Radio wird zu ca. 50% im Auto gehört. Diese Zahl mag etwas niedriger sein in Ländern wie Großbritannien, fällt beispielsweise in den USA jedoch sogar noch höher aus.
Irgendwie kommt Radio im Auto am besten zur Geltung, und zwar aus mehreren Gründen. Radio ist das Multitasking-Medium schlechthin. Man bleibt konzentriert genug, um ein 1300 kg schweres Schlachtschiff durch stark befahrene Straßen zu manövrieren, ohne gleich eine Schar von unaufmerksamen Fußgängern umzunieten. Alles bei zeitgleicher Berieselung durch die Flachwitze der Morningshow-Moderatoren – jener zweifelhaften Figuren, die man unter normalen Umständen nie ins Haus lassen würden.
Die Beliebtheit des Radios im Auto ist für uns als Branche offensichtlich ein wichtiger Faktor. Allerdings hat sich die Radioerfahrung im Auto seit dem Aufkommen des Autoradios in den 1950er Jahren nicht wesentlich verändert. Immer noch haben wir zwei willkürliche Zahlen im Kopf, wenn wir einen Sender hören: eine Frequenz und die Nummer einer Stationstaste. Das Umschalten zwischen UKW und Mittelwelle (und DAB) verändert die Benutzererfahrung oft völlig.
Die Erfahrung bei DAB ist in den meisten Autos ziemlich armselig. Mein Toyota Prius (falls sich hier jemand fragt, wer mit einer solchen Karre herumfährt) listet die DAB-Sender nach Service-ID, d. h. nicht alphabetisch. Außerdem werden die Muxe gesondert gelistet.
In den USA sind die HD2-Sender auch nicht gerade das Benutzerfreundlichste in einem Auto. Wenn man zum Beispiel in San Francisco Bloomberg Radio hören möchte, muss man erst einmal auf UKW die 103,7 einschalten, dann einige Sekunden warten (ja, echt!), und schließlich den „Up“-Knopf betätigen, um das HD2-Signal zu finden. Na endlich!
Zum Glück bemüht sich gerade jemand aus der Branche darum, dies zu verbessern.
Radioplayer, das Non-Profit-Projekt, das derzeit in verschiedenen Ländern wie Kanada, Großbritannien und Deutschland vertreten ist, hat in Berlin einen Prototypen zu Forschungszwecken vorgestellt. Dieser Prototyp kommt unseren Wünschen, wie Radio im Auto funktionieren soll, entgegen.
Sendersuche nach Sendername, nicht nach irgendeiner Frequenz. Sendernamen, die per Sprachausgabe angesagt werden, bevor die Audio-Wiedergabe beginnt (gut für Ihr Markenbewusstsein bei einem bestimmten Sender). Senderlogos werden in brauchbarer Qualität angezeigt, während der Sender läuft. Und was wohl am wichtigsten ist: es gibt keine „Wellenbereichstaste“ mehr. Egal ob ein Sender auf UKW, HD2, DAB oder nur im Internet ausgestrahlt wird – alles wird gleichberechtigt dargestellt. Das Radio schaltet bei Bedarf sogar von UKW auf Internet um – und umgekehrt.
Dies ist nur ein Desingvorschlag für die Gegenwart, aber die Autohersteller wissen schon, wie wichtig ein gutes Radio in einem Auto ist. Hoffentlich gewinnen sie aus diesem Versuch neue Erkenntnisse und Datenmaterial, um die Benutzererfahrung zu verbessern.
Dies ist wichtige Arbeit für unsere Zukunft. Wir sollten diese Initiative unterstützen.
Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.