Rik De Lisle: Ein guter Berater hasst Meetings – und liebt Radio!

Aus der Reihe “Heimliche Helden des Radios” – präsentiert von MusicMaster – interviewt RADIOSZENE-Redakteur Michael Schmich heute Rik De Lisle.

Heimliche Helden des Radio präsentiert von MusicMaster

Eine der wenigen hierzulande noch aktiven Radiolegenden ist mit Rik De Lisle eine DJ-Persönlichkeit, die innerhalb der deutschen Radiobranche schon in zahlreichen Tätigkeitsfeldern gedient hat  – und deren Strahlkraft bei den Hörern weiter ungebrochen hoch ist. Geboren in Milwaukee als Sohn deutsch- und französischstämmiger Aussiedler meldete er sich im Alter von 17 Jahren zur US-Armee. Dort wurde er Discjockey beim Soldatensender American Forces Network (AFN) für Asien, Portugal und der Bundesrepublik Deutschland. 1978 wurde De Lisle nach West-Berlin versetzt und moderierte dort die AFN-Morningshow. Bekannt wurde er mit seinem täglichen Weckspruch „I’m Air Force Sergeant Rik De Lisle – reminding you, that Rock’n Roll is just a State of Mind“.

1984 erfolgte der Wechsel zum deutschen Sender RIAS 2, wo er den „Frühstart“ moderierte. Dort waren der starke amerikanische Akzent und sein Wortwitz seine Markenzeichen. Als in Berlin und Brandenburg nach der Wiedervereinigung im Zuge der Neuordnung der dortigen Hörfunklandschaft RIAS 2 in das Privatradio 94,3 rs2 überführt wurde, übernahm De Lisle damals den Posten des Programmdirektors und war maßgeblich für die späteren Reichweitenerfolge des Senders verantwortlich.

Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)
Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)

Von 1997 bis Dezember 2007 stand Rik De Lisle als Europachef bei der internationalen Rundfunkberatungsfirma Alan Burns & Associates unter Vertrag. Nach diesen Jahren schloss sich Kreis, De Lisle wechselte in unterschiedlichen Funktionen zurück an die Radiofront. Heute ist der 71-jährige Vollblutmoderator mit täglichen Shows bei RADIO BOB! („BOBs amerikanischer Nachmittag“) und beim Berliner Rundfunk 91.4 („Rik De Lisle Show“) weiter mit großem Erfolg auf Sendung. Rik ist zudem Teil der 94,3 rs2-Morningshow „Gerlinde Jänicke and friends“ und hat hier die tägliche Rubrik „Frag den Alten Ami“. Hörer fragen, Rik antwortet – immerhin hat er ja einige Jahre Wissens- und Erfahrungsvorsprung …

Weniger bekannt sind seine Ausflüge ins Musikgeschäft: so arbeitete Rik De Lisle mit an der Rockoper „Spliff Radio Show“, die am 2. Mai 1980 im Berliner Kant-Kino live uraufgeführt wurde. Die LP erreichte eine Auflage von rund 100.000 verkauften Exemplaren. Im Jahr 1981 schrieb De Lisle den Text für die Teens-Single „Rock And Roll Is Just A State Of Mind“. Ebenfalls in den 1980er-Jahren erschienen unter seiner Mitwirkung die Single-Veröffentlichungen „Space Survivor / Walk On The Wild Side“ und „Rik’s Rapp“.


RADIOSZENE-Mitarbeiter Michael Schmich sprach mit Rik De Lisle über seine lange und bewegte Zeit beim Radio.

RADIOSZENE: Herr De Lisle, Sie gelten als der ewige „Alte Ami – Rik De Lisle“, haben in Ihrer Karriere beim Radio praktisch alles gemacht und erlebt. Sie arbeiteten beim Militärsender AFN, bei privaten- und öffentlich-rechtlichen Sendern, waren  Moderator/Discjockey, Producer, Programmchef, Berater. Welche Funktion hat Ihnen am meisten Spaß bereitet? 

Rik De Lisle: DJ!!! Nix macht mir mehr Spaß als im Studio zu stehen und zu senden – das ist einfach mein Ding! Ein bisschen mit den Hörern quatschen und Musik  auflegen. Ich bin ein Fan von fast allen Arten von Musik. Deshalb ist das fast wie Freizeit für mich, wenn ich im Studio sehe. In alle anderen Jobs bin ich mehr oder weniger zufällig reingerutscht.

Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)
Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)

RADIOSZENE: Was bedeutet Radio für Sie?

Rik De Lisle: Alles!!! Damit drücke ich aus, wer ich bin, was ich mag –  meine Sicht der Dinge. Es ist mein Glück, dass ich das immer noch darf – und ich weiß das sehr zu schätzen!

RADIOSZENE: Wie sind Sie damals zum Radio gekommen?

Rik De Lisle: AFN suchte DJs – es gab eine Anzeige in der Lokalzeitung auf der Luftwaffenbasis in Texas, wo ich stationiert war. Ich habe ein Demoband produziert und sie haben mich gleich genommen. Ich hatte dann eine 90-tägige Ausbildung und ab ging‘s nach Thailand zu AFTN – ab dann war ich on air.

RADIOSZENE: 1984 kam der Einstieg ins deutsche Radio. Ein logischer und richtiger Schritt?

