Apple ändert das Podcast-Geschehen – mit welchem Recht eigentlich?

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Apple setzt gerade so einige Änderungen um.

Herumgesprochen hat sich wahrscheinlich die Tatsache, dass iTunes verschwinden wird. Ist das jetzt bahnbrechend? Eigentlich nicht. Denn iTunes sucht man auf iPhones schon eine ganze Weile vergebens, und im Zuge dieser neuesten Änderung wird iTunes nur noch auf dem Mac durch drei gesonderte Apps ersetzt. Auf einem Windows-Rechner gibt es iTunes übrigens nach wie vor, funktionstüchtig wie eh und je. Einzige Änderung: Kaum noch jemand hängt mehr an die große Glocke, dass seine Podcasts auf iTunes zu finden sind, denn Apple fordert schließlich schon seit 18 Monaten dazu auf, diesen Hinweis zu unterlassen.

Effektiv ändern werden sich jedoch die Apple-eigenen Podcast-Kategorien: die Genres und die Namen, die man zur Navigation durch das Podcast-Angebot nutzt. Und diese Änderungen, die ich hier aufliste, sind erheblich. Ich zähle ca. 70 neue und 30 unbenannte bzw. gelöschte Kategorien. Die Änderungen werden „im Spätsommer“ in Kraft treten, wahrscheinlich in der ersten Septemberwoche, in der in der Regel das neue Betriebssystem erscheint.

Tatsache ist: 90% des gesamten Podcast-Konsums erfolgt über die Systeme von Apple. Denn die Apple-Datenbank wird auch von anderen Podcast-Apps von Overcast bis Pocket Casts und von Player FM bis Castro genutzt. Fast alle Podcast-Apps haben bislang die Original-Kategorienliste genutzt. Und soweit ich feststellen konnte, hat Apple mit keinem Entwickler von Podcast-Apps über die beabsichtigten Änderungen gesprochen. Jetzt wird jeder essenzielle Teile seiner App umgestalten müssen.

Podcast headphones inear apple (Bild: unsplash)
Apple In-Ear Headphones (Bild: unsplash)

Auch die Hosting-Provider für Podcasts wurde nicht über die bevorstehenden Änderungen informiert. Auch sie wurden kalt erwischt, und viele Hosting-Unternehmen sind davon überhaupt nicht erbaut, wie sie mir privat verrieten. „Wir jagen den Tatsachen hinterher“, meint einer. „Keiner sagt uns was.“ Mit dem Ergebnis, dass jeder nun Teile seines Publishing-Prozesses nun von Grund auf umkrempeln muss. Und das in nur wenigen Monaten.

Der Siegeszug der Podcasts ist teilweise deshalb möglich geworden, weil es sie inzwischen nahezu überall gibt, und das nicht nur auf Apple-Geräten. Der gleiche RSS-Feed, der hinter den Apple-Podcasts steckt, wird auch von vielen anderen Diensten genutzt, ob sie nun Spotify, Google Podcasts oder Stitcher heißen. Was mit diesen Diensten geschehen wird, weil Apple „einfach mal so“ die Kategorien ändert, das steht in den Sternen.

Die iTunes-Kategorien gibt es seit 2005 und sie waren eine Eigenerfindung von Apple. Die Änderungen, die jetzt vorgenommen werden, sind eigentlich durchaus sinnvoll und zumeist auch gut durchdacht.

Allerdings entfällt nur 62% aller Podcast-Downloads auf Apple-Geräte – Tendenz fallend. Trotzdem nimmt sich Apple die Arroganz heraus, die Podcast-Kategorien aus eigenen geschäftlichen Gründen zu ändern, ohne dies mit irgendwelchen anderen Beteiligten aus der Podcast-Community – die schließlich direkt davon betroffen sind – abzusprechen.

Teilweise sind die Podcaster übrigens selbst daran schuld. Einen Branchenverband – eine Organisation, in der App-Entwickler, Podcast-Hoster und Adtech-Firmen zusammenfinden – gibt es schließlich nicht. Es gibt keine festgelegten Richtlinien, noch nicht einmal für grundlegende Fragen (Beispiele: „Wie sollen Folgenhinweise angezeigt werden?“ oder „Audio-Cache aktivieren oder nicht“ oder auch „Brauche ich die Genehmigung vom Podcaster, bevor ich mir einen Beitrag anhöre?“). Warum eigentlich nicht? Ich wäre sehr dafür, an dieser Stelle etwas zu ändern.

Obwohl… irgendwie ist es auch ein Apple-typisches Problem. Bei so viel Eigensinn und einem derartigen Mangel an Gesprächsbereitschaft glaubt man offenbar, dass man das Phänomen Podcasting besitzt. Wenn sie sich da mal nicht überschätzen.


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.