Kann ein Smart Speaker das Küchenradio ersetzen?

James Cridland's Radio FutureSeit der letzten Woche bereichert ein kleines, pelziges Bündel unser Haus: wir haben einen kleinen Welpen. Welpin genauer gesagt. Sie ist natürlich total niedlich, keine Frage. Aber interessant ist auch, welche Auswirkungen dieser kleine Hund auf mein Radiohörverhalten hat.

Neben dem Sofa gab es einmal ein Wirrwarr an Kabeln: Ein Ladegerät für den iPad, ein paar USB-C-Stecker zum Aufladen von Laptops und Handys, noch ein anderer USB-Stecker für den E-Book-Reader und… ach ja, die Türklingel. Ich habe eine WLAN-Türklingel, die von Zeit zu Zeit aufgeladen werden muss. Aber auch, die Gefahr naht.

Denn der aufmerksame Leser hat es wahrscheinlich bereits geahnt. Aus irgendeinem Grund ziehen Kabel und Welpen einander magisch an, und als ich feststellte, dass zumindest eines der Kabel angeknabbert und somit war, habe ich unser „Auflade-Center“ vorsichtshalber an einen weniger günstigen Ort verlegt: in die Küche.

Wie in jedem normalen Haushalt fehlt es auch bei uns an Steckdosen. Ich könnte jetzt die Mikrowelle abklemmen, aber das wäre unpraktisch. Also entfernte ich den einzigen Stecker, der noch in Frage kam: das Radio. Genau, das Radio ist weg. Und dazu noch das Radio, das im am häufigsten benutze (vor allem jetzt, solange die Blasen von diesem kleinen Welpen noch klein ist und er praktisch täglich schon um 5.45 morgens auf den Beinen ist und begreiflicherweise nach draußen will).

Anstelle des Radios befindet sich jetzt, eingesteckt in einem der sechs USB-Ports, die mir jetzt zur Verfügung stehen, ein kleiner Google Home-Mini-Lautsprecher. Dieser muss im Moment als Radioersatz herhalten.Google Home Mini (Bild: ©Kevin Bhagat/unsplash)Das ist schon eine interessante Sache: statt ca. 60 Radiosender, die mir in Brisbane über DAB+ zur Verfügung stehen, kann ich jetzt aus einigen hunderttausend Sendern wählen. Hinzu kommt wohl noch ein Vielfaches an Podcasts.

Meine Hörgewohnheiten haben sich verändert, aber wahrscheinlich nicht gerade so, wie man denken mag.

Ich höre immer noch meinen lokalen öffentlich-rechtlichen Sender ABC Radio Brisbane, wegen der Lokalnachrichten und weil mir die Stimmen dort vertraut sind. Ich sage: „Hey Google, spiel ABC Radio Brisbane“, das Gerät antwortet und es ertönt „Sechshundertzwölf ABC Brisbane“, was eigentlich „Sechs zwölf ABC Brisbane“ heißen sollte. Oder eigentlich auch nicht mehr, denn dieses Branding ist seit ca. 20 Monaten veraltet. Aber immerhin, es funktioniert und ich kann den Sender hören.

Aber inzwischen höre ich auch meine lokale nicht-kommerzielle Musikstation 4ZZZ immer häufiger. Diesen Sender gibt es hier in Brisbane nicht auf DAB+, deswegen habe ich ihn nur sehr selten gehört. Aber ich hatte ihn halt immer im Hinterkopf, und jetzt, da ich per Internet Radio höre, erwische ich mich dabei, öfter danach zu fragen. Sagen muss ich übrigens „4-zee-zee-zee“, was sich schon etwas seltsam anhört, denn der Sender selbst nennt sich „Four-triple-zed“. Das aufzurufen funktioniert allerdings nicht.

Ich höre mir auch die Nachrichten on-demand an. Auf diese Weise könnte ich mir auch die „Podnews podcasting news“, meinen täglichen Nachrichtendienst auf Google- und Alexa-Lautsprechern, vorspielen lassen. Sender aus anderen Teilen der Welt höre ich übrigens nicht. Macht übrigens kaum einer, wenn man den Umfragen Glauben schenken kann.

Kein Zweifel: Smart Speaker werden immer häufiger zum Radiohören verwendet, und das kann für die Branche nur gut sein. Für mich ist der Smart Speaker jedenfalls ein durchaus guter Ersatz für ein Küchenradio. Aber es ist schon interessant, wie er meine Radiogewohnheiten verändert hat: die Wiederentdeckung einer Radiostation auf einem ansonsten für mich unbequemen Wellenbereich und die Zunahme beim On-Demand-Content.

Grund genug, einmal nachzuforschen, wie Ihr Sender auf diesen Lautsprechern präsent ist. Ich denke nicht, dass man gleich einen eigenen „Skill“ etc. dafür braucht, aber der Dienst sollte schon so funktionieren, wie Sie es erwarten, mit der gesprochenen Marke, die Sie auch on-air verwenden. Sowohl der Google Home Mini als auch der Amazon Echo Dot sind in der Anschaffung sehr preiswert. Vielleicht sollten Sie sich einen zulegen.

 


James Cridland
James Cridland

Der Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.