Rundfunkmuseum Cham: Lebendige Präsentation für Radio-Nostalgiker

Rundfunkmuseum Cham (Bild: Rundfunkmuseum e.V.)
Rundfunkmuseum Cham (Bild: Rundfunkmuseum e.V.)

Von Hendrik Leuker

Am 09.09.2017 eröffnete offiziell das Rundfunkmuseum Cham. Derzeit werden 3.000 Exponate auf 900 qm Ausstellungsfläche in 16 Räumen (inklusive der als Ausstellungsfläche genutzten Flure) präsentiert, im Depot befinden sich 2.000 weitere. Das Museum ist somit in der Lage, eine große Bandbreite für den Radio-Nostalgiker aufzuzeigen: Rundfunk, mithin Radio und Fernsehen, Tonaufzeichnungen, die zugehörige Physik, Amateurfunk und Messgeräte werden ausgestellt und vertieft dargestellt. „Alles offen und zugänglich. Es gibt so gut wie keine Vitrinen.“, merkt Museumsleiter und Erster Vorstand des Rundfunkmuseums Michael Heller (71) an.

Kultusminister Bernd-Sibler und Michael-Heller (Bild: ©Rundfunkmuseum Cham)
Kultusminister Bernd-Sibler und Michael-Heller (Bild: ©Rundfunkmuseum Cham)

Es gibt nur Besuche von geführten Gruppen nach Anmeldung. Das Museum ist auch als außerschulischer Lernort anerkannt, so besteht eine Kooperation mit den beiden Chamer Gymnasien im Rahmen eines Schulprojektes im Fach Physik, z.B. das Basteln eines Mittelwellenempfängers zum Empfang des Senders des Rundfunkmuseums Cham auf 801 kHz.

Vielzahl an Medien und Epochen

Das Rundfunkmuseum Cham ist eines der größten Rundfunkmuseen der Bundesrepublik. Es werden die unterschiedlichsten Medien in ihren jeweiligen Epochen chronologisch, offen und lebendig dargestellt: „Alles, was wichtig ist, funktioniert“, merkt Heller nicht ohne Stolz an. Man kann z.B. die Entwicklung von der mechanischen zur magnetischen Schallaufzeichnung verfolgen, bis hin zu den Studiomaschinen der Neuzeit.

Radios aus vielen Ländern (Bild: ©Hendrik Leuker)
Radios aus vielen Ländern (Bild: ©Hendrik Leuker)

Faszinierend ist die Darstellung des Rundfunks, chronologisch beginnend mit den Anfängen in den 1920er Jahren, den 1930er Jahren, den Volksempfängern im sog. Dritten Reich, über die Wirtschaftswundergeräte der 50er Jahre, z.B. den imposanten Plattentruhen, den Rekordern der 60er und 70er Jahre bis zur heutigen Zeit (jedoch ohne digitalen Fernsehempfang DVB-T). Überhaupt das Fernsehen: Vom embryonalen Zustand der Nipkow-Scheibe bis hin zu echten Fernsehkameras (ehemalige Studiokamera des NDR auf Original- Vinten-Stativ) ist alles zu sehen. Angeschlossen sind eine Amateurfunkclubstation mit dem Rufzeichen DLØRMC und ein Physikraum sowie eine Laborwerkstätte.

Amateurfunkclubstation DLØRMC (Bild: ©Hendrik Leuker)
Amateurfunkclubstation DLØRMC (Bild: ©Hendrik Leuker)

Highlights der Ausstellung

Beim Rundgang wird jede Besucherin und jeder Besucher sein individuelles Highlight finden. Als seine Höhepunkte sieht Heller an, dass der Mittelwellensender des Bayerischen Rundfunks (BR), der in Ismaning stand, im Museum wiederaufgebaut wurde:  Auf 801 KHz ist der Sender des Rundfunkmuseum Cham zu Museumsveranstaltungen mit einem Programm aus Schlagern und Evergreens, sowie Informationen zum Museum selbst, zu hören. Im Museum befindet sich des Weiteren der erste UKW-Sender des Hessischen Rundfunks (HR) aus dem Jahr 1950/51. Damals nahm die viel gepriesene „Welle der Freude“ mit einer Leistung von 250 Watt den Betrieb auf. Ein echter technischer Leckerbissen ist ein funktionierendes (!) AEG K 2-Tonband, das zweite Tonbandgerät, das überhaupt auf dem Markt kam. Wer in den 1980er Jahren gerne auf Bayern 3 nachmittags die „B 3-Radioshow mit Gottschalk und Jauch“ gehört hat, kann das original „Gottschalk-Mischpult“ im Museum bestaunen. Die Sendung hatte Kultstatus, so dass auf das Mischpult nunmehr auch einiges abfallen dürfte…

Original Gottschalk-Mischpult von Bayern 3 (BIld: ©Hendrik Leuker)
Original Gottschalk-Mischpult von Bayern 3 (BIld: ©Hendrik Leuker)

Schwer errungene Exponate und Leidensdruck

Zunächst einmal zeigt sich Heller den Helfern und Sachspendern gegenüber dankbar, wenn er anmerkt: „ Die besten Sachen sind uns zugeflogen“. Aber wie jeder andere Museumsleiter kennt Heller die Mühen der Ebene beim Beschaffen von Exponaten und Leidensdruck beim Gedanken an scheinbar unerreichbare Exponate: „Wir haben lange nach einer Akkord Peggy, dem ersten Transistorradio aus dem Jahr 1957, gesucht.“ Bekommen hat das Museum dieses schließlich als Dauerleihgabe eines befreundeten EURONICS- Managers (Heller betrieb vor seiner Zeit als Museumsleiter als gelernter Radio- und Fernsehtechniker einen EURONICS- Markt in Cham).

