Von Wolfgang Ferenčak
Im Grunde war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die beiden Marktführer Samsung (Smartphones) und Spotify (Musikstreaming) zu einer Kooperation entschließen. Dieses aktuelle Bündnis ist strategisch klar gegen den aufstrebenden Konkurrenten Apple und seinen Streamingdienst Apple Music gerichtet, die immerhin in letzter Zeit gewaltig aufholen, was die Nutzerzahlen von Apple Music angeht.
Jetzt stellt sich die Frage, was hat das mit uns als Radiomacher zu tun? Sehr viel, wenn wir uns klar machen, dass beispielsweise die Musiknutzung eines der Keyfeatures bei der Nutzung von SmartSpeakern ist. So ist eine Kooperation des größten Hardwareproduzenten mit dem reichweitenstärksten Streamingdienst eine neue Größe im für Radio so wichtigen Audiomarkt.
Klar ist, dass solch eine Kooperation auch zu Lasten traditioneller Radioanbieter gehen wird. Der Mensch ist von Natur aus bequem und nutzt das Angebot, welches für ihn die besten Ergebnisse bei geringstem Aufwand liefert. Dies ist eine weitere Herausforderung in einem sich wandelnden Audiomarkt. Wie ich es in meinem kommenden Buch Radio 4.0 formuliert habe:
„Es geschieht – und es geschieht jetzt.
Die Streaminganbieter graben uns in jeweils unterschiedlichen Feldern Kompetenzen ab, für die bisher Radio als Contentlieferant Nummer eins galt.
Im Grunde geht es für uns Radiomacher um eine Grundsatzentscheidung: Wollen wir mit den neuen Anbietern in den Wettbewerb treten oder wollen wir uns, als Alternative dazu, mit einem eigenständigen Profil präsentieren?
Ich wage eine steile These: In einem Verdrängungswettbewerb wird die Radioindustrie den Kürzeren ziehen. Diese lässt sich mit einem einzigen Argument belegen – Kapital.Den finanziellen Möglichkeiten von Google, Amazon oder Facebook hat die klassische Medienindustrie nichts entgegenzusetzen. Aber müssen wir deshalb die Flinte ins Korn werfen? Beileibe nicht. Wir müssen nur realisieren, dass wir im Wettbewerb um den Hörer der Zukunft die digitale Wirtschaft nicht auf ihrem Feld und mit ihren Waffen schlagen können.
Ziel kann und darf es deshalb nicht sein, die digitalen Angebote zu kopieren oder ihnen hinterher zu hecheln; im Gegenteil gilt es jetzt, die Stärken unseres Mediums zu erkennen und herauszuarbeiten. Deswegen sollten wir uns fragen: Liegt es in unserem Interesse, den Fokus ausschließlich auf on-Demand-Inhalte zu legen oder sollten wir eher Anreize schaffen, unser in-time-Angebot attraktiver und unverzichtbarer zu machen? Zum Beispiel mit personalisierten Angeboten.“ (Aus „Radio 4.0“, Tectum Verlag 2018 )
Im Grunde ist die Frage: Wie schaffen wir es, wieder stärker in die Wahrnehmung unserer Hörer vorzudringen? Da wird mit der Personalisierbarkeit von Radioangeboten via 5G eine gewaltige Aufgabe auf uns zukommen, speziell was das Musikangebot angeht. Jedoch können und müssen wir bereits jetzt verstärkt in die Moderation und die Ausbildung von Personalities investieren. Hier ist ein Feld, das die Streaminganbieter uns nicht so schnell streitig machen können. Es ist gut und wichtig, dass mittlerweile die Relevanz von originären Podcastangeboten von den Radioanbietern erkannt wurde. Jedoch dürfen wir darüber nicht vergessen, unser lineares Programm ebenfalls so attraktiv zu gestalten, dass unsere Hörer darauf nicht verzichten wollen.
Die Online- und Streaminganbieter schließen fröhlich Allianzen untereinander, mit Hardwareanbietern (Samsung/Spotify), mit Industrieunternehmen (Tidal/Mercedes), mit anderen Medienanbietern (Amazon/Zeitschriftenverlage); das kann und darf uns nicht egal sein. Offen gesagt macht mir die zumindest nach außen demonstrierte Haltung „Es läuft, Radio wird weiterhin genutzt“ ein wenig Angst. Ja, Radio wird –noch– genutzt, dies ist aber nirgendwo in Stein gemeißelt und auf Entwicklungen erst zu reagieren, wenn sie uns eingeholt haben, empfinde ich als äußerst bedenklich.
Wolfgang Ferenčak arbeitet als Medienberater und Moderationscoach für On-Air Personalities. Im Oktober erscheint sein erstes Buch „Radio 4.0…braucht Personality“.