Hans-Dieter Hillmoth: Ein Westfale mit Sendebewusstsein

Hans-Dieter Hillmoth (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth (Bild: ©FFH)

Der Disclaimer gleich vorweg: Er war auch mal mein Chef. In einer Zeit vor Radio FFH. Ich erinnere mich an einen Oktobertag 1986 im Pressehaus in der Münchener Bayerstraße. Mit Sicherheit begann genau da eine der erfolgreichsten Privatradiokarrieren in Deutschland. Wir waren gerade ein halbes Jahr auf Sendung. Da stand er vor uns, Hans-Dieter Hillmoth, der neue „Leiter Hörfunk“ des Münchener Zeitungsverlages. Verleger Dirk Ippen hatte den gebürtigen Münsteraner eigens vom Hessischen Rundfunk abgeworben. Der studierte Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik konnte nicht nur Radio und Fernsehen, zuvor war er nach einem verkürzten Volontariat drei Jahre lang Zeitungsredakteur bei den Westfälischen Nachrichten. Für Ippen die ideale Besetzung, um sein erstes Lokalradio Charivari München 95,5 und dessen Startmannschaft – also uns – auf Vordermann zu bringen.

Charivari Muenchen

Alle Warnungen seiner HR-Kollegen hatte Hillmoth in den Wind geschlagen, eine sichere Festanstellung als Redakteur beim Hessischen Rundfunk eingetauscht gegen eine unerfahrene, aber hungrige Lokalradiomannschaft und für Studioräume, die den Namen kaum verdienten. Die Mitarbeiter hatten selbst die Wände mit Akkustikschaumstoffplatten beklebt, damit das Programm auch nach Radio klang.

Jetzt also ein Westfale beim Privatfunk in München. Natürlich wurde er skeptisch beäugt. Seine direkte Art, der trockene westfälische Humor mit leichtem Hang zur Ironie, das alles war für uns Münchner Lokalradiomacher zunächst gewöhnungsbedürftig. Die anfängliche Skepsis verflog.

 

„Ich bin sehr überzeugt, dass es dem Radio auch in den nächsten Jahren gut gehen wird; sowohl wirtschaftlich als auch bei der Hörerakzeptanz.“
(Hans-Dieter Hillmoth)

 

Gemeinsam mit „HDH“ (sein Instagram-Account: the_real_hdh), wie er schon damals unter uns Mitarbeitern hieß, ging es endlich voran: neue Studios, neue Technik und ein – bis heute – offener und partizipativer Führungsstil. Die Stimmung im Team war wirklich gut.

Er selbst, so sagt Hillmoth im Gespräch für dieses Porträt, hat in München das Rechnen gelernt: „Mit der wirtschaftlichen Komponente hatte ich als Redakteur beim HR und bei der Zeitung davor herzlich wenig zu tun.“ Im Haus Ippen gab es eine sehr versierte Buchhalterin, neben der Hillmoth nach eigenen Angaben stundenlang gesessen habe: „Sie hat mir eingebläut, was eine Gewinn- und Verlustrechnung ist. Das hat mir später sehr geholfen.“

Zum 1. April 1989 holten ihn die Gesellschafter von Radio FFH, darunter knapp 40 Zeitungsverleger, mit einem verlockenden Angebot zurück nach Hessen: als Gründungsprogrammdirektor für ein landesweites Privatradio.

Hans-Dieter Hillmoth im während des FFH-Studiobaus in Rödelheim (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth im während des FFH-Studiobaus in Rödelheim (Bild: ©FFH)

Ein Startup, würde man heute sagen, denn zunächst war er ein Programmchef ohne Sender: Es gab kein Funkhaus, keine Mitarbeiter und auch noch keine Lizenz. Die erteilte die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) dem Zeitungsverlegerverbund erst am 6. November 1989. Bis dahin, so rechnete es der Spiegel damals vor, hatten die Verleger bereits rund 8 Millionen Mark für ein neues Radioprogramm ausgegeben, das noch keine Minute auf Sendung war.

FFH-Sendestart (Bild: ©FFH)
FFH-Sendestart (Bild: ©FFH)

Neun Tage nach der Lizenzerteilung, am 15. November 1989 um 4.55 Uhr, ging Radio FFH mit 55 Mitarbeitern aus einer ehemaligen Tipp-Ex-Fabrik in Frankfurt-Rödelheim endlich an den Start. Schon zwei Jahre später übernahm Hillmoth auch die Geschäftsführung und Radio FFH die Marktführerschaft in Hessen – bis heute.

