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MEHR! Radio: „Medienanstalt verzögert Start von Digitalradios“

DABplus dab Digitalradio NRW big minAm 25. September 2018 hat die Landesanstalt für Medien NRW aber erst zu einer Informationsveranstaltung zur Zukunft des Hörfunks in Nordrhein-Westfalen eingeladen, bei der Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Geschäftsführer der Goldmedia GmbH, eine Studie im Auftrag der lfm zur Entwicklung des Hörfunks in Nordrhein-Westfalen vorstellen soll.

In der Studie werden die ökonomischen und technischen Entwicklungen der verschiedenen Verbreitungswege für Radioangebote (UKW, DAB und Streaming) für die nächsten 5 bis 10 Jahre modelliert. Im Rahmen dieser Infoveranstaltung werden erste Erkenntnisse vorgestellt. Branchenvertreterinnen und -vertreter sind zur Diskussion und Kommentierung eingeladen. Die Studie soll insbesondere dazu beitragen, Implikationen für künftige Geschäftsmodelle abzuleiten. Sie soll den Radioveranstaltern als Entscheidungshilfe dienen, um sich für die Zukunft wettbewerbsfähig aufzustellen.

LfM-Direktor Dr. Thomas Schmid
LfM-Direktor Dr. Thomas Schmid

Dazu Direktor Dr. Tobias Schmid: „Hörfunk ist ein wichtiges Thema für den Medienstandort Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit der Branche und der Politik arbeiten wir daran, eine attraktive Hörfunklandschaft in Nordrhein-Westfalen auch in den Regionen und lokalen Versorgungsräumen im digitalen Zeitalter zu ermöglichen.“

In Nordrhein-Westfalen erhielt bereits Anfang dieses Jahres die Düsseldorfer „MEHR! Radio“-Gruppe als erster Veranstalter eine Zulassung für Digitalradio über DAB+. Für sie geht die Entwicklung für DAB+ in NRW viel zu langsam. In einer ausführlichen Presseaussendung wirft der Lizenzinhaber der LfM eine absichtliche Verzögerungstaktik vor, denn die Ergebnisse der Studie hätten bereits im April 2018 vorgelegen. Das geplante Ballungsraum-Radio via DAB+ von MEHR! Radio würde blockiert, weil dann eine landesweite Lösung für die bestehenden NRW-Lokalradios nicht mehr möglich wäre.

Die Pressemeldung von MEHR! Radio im Wortlaut:


Digitale Radiotechnik kommt in NRW nicht voran +++ Landesanstalt für Medien NRW (LfM) lässt Ballungsraumradios noch nicht starten +++ NRW riskiert Frequenzen

Mehr Radio bigDas Düsseldorfer DAB+-Ballungsraumprojekt MEHR! Radio könnte starten. Die Lizenz liegt vor und genug Frequenzen sind da. Darum hat MEHR! Radio die LfM aufgefordert, sich von der Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Frequenz geben zu lassen. Das dauert in der Regel nur wenige Wochen. Aber seit einem halben Jahr weigert sich die LfM, das zu tun, und hat es vorerst auch nicht vor, wie sie mitteilte.

Das ist eine Missachtung des einstimmigen Mandats der Medienkommission für MEHR! Radio.

 Bei einer vorzeitigen Ausschreibung für ein Ballungsraumradio befürchtet die LfM, dass der ebenfalls geplante landesweite Privatradio-Multiplex „für weitere Plattformbetreiber und Inhalteanbieter erheblich an Attraktivität verlieren könnte.“ So begründet die LfM ihre Entscheidung, nicht eher ein Ballungsraumradio auszuschreiben, bevor das Gesamtkonzept für alle DAB+ Angebote in NRW steht. Außerdem glaubt die LfM, dass ansonsten der Lokalfunk schlechtere Möglichkeiten hätte, NRW-weit auf DAB+ zu senden. Dabei hat die LfM nach eigenen Angaben auch wirtschaftliche Aspekte im Auge.

Grundrechte verletzt

Richard Zyla (Bild: MEHR! Radio)
Richard Zyla (Bild: MEHR! Radio)

„Diese Entscheidung aufgrund von reinen Prognosen und Vermutungen steht der LfM nicht zu“, sagt Richard Zyla, Geschäftsführer von MEHR! Radio. „Wir sehen unseren chancengleichen Zugang verletzt und unser Grundrecht auf Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz eingeschränkt“, so Zyla weiter.

Es ist nicht Aufgabe einer Medienbehörde, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf bestehende Anbieter zu berücksichtigen. Dies urteilte schon das Sächsische Oberverwaltungsgericht 2006 in einem ähnlichen Fall. Außerdem müssen Bewertungen der Behörde erkenntnisgestützt sein und dürfen nicht auf Prognosen beruhen.

Medienregulierung im Konjunktiv

Nach den Plänen der LfM würde nach der Sommerpause gerade mal der Grundstein für ein Konzept 2022 vorliegen. Später könnten Gespräche mit allen Beteiligten folgen. Und auch danach weiß die LfM offenbar nicht, wie es genau weitergeht. Dazu heißt es von der Medienanstalt: „Die Ergebnisse […] könnten dann in einem Antrag auf Zuordnung […] münden“.

Auch liegt der LfM das Gutachten der Beratungsfirma Goldmedia bereits seit April vor. Dieses hatte die LfM als Entscheidungshilfe für die Digitalisierung des Hörfunks in Auftrag gegeben. Veröffentlicht ist es allerdings immer noch nicht. Die LfM will es erst noch kommentieren. „Wozu?“, fragt Richard Zyla. „Spricht das Gutachten nicht für sich, so dass es noch einer Ergänzung bedarf?“

Schneckentempo ist ein Spiel mit dem Feuer

Radiovielfalt und Digitalisierung lassen also in NRW weiter auf sich warten. Und das, obwohl viele Anbieter wie beispielsweise lulu.fm aus Köln in den Startlöchern stehen. Während andere Bundesländer und Staaten immer mehr Frequenzen für sich beanspruchen, geht es im größten Bundesland nur in Zeitlupe voran. Das ist hochriskant. Es besteht die Gefahr, dass für NRW nur Frequenzreste übrigbleiben. Damit gingen wertvolle Ressourcen für immer verloren, die den Menschen in Nordrhein-Westfalen gehören. Was jetzt (nicht) passiert, verhindert engagierte Startups, viele neue spannende Radiosender und Investitionen.

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