Jour fixe für bestimmte Sendungen sind in der Welt des linearen Radios selten geworden. Verantwortlich ist ein tiefgreifender Wandel bei den Mediennutzungsgewohnheiten. Als eines der wenigen Formate mit festen Sendezeiten erfreut sich im Hörfunk die samstägliche Bundesligakonferenz einer ungebrochen hohen Beliebtheit.
Ein guter Teil der Inhalte in den Magazinstrecken der deutschen Infotainmentwellen ist heute zeitlich ungebunden und kann zu allen möglichen Tagesabschnitten wiederholt ausgestrahlt werden. Und die Hörer bemerken Mehrfachwiederholungen ebenso wenig, wie die 1986 versehentlich vertauschte ARD-Ausstrahlung einer Neujahrsansprache des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Natürlich hat die Morningshow noch immer ihren angestammten Sendeplatz – und eine zeitgebundene Relevanz. Auch Nachrichten, Wetter und Service werden weiter zur vollen Stunde (oder fünf Minuten zuvor) ausgestrahlt.
Die redaktionellen Angebote der Vormittagssendungen vieler Stationen können sich heute aber problemlos austauschbar auch in einer Vorabendshow wiederfinden. Immer knapper werdende Zeitbudgets der Hörer zwingen die Programmmacher schon lange zu angepassten Strategien bei der Taktung der Sendeabläufe. Durchhörbarkeit ist Trumpf. Die fixen Zeiten, zu denen die Hörer auf bestimmte Wochenshows warteten, sind ohnehin (fast) passé: frühere Klassiker wie Hörer-Charts sind lange Geschichte, Personality-Shows wie die des heutigen Rechtspopulisten Elmar Hörig oder wöchentliche Comedy-Sendungen wie das „Frühstyxradio“ sind selten geworden. Talkformate zur Nacht sind da eher schon die Ausnahme. Der Hörervolk nutzt das Radio eben, wann es ihm passt – und dann müssen aber auch alle wichtigen Inhalte seiner Wahl kompakt verfügbar sein. Und zur Not stehen ja verpasste attraktive Sendungen oder Highlights allgegenwärtig auf den Webseiten der Sender und in Mediatheken zum Nachhören bereit.
Dennoch gibt es Sendeformen, auf die wir in ihrer wunderbaren Zeitgebundenheit und Attraktivität im Radio nicht verzichten können. Wie etwa die samstägliche Konferenzübertragungen der ersten Fußball-Bundesliga. Bei der Bundesligakonferenz fiebern jede Woche Millionen mit, wenn es heißt „Tooor in …“. Und trotz eines zeitgleichen Hochglanzangebotes im Fernsehen mit gefühlten 50 Kameraeinstellungen ziehen viele Menschen die authentischen Radioübertragungen vor. Die Schilderungen der Reporter zaubern dann die Spielszenen in die Gedankenwelt der Hörer. Ein wunderbares Kopfkino für alle Generationen – ohne nervendes Getöse von ganzen Hundertschaften redseliger Experten. Und die ideale Vorbereitung auf die Zusammenfassungen der Spiele am Vorabend im Fernsehen. Aber auch vor Gründung der Bundesliga gab es bereits Konferenzschaltungen im Radio. So wurde ab dem 21. September 1952 bereits am Wochenende von mehreren Spielen der damaligen Regionalligen gleichzeitig berichtet.
Das Radio hat seit Bestehen der Fußball-Bundesliga mit seinen Konferenzschaltungen einen großen Anteil beim erfolgreichen Ausbau der Sportart zur Premium-Marke. Und leistete nebenbei die Blaupause für die späteren Liveübertragungen im Bezahlfernsehen. Umgekehrt hat der Hörfunk mit seinen Moderatoren-Legenden wie Günter Maletzko, Heribert Fassbender, Manfred Breuckmann, Rudi Michel oder Günther Koch durch unzählige Übertragungen von spannenden Begegnungen gleichermaßen vom Fußball profitiert. Weshalb sich die Vereine und ihre Standesorganisationen die Übertragungen inzwischen sehr teuer bezahlen lassen.
