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Optimistische Podcaster

James Cridland's Radio FutureDie letzte Woche habe ich auf Podcast Movement in Philadelphia verbracht. Mit ganzen 2.300 Teilnehmern stellt diese Konferenz wirklich jede Radiokonferenz, die ich jemals besucht habe, in den Schatten.

Eine Konferenz, die übrigens gut organisiert war: durch und durch pünktlich, mit zehn verschiedenen Vortragsangeboten, die die Teilnehmer wahrnehmen konnten.

Da Podcasts von Natur aus nun einmal vielfältig sind, befassten sich manche Konferenzbeiträge damit, wie man eine Show vermarktet oder wie man ein Podcast-Intro am besten füllt. In anderen Vorträgen wiederum wurden das Thema unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet: nüchterne Zahlen zu Kosten pro 1000 Hörer, Targeting und Analysen.

Podcast Movement (Bild: James Cridland)
Podcast Movement (Bild: James Cridland)

Die Aussteller auf der Podcast Movement boten alles Mögliche feil: von Mikrofonen über Mischpulte bis hin zum Hosting. Auch einige Agenturen, über die Gäste gebucht werden können, waren vertreten. Das Konferenzhotel verfügte dankbarerweise über eine Bar, die sich als Treffpunkt bestens bewährte. Die aufmerksamen Organisatoren hatten sich wirklich ins Zeug gelegt, um bei all dem Community Spirit auch den vielfältigen Hintergründen der Teilnehmer Rechnung zu tragen. Es gab sogar eine eigene Kinderbetreuung für Diejenigen, die es brauchten. 

Anders war die Podcast Movement-Konferenz auch aus anderen Gründen: sie war bemerkenswert optimistisch.

Denn Hand aufs Herz: Podcasting ist immer noch relativ klein, auch in den USA. Laut Edison Research macht Podcasting gerade einmal 4% unseres gesamten Radiokonsums aus, und weniger als ein Fünftel der Bevölkerung hört sich in einer Durchschnittswoche überhaupt einen Podcast an. Smart Speaker fallen beim Hören von Podcasts nahezu überhaupt nicht ins Gewicht. Google ist gerade erst auf den Podcast-Zug aufgesprungen. Die Einnahmen sind knapp, in den gesamten USA wurden im letzten Jahr branchenweit gerade mal 314 Mio. US-Dollar verdient.

Und Radio? 58% unseres Audiokonsums entfällt darauf (Satellitenradio inclusive), 93% der Bevölkerung hört jede Woche Radio und es sieht so aus, als würden Smart Speaker diesen Effekt nur bestärken. Einnahmen? Um das 43-fache größer, bei 13,8 Milliarden US-Dollar im letzten Jahr.

Ich bin einigen Leuten begegnet, die beide Konferenzen besuchen. Alle bemerkten sie, wie optimistisch die Podcaster sind und wie pessimistisch die Radiokonferenzen doch sind.

Liegt es vielleicht an der soeben abesahnten Risikokapital-Finanzspritze? Liegt es daran, dass Podcaster jünger sind als „normale“ Radiomacher? Oder könnte es sein, dass bei ihnen noch Begeisterung für das Medium vorhanden ist?

Ich meine, dass es eigentlich jede Menge Anlass zu Optimismus gibt, was das Radio anbetrifft. In vielen Ländern geht es mit den Einnahmen und den Hörerzahlen stark nach oben.

Deswegen veranstalte ich mit Matt Deegan jedes Jahr eine eigene Radiokonferenz. Sie heißt Next Radio und findet in diesem Jahr am 17. September in Central London statt. 25 optimistische Redner werden dort ihre phantastischen Ideen für Radio und Podcasting zum Besten geben. Tickets gibt es auf https://next.radio.

Denn die Frage bleibt: Bei all den Hörern und bei all den Einnahmen – warum sind unsere Konferenzen nicht wesentlich optimistischer? Vielleicht sollten wir das von den Podcastern lernen!


James CridlandDer Radio-Futurologe James Cridland spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference in Großbritannien. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land.

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