Hohe Zahlungsbereitschaft für Musikstreaming und Live-Konzerte, aber Radio bleibt wichtigstes Musikmedium

bvmi smallMusik-Streaming spielt eine erhebliche Rolle beim Musikkonsum. Jeder Zweite in Deutschland streamt Musik, jeder Vierte sogar über eine kostenpflichtige Premium-Version eines Musik-Streamingdienstes. Die hohe Zahlungsbereitschaft der Nutzer für Musik gilt insbesondere für den Live-Bereich: Knapp 46 Euro würden die Befragten für einen für sie attraktiven Konzert-Besuch ausgeben. Derzeit liegt mit Blick auf die Verweildauer beim Musikhören aber noch immer das herkömmliche Radio vorn: Die Befragten hören pro Woche durchschnittlich 21,5 Stunden Musik, davon fast die Hälfte (9 Std. 42 Min.) über Radiosender. Demgegenüber nehmen etwa physische Tonträger (1 Std. 42 Min.), digitale (gespeicherte) Musik (3 Std. 33 Min.) und gestreamte Musik (2 Std. 11 Min.) zusammen im Mittel 8 Stunden und 19 Minuten ein. 36 Prozent der Befragten suchen aktiv nach neuer Musik, meist anhand von Genre oder Interpret. Zwei Drittel von ihnen findet Neues am häufigsten im Internet. Besonders beliebte Genres sind laut Angabe der hier Befragten internationale Pop- und Rock-Musik (62% und 53%), gefolgt von deutschsprachigem Pop (44%) und deutschsprachiger Rock-Musik (37%). Jeder Vierte ordnet seinen Musikgeschmack dem Mainstream oder eher dem Mainstream zu.

BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 9: Musikkonsum pro Woche
BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 9: Musikkonsum pro Woche

 

Dies sind Erkenntnisse aus der Studie zur Entwicklung der Musiknutzung in Deutschland, die über einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren läuft und deren erste Ergebnisse am Mittwoch im Hamburger Rathaus im Vorfeld des „Musikdialogs“ vorgestellt wurden. Ziel ist eine fundierte Analyse, wie in Deutschland aktuell und zukünftig Musik entdeckt, gekauft und konsumiert wird. Für die sogenannte „erste Welle“, auf die sich die vorliegenden Ergebnisse beziehen, sind 5.140 in Deutschland lebende repräsentativ ausgewählte Personen zwischen 16 und 70 Jahren zu ihrem Musiknutzungs-, Such- und Kaufverhalten befragt worden. 

BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 10: Veränderung Hörverhalten
BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 10: Veränderung Hörverhalten

Wissenschaftlicher Leiter der Studie ist Prof. Dr. Michel Clement, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing & Media am Institut für Marketing der Fakultät für Betriebswirtschaft an der Universität Hamburg. Auftraggeber sind in Kooperation die zentralen Verbände der Musikwirtschaft, Unterstützer und Förderer sind die Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die Initiative Musik gGmbH.

Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher: „Der Musikdialog Hamburg ist ein Forum für die deutsche Musikwirtschaft, um sich über grundlegende Fragen und technische Innovationen auszutauschen. Mit der Studie der Universität Hamburg zur Zukunft der Musiknutzung entsteht eine verlässliche Grundlage zur Fortentwicklung bestehender Geschäftsmodelle und für neue Ideen. In Hamburg finden Unternehmen und Künstlerinnen und Künstler hierfür ein optimales Umfeld.“

BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 11: Musikgeschmack
BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 11: Musikgeschmack

Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters, MdB: „Die wichtigste Erkenntnis: Musikhören, insbesondere Live-Musik, ist weiterhin ein großes Bedürfnis vieler Menschen. Auch das eigene Musizieren nimmt in der befragten Gruppe einen überraschend hohen Platz ein. Nicht unerwartet ist, dass die neuen technischen Möglichkeiten auch zu einem veränderten Nutzungsverhalten führen. Erfreulich ist dabei die zunehmende Akzeptanz von legalen Streaming-Diensten – auch von kostenpflichtigen – bei den Verbrauchern. Hier zeigt sich ein Erfolg der Investitionen der Branche in neue Geschäftsmodelle. Die Bundesregierung will die Musikszene und die Musikwirtschaft auch in den kommenden Jahren darin unterstützen, dass interessante neue Musik entstehen kann und ihr Publikum und ihre Hörerschaft findet.“

BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 12: Suche nach neuer Musik im Internet
BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 12: Suche nach neuer Musik im Internet

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Musik berührt uns Menschen wie kaum ein anderes Kulturgut. Darin liegt ihr besonderer Wert, das zeigt auch diese Studie eindrucksvoll. Umso wichtiger ist es, auch in Zukunft dafür zu sorgen, dass Musik professionell produziert und vermarktet werden kann. Die Studie gibt der Musikwirtschaft fundierte Hinweise zur Entwicklung des Konsumverhaltens und leistet damit einen wichtigen Beitrag dazu, dass sich die Musik auch künftig künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreich weiter entwickeln kann. Das gehört gerade im Interesse vieler Musikerinnen und Musiker untrennbar zusammen.“

BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 6: Nutzung Musikstreamingdienste
BVMI-Musiknutzungsstudie 2018 Abbildung 6: Nutzung Musikstreamingdienste

Zur Erhebungsmethodik:

Bei der Studie handelt es sich um eine repräsentative Panelbefragung in sechs Wellen. Die erste Welle der Befragung fand im August 2018 statt – die weiteren Wellen werden alle sechs Monate erhoben. In der ersten Welle wurden 5.140 in Deutschland lebende Menschen im Alter von 16 bis 70 Jahren zu ihrem Musiknutzungs-, Such- und Kaufverhalten befragt. Als Erhebungsinstrument dient ein Online-Fragebogen, der über das Panel von Respondi distribuiert wurde.

Der Fragenkatalog umfasst Fragen zu den Bereichen: Nutzung von Musik-Streaming, Musikhörverhalten, aktivem und passivem Musikkonsum, Musiksuchverhalten (wie und wo wird neue Musik entdeckt), Musikkaufverhalten, Zahlungsbereitschaften, Nutzung von und Einstellung zu Live Musik Events (Konzerte, Festivals, Club-Konzerte), Einflussfaktoren wie Künstlern, Texten, Tonqualität, Einstellung zu Musikvideos, Nutzung von Playlists, Wert und Genießen von Musik, Musikgeschmack, Musikalische Bildung, technische Ausstattung, sowie Soziodemografika.


Ergebnisse der Studie zur Zukunft der Musik – Erste Welle (08/2018)

Kernergebnisse der vorliegenden Studie

  • Musik-Streaming spielt eine erhebliche Rolle beim Musikkonsum. Jeder Zweite nutzt Musik- Streaming-Angebote (siehe Abbildung 6). Jeder Vierte nutzt sogar eine kostenpflichtige Premium-Version. Der am meisten genutzte Bezahl-Service ist mit 51% Spotify Premium. Die Analyse der Veränderung des Hörverhaltens weist sogar auf weiteres Wachstum bei den kostenpflichtigen Musik-Streaming-Diensten hin (siehe Abbildung 10).
    Das Angebot von Musik bevorzugter Künstler ist ein wesentlicher Faktor für die Bindung des Konsumenten an den jeweiligen Streaming-Dienst. 22% könnten sich vorstellen, ihrem Streaming-Dienst zu kündigen, wenn ihr Lieblingskünstler dort nicht mehr verfügbar wäre (siehe Abbildung 13).
  • Einen großen Vorsprung bei der Verweildauer des Hörens von Musik hat gegenüber allen anderen Angeboten der Rundfunk. Die Befragten hören pro Woche durchschnittlich 21 Stunden und 30 Minuten Musik, davon fast die Hälfte (9 Std. 42 Min.) über Radiosender (siehe Abbildung 9). Demgegenüber nimmt das Hören physischer Tonträger (1 Std. 42 Min.), digitaler (gespeicherter) Musik (3 Std. 33 Min.) und gestreamter Musik (2 Std. 11 Min.) zusammen im Mittel 8 Stunden und 19 Minuten pro Woche ein.
  • 36% der Befragten suchen regelmäßig nach neuen Künstlern. Zwei Drittel davon finden für sie neue Musik am häufigsten im Internet (siehe Abbildung 12).
  • Der Besitz physischer Musikaufnahmen bzw. das Verfügungsrecht über Downloads ist für fast die Hälfte der Befragten (45%) nicht mehr wichtig (versus 37% „eher wichtig/wichtig“; 19% sind „indifferent“). Damit wird deutlich, dass in Deutschland das Eigentum an physischen Tonträgern und die Rechteinhaberschaft an Downloads für viele Konsumenten nicht mehr an erster Stelle stehen. Zunehmend reicht es ihnen aus, ein Zugriffsrecht auf Musikangebote zu haben (siehe Abbildung 17). Jeder zehnte Befragte besitzt keinen einzigen physischen Tonträger mehr (siehe Abbildung 4). Aber immerhin besitzen 44 % der Befragten mehr als 50 physische Tonträger. Hingegen besitzen 32% der Befragten mehr als 500 digitale Musikdateien (siehe Abbildung 5).
  • Die Zahlungsbereitschaft für Live-Events ist besonders hoch: Im Mittel würden die Befragten knapp 46 Euro für einen Konzertbesuch bei einem für sie interessanten Künstler ausgeben (siehe Abbildung 20).
  • Zwei Drittel der Befragten besuchen mindestens ein Konzert pro Jahr und ein Drittel der Befragten besucht mindestens ein Club-Konzert pro Jahr (siehe Abbildung 18). 20 % sind mit mindestens drei Konzertbesuchen regelrechte Konzert-Fans, konsumieren aber durchaus auch Musik über andere Quellen. Diese Konzert-Fans haben im Vergleich zum Durchschnitt aller Ergebnisse der Studie zur Zukunft der Musik – Erste Welle (08/2018)
    Befragten eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft für physische und digitale Alben (siehe Abbildung 24). Auch bei der Suche nach neuen Künstlern liegen sie mit 56% deutlich über den Durchschnitt (36%). Mehr als 60% der Konzert-Fans nutzen Musik-Streaming-Dienste. Die Hälfte davon gibt für Premium-Dienste auch Geld aus. Konzert-Fans machen häufig auch selbst Musik. Fast jeder Zweite spielt ein Instrument.
  • Die Genre-Präferenzen der Konsumenten werden dominiert durch internationale Pop- und Rock-Musik (62% und 53%), deutschsprachigen Pop mit 44% und deutschsprachige Rock- Musik mit 37% (siehe Abbildung 11). Jeder Vierte der Befragten ordnet seinen Musikgeschmack dem Mainstream oder eher dem Mainstream zu.
  • 10% der Befragten nutzen bereits Smartspeaker (z.B. Google Home, Amazon Echo etc.) (siehe Abbildung 3). 85% von diesen 10% nutzen ihre Smartspeaker auch zum Hören von Musik. Die Relevanz dieser Geräte wird mit der zunehmenden Verknüpfung der Sprachassistenten mit qualitativ hochwertigen Soundausgabegeräten zunehmen. Dieser Zuwachs wird zum einen die (sprachgesteuerte) Suche nach Musik verändern und stellt so Herausforderungen an die Vermarktung von Künstlern und Playlisten.