Rik De Lisle: Zum Ende meiner 20-jährigen Dienstzeit war ich in Berlin stationiert. Meine Zeit als Berufssoldat ging zu Ende und ich wollte unbedingt bleiben. Zufälligerweise hatten der U(nterhaltungs-)Musikchef Siegfried Schmidt-Joos und ich die gleiche Stammkneipe und er hatte immer gesagt: „Wenn du bei AFN fertig bist, kommst du zum RIAS“. Und ich habe immer geantwortet: „Alter, auf Deutsch kann man kein richtiges Radio machen“. Wie so oft in meinem Leben lag ich falsch … schließlich haben wir es einfach ausprobiert.

RADIOSZENE: Was können die deutschen Radiomacher vom amerikanischen Hörfunk lernen? Gibt es umgekehrt auch Eigenschaften, wo das US-Radio vom deutschen profitieren kann?

Rik De Lisle: Ich glaube das Geschäft ist inzwischen globalisiert. Ich denke, in den 90er Jahren haben die Amis eher bei den deutschen Radiomachern einiges abgeschaut. Das war eine aufregende Zeit für Radiomacher nach der Wiedervereinigung – so eine Art „No Rules“-Radio.

 

„Ich denke, in den 90ern haben die Amis eher bei den deutschen Radiomachern einiges abgeschaut“

 

RADIOSZENE: Was zeichnet einen guten Radioberater aus?

Rik De Lisle: Er hasst Meetings und liebt Radio!!!

RADIOSZENE: Musik ist ein wichtiger Baustein des Radios. Durch die Streamingdienste verändert sich das Musikgeschäft gerade fundamental. Sind Sie sicher, dass das Radio auch künftig noch auf ausreichend passende neue Musik zurückgreifen kann? Die großen Stars werden immer weniger und in den Charts tauchen immer mehr One-Hit-Wonder auf…

Rik De Lisle: Radio gab es lange bevor es „Hits“ gab. Es gab viele Gründe, Radio zu machen und zu hören – die Hits zu spielen war und ist ein großer, aber in the End ein Zusatznutzen. Wir müssen auch in Zukunft mehr bieten als „nur“ gute Musik.

RADIOSZENE: Ist Streaming grundsätzlich eine Gefahr für das Radio?

Rik De Lisle: In den 80s hieß es „Video killed …“, aber Video never did kill the Radio Star – und Streamingdienste werden es auch nicht tun!

Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)
Rik De Lisle (Bild: ©Berliner Rundfunk 91.4)

RADIOSZENE: Sind Sendungen wie Ihre Shows – mit vielen Infos zur Musik – genau die richtige Antwort auf Streaming?

Rik De Lisle: Da ist kein entweder oder! Es gibt in diesem Musikuniversum genug Platz für beide.

RADIOSZENE: Welche Musik hören Sie privat? Welche Künstler stehen in Ihrem persönlichen Plattenregal weit vorne?

Rik De Lisle: Ich bin ein Musik-Junkie und höre alles – von Jazz über Klassik bis Pop & Rock. I‘ve got a soft Spot in meinem Herzen für Doo Wop – ein Groupsound aus den USA der 1950er … das ist die Musik, mit der ich groß geworden bin.

Und ganz vorne in meinem Plattenregal zu Hause stehen die Eagles – ich kriege bis heute immer noch Gänsehaut wenn ich ihre Platten höre!

RADIOSZENE: Derzeit moderieren Sie tägliche Shows beim Berliner Rundfunk 91.4 und Radio BOB! Aufgaben, die sicher einiges an Energie abverlangen. Wie halten Sie sich fit?

Rik De Lisle: Mit 60 Jahren habe ich aufgehört zu rauchen und angefangen mit einem konsequenten Fitnessprogramm und das Wichtigste: ganz viel Schlaf. 

 

„Radio gab es lange bevor es ‚Hits‘ gab“

 

RADIOSZENE: In den 1980er Jahren haben Sie einige Ausflüge ins Musikbusiness unternommen: War dies „Just for fun“ oder steckt in Rik De Lisle nicht doch auch ein verstecktes Musiktalent?

Rik De Lisle: Sie meinen meine Singleauskopplungen und die Tournee mit der Spliff-Radio-Show. Das hat sehr viel Spaß gemacht und war eine super Erfahrung … aber to tell you the Truth – es fehlte die Leidenschaft, die ich beim Radiomachen spüre. 

RADIOSZENE: Seit einigen Wochen haben Sie mit dem „Rik De Lisle Radio“ Ihren eigenen Radiokanal im Internet (www.berliner-rundfunk.de/programm/rik-de-lisle-radio). Erzählen Sie uns ein wenig über die Idee und die Inhalte…

Rik De Lisle: „The Musik you love und die Stories dazu“ – und die Stories sind Geschichten, die ich selbst erlebt habe oder die mir die Stars selbst erzählt haben.

RADIOSZENE: Welchen Ratschlag geben Sie jungen Moderatoren mit auf den Weg?

Rik De Lisle: Love it or leave it!

RADIOSZENE: Blicken Sie einmal fünf Jahre voraus: wie muss ein Radio dann aufgestellt sein um konkurrenzfähig zu bleiben?

Rik De Lisle: Wenn ich das wüsste, wäre ich Millionär ☺