Die Festlegung von Werbung und Programm-Machern auf 14- bis 49-Jährige wird zunehmend bezweifelt. In der Diskussion „50 plus – Demographie, Kaufkraft, Programm“ haben die Experten auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig davor gewarnt, die Konsumkraft der wachsenden Gruppe der über 50-Jährigen in Deutschland zu vernachlässigen. Einhellig waren sie der Meinung, dass die Festlegung auf jüngere Menschen als einzig werberelevante Zielgruppe nicht sinnvoll sei.
Niels N. von Haken, Chef der MDR-Werbung, bezeichnete es als „abenteuerlich“, die Gruppe 50 plus nicht ernst zu nehmen. Auch Stefan Arend, Vorstand im Kuratorium Wohnen im Alter, sagte: „Wir kommen mit dem kalendarischen Alter nicht weiter.“ Mehr Menschen seien heute über 50 als unter 20, und Ältere verhielten sich auch anders. Laut von Haken haben 15 Millionen von rund 31 Millionen Deutschen über 50 einen Internet-Anschluss, und Arend bestätigte: „Das Internet ist bei den Alten angekommen.“
Für von Haken ist das Alter dabei gar nicht entscheidend. Wichtiger sei es, dass sich Werbetreibende mit Interessen und Lebensstilen auseinandersetzten, so wie Programm-Macher es bereits praktizierten. Spezielle Angebote an die Werbewirtschaft für über 50-Jährige scheiterten, was Tino Utassy, Chef der BCS Broadcast Sachsen, bestätigte. Bei der nationalen Werbung werde 50 plus nicht gebucht, anders als bei regionaler und lokaler Werbung, wo die Zahl der erreichten Menschen wichtiger sei als das Alter.
Hans-Joachim Strauch, Chef des ZDF Werbefernsehens, rief dazu auf, den gesunden Menschenverstand einzusetzen. Geschäfte mache man mit Menschen, die konsumieren könnten. Angesprochen auf die Gruppe 14 bis 49, schüttelt Strauch mit dem Kopf: „Ist ein 14-Jähriger absatzrelevanter als eine 55-Jährige?“ Auch er warnte davor, allein auf das Alter zu schauen: Man müsse sich die Zielgruppen genauer ansehen.
Wichtig ist auch die Ansprache. Arend etwa, der Beispiele der Werbung sammelt und untersucht, wies auf ein feines Gespür älterer Menschen für misslungene Werbung, für Fehler und Diskriminierung hin. Für Rainer Götze, Programmchef der hr4-Welle beim Hessischen Rundfunk bedeutet dies: „Wir sprechen unserer Hörer nicht als Senioren, Alte oder vor dem Tod stehend an, sondern als erwachsene, gereifte Menschen.“ Utassy merkte hier an, dass Programme generell jünger konzipiert würden als die Zielgruppe sei. Und Götze hat die Erfahrung gemacht, dass nach dem 50. Geburtstag niemand von der Popwelle auf Schlager umschalte.