An einer Stelle während meiner Präsentationen zeige ich manchmal, wie die Leute Radio hören. Wenn ich die Zahlen für Großbritannien oder Australien präsentiere, sage ich normalerweise „Die meisten Radiohörer nutzen Mittelwelle oder UKW, richtig? Was meinen Sie, wird in Zukunft am meisten gehört, Radio über das Fernsehgerät, Radio via DAB … oder via Internet?“
Ich fordere die Leute auf, durch Handzeichen abzustimmen. Das Ergebnis ist fast immer gleich: wenige übereifrige Personen heben die Hand für „Radio über das Fernsehgerät“, die anderen sehen sie erstaunt an. Ich gratuliere ihnen dafür, dass sie offensichtlich falsch liegen, aber danke für den Versuch. Dann gehen eine Menge von Händen für DAB+ nach oben. Überwältigend, obwohl auch Hände für das Internet nach oben gehen.
Und während 70% der Leute ihre Hände für das Internet in die Luft strecken, decke ich die tatsächlichen Zahlen auf. Damit will ich zeigen, dass der Internet -Anteil viel kleiner ist als sie denken. Genauer gesagt: ungefähr viermal niedriger als Hören via DAB+.
Wir – die wir beim Radio arbeiten – sind keine Normalos. Wir konsumieren Medien auf sehr unterschiedliche Weise. Gut also, wenn wir gelegentlich daran erinnert werden.
Die Daten werden hier durch einen Vergleich des Podcast-Konsums klarer: Auf der einen Seite die reinen Podcast-Hörer, auf der anderen die Leute, die sie auch produzieren. Leute, die selber Podcasts machen, hören demnach weniger Podcasts als gewöhnliche Hörer. Sie abonnieren und hören sie seltener. Wenn, dann hören sie sie auch eher auf einem iPhone als mittels Android.
Natürlich kennen wir alle auch RadiomoderatorInnen, die einen neuen Song satt haben bevor das Publikum ihn überhaupt mitsummen kann.
Es stellt sich heraus, dass unser Bauchgefühl eine sehr gute Programmierhilfe ist; aber wir sollten besser lernen, was unsere Hörer tun und wie sie unsere Produkte konsumieren. Diese Daten enthalten gute Nachrichten und lassen uns wissen, wie und worin wir unsere Zeit investieren sollten.
Diese Woche bin ich auf einer Konferenz im schönen Nizza, bei der es um Rundfunkforschung geht. Ich bespreche internationale Radio-Trends und die Art und Weise, wie wir Radionutzung messen und verändern könnten. Dabei empfehle ich, drei Dinge in Betracht zu ziehen:
Erstens – mehr Redner für die Konferenz, denn es ist eine faszinierende Konferenz (immerhin bin ich durch die halbe Welt gereist, um hierher zu kommen), und es lohnt sich auf jeden Fall, hier Zeit zu verbringen.
Zweitens – mehr mit der Industrie zu sprechen. Es gibt eine Menge Unwissenheit über Hörerforschung – wie sie funktioniert und wie genau sie wirklich ist. Anstatt darauf zu warten, dass man mich fragt, schlage ich vor, dass die Industrie mit Radiomachern diskutiert – aber nicht nur mit den Führungsteams.
Drittens – bessere Internetauftritte zu gestalten (oder das zumindest in neue Verträge einzubauen). Es ist kein Wunder, dass ich so oft britische und australische Persönlichkeiten zitiere – denn sie haben gute Arbeit geleistet und machen diese in verschiedenen Formaten auf deutlichen Webseiten öffentlich zugänglich. In vielen anderen Ländern ist das nicht der Fall. Radio hat eine gute Geschichte, und sie verdient es, gut erzählt zu werden.
Wenn Sie das nächste Mal Ihre Hörerforscher treffen, bitten Sie sie, Ihnen etwas wirklich Neues zu erzählen. Sie könnten überrascht sein über die Resonanz.
Der Radio-Futurologe James Cridland, spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land. Kontakt: james@crid.land oder @jamescridland.