Hans-Dieter Hillmoth im FFH-Studio 1991 (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth im FFH-Studio 1991 (Bild: ©FFH)

Wie lautet die Erfolgsformel? „Ganz einfach: Wir setzen auf gute Unterhaltung, starke Moderatoren, hessische Themen, ständige Überraschungen und neue Ideen“, sagt Hillmoth. Außerdem habe er es mit einer „glücklichen Gesellschafterkonstellation“ wirklich gut getroffen: „Der anhaltende Erfolg von FFH wäre ohne die Gesellschafter, alles Medienleute, kaum möglich gewesen“, erinnert sich Hillmoth rückblickend. „Die wissen natürlich, dass man erfolgreiches Qualitätsradio nur mit der entsprechenden Manpower machen kann.“

FFH-Mannschaft in Rödelheim (Bild: ©FFH)
FFH-Mannschaft in Rödelheim (Bild: ©FFH)

Heute ist die Mannschaft auf über 100 Mitarbeiter angewachsen, FFH sendet zudem aus sechs Regionalstudios. Das Funkhaus steht seit Juni 2001 in Bad Vilbel, an der nördlichen Stadtgrenze von Frankfurt. Neben gut zwei Dutzend Webradios gehö- ren zum Unternehmen Radio/Tele FFH mit harmony.fm ein Sender für die ältere Generation und ein Jugendsender namens planet radio.

Hans-Dieter Hillmoth stellt das Wolkenkratzer-Festival 2013 vor. (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth stellt das Wolkenkratzer-Festival 2013 vor. (Bild: ©FFH)

Zum Erfolgskonzept des Senders gehören aber auch Aufsehen erregende Gewinnspiele wie die „Gletscher-Schätzer“ oder die „FFH-Zehnerjagd“ und beliebte Programmaktionen wie das „Wolkenkratzer-Festival“ in Frankfurt. Für dieses „atemberaubende Spektakel, das eine ganze Stadt in den Ausnahmezustand versetzte“ (Begründung der Jury), verlieh die Grimme-Jury dem Sender 2013 den Deutschen Radiopreis in der Kategorie Beste Programmaktion.

 

„Alles hat seine Zeit.Und nach 30 Jahren möchte ich endlich mal ein Weihnachtsfest mit meiner Frau verbringen.“ (Hans-Dieter Hillmoth)

 

Überraschen und dranbleiben am Hörer sowie neue Trends nicht verpassen, das sind die Hauptaugenmerke des Senderchefs, der mit einem Augenzwinkern über sich selbst sagt: „Ich bin Westfale, ein Dickkopf und beharrlich.“ Und typisch Westfale, ist er gegenüber Trends zunächst skeptisch. Beispiel gefällig? „Podcasts sind im Moment ein Hype. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie nicht überbewertet werden.“

Hans-Dieter Hillmoth mit neuem Logo und Claim (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth mit neuem Logo und Claim (Bild: ©FFH)

Sein Motto ist auch das des Senders: „Einfach näher dran!“ „Immer nah. Immer da!“ Für ihn sind das keine leeren Slogans. Immer wieder scheucht Hillmoth seine Leute raus zum Hörer. 2018 musste jeder Angestellte – ob aus Programm, Verwaltung, Technik oder Marketing – mit selbst gebackenen FFH-Weihnachtsstollen ausschwärmen, Hörer besuchen und das Backwerk überreichen. Der Chef selbst war natürlich auch im Sendegebiet unterwegs. „Bei diesen Begegnungen entstehen so viele Geschichten“, schwärmt Hillmoth, „da bekommt man die Bedürfnisse der Hörer hautnah mit.“

Silvia Stenger im alten FFH-Studio (Bild: ©FFH)
Silvia Stenger im alten FFH-Studio (Bild: ©FFH)

Auch Transparenz gehört zu Hillmoths Führungsstil. Jeder Mitarbeiter weiß Bescheid über die regelmäßig erhobenen Einschaltquoten und die wirtschaftliche Lage des Senders. Die sei im Moment übrigens ausgesprochen gut. Werbespots im Radio sind im Trend. „Vielleicht weil die Zeitungen schwächeln, aber ganz bestimmt, weil wir nach wie vor ein echtes Massenmedium sind“, sagt Hillmoth. Um die Zukunft des Radios sei ihm jedenfalls nicht bange, auch wenn die Gesellschafter keine Zehn-Jahres-Pläne mehr erwarten dürften. Das betrachtet er ohnehin als Unfug: „Ich schmunzle immer über Gesellschafter, die Zehn-Jahres-Pläne einfordern. Das kann man heutzutage einfach nicht mehr machen.“