Die Sendungen werden samstags laut MA 2018 Audio II insgesamt von knapp acht Millionen Hörerinnen und Hörern verfolgt (Netto-Reichweite 15.00 bis 18.00 Uhr). Die beiden erfolgreichsten Programme sind hierbei WDR 2 („Liga Live“) und Bayern 1 („Heute im Stadion“), die mit 1,4 beziehungsweise 1,2 Millionen Hörerinnen und Hörer deutlich mehr als eine Million Zuhörer erreichen.
Von der Hörerstruktur sind 47 Prozent der Hörer*Innen weiblich und 53 Prozent männlich. 24 Prozent der Hörer*Innen sind unter 40 Jahre alt, 39 Prozent sind zwischen 40 und 59 Jahre alt, 38 Prozent sind über 60 und älter.
Bei der ARD senden zehn Programme („Sublizenzprogramme“) am Samstagnachmittag „klassische“, monothematische Sport- und Bundesligasendungen: Bayern 1, „Heute im Stadion“, WDR 2 „Liga Live“, SR 3 Saarlandwelle „Sport und Musik“, SWR1 Baden-Württemberg und SWR 1 Rheinland-Pfalz „Stadion“, NDR 2 „Bundesligashow“, Bremen Eins „Die Fußball-Bundesliga“,hr1 „Heimspiel“, Inforadio „Die Bundesliga“ (rbb) und MDR Aktuell. Diese Sendungen beginnen meist am Samstag um 14.00 oder 15.00 Uhr und enden um 18.00 Uhr. Kern dieser Sendungen sind die ARD-Konferenzschaltungen zur Halbzeit und zur Schlußphase am Samstagnachmittag, also die „ARD-Bundesligakonferenz.“
Bei den übrigen Spielen eines Bundesligaspieltages binden diese Hörfunkprogramme die für sie interessanten Bundesligaspiele in ihr laufendes, aktuelles Radioprogramm ein, etwa mit kurzen Live-Einblendungen oder mit der Übertragung der Halbzeit- beziehungsweise Schlussreportage vom jeweiligen Spiel.
Dazu kommen dann noch einmal 16 Programme („Co-Sublizenzprogramme“), die lediglich ausschnittweise aus der Bundesliga berichten. Dies ist dann nach Programm und Bundesland regional unterschiedlich: Manche Programme senden nur die ARD-Bundesligakonferenz am Samstagnachmittag zum Ende der Spiele, manche konzentrieren sich auf die Spiele ihrer regional wichtigen Clubs und manche bilden die Bundesliga eher nachrichtlich im Programm ab. Charakteristisch für diese Programme ist, dass die Übertragungen wesentlich kürzer sind als die Berichterstattung in den zehn Programmen mit eigener Bundesligasendung.
Nach der Einstellung der Fußballradios 90elf und Sport1fm liegen die Übertragungsrechte außerhalb der öffentlich-rechtlichen Programmflächen seit der Saison 2017/2018 beim Online-Versandhändler Amazon, der sich die Audio-Übertragungsrechte der Bundesligaspiele für sein Angebot „Amazon Prime“ gesichert hat – für angeblich fünf Millionen Euro pro Saison. „Audio ist in den letzten Jahren explodiert in verschiedene Richtungen – es ist verfügbarer, die Übertragungsmöglichkeiten sind besser, sie sehen immer mehr Menschen die das nutzen, es gibt sowas wie Streamingservices. Da war dann der nächste Schritt: Was können wir weiter anbieten? Und da war Live-Sport eine Idee. Und so sind wir zu diesem Projekt gekommen – aus Nutzersicht“, sagt Florian Fritsche, der für das Bundesliga-Audiostreaming-Angebot von Amazon verantwortlich ist.