Weitere Ergebnisse

  1. Musik wird umfangreich mobil genutzt: Die Stereoanlage als häufigstes Wiedergabesystem wurde von der Möglichkeit überholt, Musik unterwegs zu hören: 23% hören Musik dabei am häufigsten über Lautsprecher direkt aus einem technischen Gerät (z.B. einem Tablet), 22% hören Musik zumeist im Auto (zusätzlich dazu nutzen 4% das Smartphone im Auto zum Musikhören) und 18% nutzen die Kopfhörer am mobilen Player. Nur noch 18% der Befragten hören Musik am häufigsten über die traditionelle Stereoanlage. Dieses Ergebnis verdeutlicht die hohe Relevanz der ständigen Verfügbarkeit von Musik via Cloud bzw. Streaming-Dienste, um so die mobile Nutzung sicherzustellen (siehe Abbildung 2).
  2. 27% der Befragten geben an, regelmäßig selbst Musik zu machen. 7% der Befragten und damit jeder Vierte derer, die regelmäßig Musik machen, spielt in einer Band/einem Orchester oder singt in einem Chor (siehe Abbildung 7). Die am meisten gespielten Instrumente sind Klavier/Keyboard und Gitarre (jeweils 11% der Befragten, siehe Abbildung 8). Von denjenigen Befragten, die ein Musikinstrument nutzen, spielen 88% länger als 5 Jahre diese Musikinstrumente. 14 % der Befragten planen, zukünftig ein Instrument zu kaufen. 58% davon möchten dies online tun.
  3. 60% der Befragten geben an, auf den Text von Musikstücken zu achten. Die Musikauswahl beeinflusst der Text jedoch nur moderat (siehe Abbildung 14).
  4. Wenig Bereitschaft besteht, für den Konsum von Musikvideos mehr Geld zu bezahlen. Nur ein sehr kleines Segment von 2% ist dazu uneingeschränkt bereit (siehe Abbildung 15).
  5. Großen Wert legen Konsumenten auf die Tonqualität beim Musikkonsum. Jeder Vierte der Befragten wäre bereit, für die Verbesserung der Tonqualität im digitalen Bereich mehr Geld auszugeben. Hier besteht ein Preisdifferenzierungspotenzial im Markt (siehe Abbildung 16).
  6. Wenn die Befragten ein zusätzliches Budget von 100 Euro erhalten würden, würden sie im Mittel für physische und digitale Tonträger 34,00 Euro, für Streaming-Abos weitere 5,90 Euro und für Live-Musik-Events (z.B. Konzerte, Festivals) 33,90 Euro ausgeben (siehe Abbildung 19).
  7. Im Bereich der Musikaufnahmen finden heutzutage weniger Rechtsverletzungen statt. Nur 14% bzw. 11% der Befragten können sich noch vorstellen, Musikdateien auch über Sharehoster/Cyberlocker bzw. nicht offizielle Blogs und Foren herunterzuladen. Das Unrechtsbewusstsein ist hier offensichtlich gewachsen. Problematisch bleibt allerdings das Streamripping. 24% der Befragten können sich vorstellen Video-Streams z.B. von YouTube zu konvertieren (siehe Abbildung 22).
  8. 30 % der Befragten haben schon mal von YouTube Music Premium gehört. Das Interesse daran ist allerdings noch zurückhaltend: 14% der 30% sind an dem Angebot (YouTube Music Premium ist Ende Juni 2018 gestartet) interessiert (siehe Abbildung 23).

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Ergebnisse der Studie zur Zukunft der Musik Erste Welle (08/2018)