Hans-Dieter Hillmoth hat 45 Media-Analysen bei FFH mitgemacht (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth hat 45 Media-Analysen bei FFH mitgemacht (Bild: ©FFH)

Gute Momente gab es in den vergangenen Jahrzehnten bei FFH viele, die könne man gar nicht mehr alle aufzählen, meint Hillmoth. Trotzdem sei die Mediaanalyse, die halbjährliche Radio-Zeugnisvergabe, nicht immer spaßig gewesen. Denn die Ergebnisse beruhen ausschließlich auf dem Erinnerungsvermögen der Befragten und nicht wie beim Fernsehen auf Messungen der Radionutzung. „45 Mediaanalysen habe ich bei FFH mitgemacht und vorher immer schlecht geschlafen, nicht nur eine Nacht, sondern mehrere Tage lang“, gesteht Hillmoth. Jetzt bekommt er nach eigener Einschätzung „ein Traumergebnis“ zum Abschied. Die Hörerzahlen für den Stammsender Hit Radio FFH sind laut jüngster Media-Analyse um 19 Prozent auf 520.000 Hörer pro Durchschnittsstunde gestiegen. Wettbewerber hr3 dagegen hat „nur“ 340.000 Hörer pro Stunde.

Marco Maier (Bild: ©FFH)
Marco Maier (Bild: ©FFH)

Das Feld ist bestellt. Die Sendelizenz wurde im Herbst 2018 für die nächsten fünf Jahre verlängert. Die Nachfolge ist auch geregelt – inklusive beidseitiger Versprechen: Hillmoth will sich künftig nicht in die Entscheidungen seines Nachfolgers Marco Maier einmischen, dafür wird der 47-Jährige kein Wort darüber verlieren, was man in der Vergangenheit alles hätte besser machen können.

So ganz geht er aber doch nicht. Vor zwei Jahren wurde Hillmoth zum persönlich haftenden Gesellschafter von FFH berufen und wird dieses auch im „Ruhestand“ bleiben. Zudem bleibt er noch für die nächsten zwei Jahre Aufsichtsratsvorsitzender der Frankfurter Volksbank und engagiert sich ehrenamtlich, so beim Förderverein der Saalburg. „Und weil ich wenig Ahnung von Geschichte habe“ – so Hillmoth, hat er schon mal das Vorlesungsverzeichnis der Goethe-Universität in Frankfurt studiert. Langweilig dürfte es ihm also nicht werden.

Hans-Dieter Hillmoth zu moderiert Heiligabend 2018 zum letzten Mal dieHessische Weihnacht (Bild: ©FFH)
Hans-Dieter Hillmoth zu moderierte Heiligabend 2018 zum letzten Mal dieHessische Weihnacht (Bild: ©FFH)

Bleibt zum Schluss noch eine Frage: Was macht „HDH“ dieses Jahr am Heiligabend? 30 Jahre lang moderierte der Senderchef am 24. Dezember das „FFH-Weihnachtsradio“ – allein im Funkhaus mit zwei Mitarbeitern am Hörertelefon, alle anderen schickte er traditionell an diesem Abend nach Hause. Die Sendung genießt einen legendären Ruf, die Resonanz ist riesig. Dankesschreiben gab es sogar von der Gattin des Ministerpräsidenten. „Alle warten ja darauf, dass ich sage, ich mache das doch noch mal. Aber nein“, wehrt Hillmoth mit Bestimmtheit ab, „alles hat seine Zeit und nach 30 Jahren möchte ich endlich einmal ein Weihnachtsfest mit meiner Frau verbringen.“

Dieser Beitrag von Inge Seibel ist das erste Mal im medium magazin Ausgabe 2/2019 erschienen.


Inge Seibel-MüllerInge Seibel gehört zu den Privatradiopionieren in Deutschland. 1986 war sie Mitarbeiterin der ersten Stunde beim Lokalradio Charivari München. Von 1995 bis zur Geburt ihrer Tochter 1998 leitete sie als Programmchefin und Chefredakteurin Antenne Thüringen. Heute lebt die freie Journalistin in Hamburg und arbeitet unter anderem für das medium magazin.
www.ingeseibel.de

 

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