abo-Kunden und kam zusammen mit der werbefinanzierten Version auf monatlich rund 217 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer.
Michael Schmich