Vorkriegsfernseher (Bild: ©Hendrik Leuker)
Vorkriegsfernseher (Bild: ©Hendrik Leuker)

Auch der Sachsenwerk Leningrad-Fernseher, der in der DDR gebaut wurde, und eine russische Schaltungstechnik aufweist, war schwer zu beschaffen. „Einen Leidensdruck verspüre ich aber nicht mehr“, meint Heller. Schön wäre noch ein Original-Fernseher aus der Vorkriegszeit, Baujahr 1935. Ein Nachbau einer Fernsehstube aus dem Jahr 1936 befindet sich dafür in einem der Ausstellungsräume, so dass „Public Viewing“ mit einem E 1- Volksempfänger, der seinerzeit 650 Reichsmark kosten sollte, aber wegen des Kriegsausbruchs nie in Serie produziert wurde, möglich ist. Es wurden davon nur ca. 50 Exemplare gefertigt.

Zuwächse und Ausblick

Erster UKW-Sender des hr am Feldberg 1950(Bild: ©Hendrik Leuker)
Erster UKW-Sender des hr am Feldberg 1950(Bild: ©Hendrik Leuker)

Heller macht schließlich auf neu hinzugekommene Exponate aufmerksam: „Vom Bayerischen Rundfunk (BR) haben wir Studioeinrichtungen, Tonbandgeräte, Mischpulte und Plattengeräte neu bekommen, ebenso aus dem Funkhaus Nürnberg. Zu erwähnen sind auch zwei Rohde und Schwarz-Spitzenmessempfänger. Für unseren Mittelwellensender (Zur Erinnerung: Dieser besteht aus Original-Bauteilen des ehemaligen BR-Mittelwellensenders Ismaning) haben wir ein Abstimmhaus auf dem Dach erbaut und einen neuen selbststrahlenden Antennenmast für die Abstrahlung auf 801 KHz.“ Aufmerksamen Besuchern entgeht nicht ein weiterer technischer Leckerbissen im Museum, eine Telefunken M 10, gestiftet unlängst vom Technomuseum Mannheim. Dabei handelt es sich um eine Sechsspurstudiomaschine aus dem Jahr 1958.

In naher Zukunft möchte das Rundfunkmuseum Cham den didaktischen Aufbau weiter verbessern. Gemeint ist damit die Beschilderung in chronologischer Reihenfolge: mehr Schautafeln und Gerätebeschreibungen. „ Das kann gar nicht genug sein.“, meint dazu Heller. Man möchte nicht länger „unter sich“ sein, sondern neben Bastlern, Amateurfunkern, Radiohobbyisten auch Schulklassen, insbesondere der beiden Chamer Gymnasien, und ihre Lehrer ansprechen. Bei dieser reichen Auswahl gerät auch die „Generation Smartphone“ ins Staunen.

Volksempfaenger (Bild: ©Hendrik Leuker)
Volksempfaenger (Bild: ©Hendrik Leuker)

Das Rundfunkmuseum finanziert sich durch Eintrittsgelder, Geld- und Sachspenden von Sponsoren, eingeschlossen des ersten Vorstands, und den Mitgliedsbeiträgen der Mitglieder des Fördervereins. Dieser besteht derzeit aus 240 Mitgliedern, die 30 € im Jahr als Beitrag bezahlen. Im Gegenzug bekommen diese drei Zeitschriften im Jahr frei Haus, die sich radionostalgischen Themen widmen. Auch fördert die Stadt Cham inzwischen das Rundfunkmuseum Cham mit einem Zuschuss für die Raumkosten. Das Rundfunkmuseum kam man jeden Dienstag ab 14 Uhr besichtigen, für eine Führung sollte man sich vorher anmelden. Gruppen ab 10 Personen können zu jeder Zeit nach vorheriger Anmeldung vorbeischauen. Angeschlossen an das Rundfunkmuseum Cham ist die Marketingagentur Hellers für 500 Rundfunkfachhändler und eine eigene Druckerei.

Kontakt

Das Rundfunkmuseum e.V.
Sudetenstraße 2a
93413 Cham

Tel.: +49 (0) 9971-310 7015
Fax: +49 (0) 9971-310 7029
Email: info@rundfunkmuseum-cham.de

Frequenz

Mittelwelle 801 KHz -1 W ERP

Rufzeichen- Amateurfunkstation:

DLØRMC.

Weitere Fotos: