Radio Melange: I believe I can fly

Radio MelangeDer Traum vom eigenen Radio hat keine 90 Tage gedauert. Jetzt ist Markus Grabenwarter nicht mehr Intendant, sondern pleite. Über 190.000 € an Verbindlichkeiten haben sich nach nur 3 Monaten Sendebetrieb angesammelt. Die Überschuldung liegt bei knapp 100.000 €. Radio Melange ist Geschichte. War es das wert?

Okay, Markus Grabenwarter war Österreichs einziger Privatradio-Intendant. Dass sein Imperium aus einem 20 Watt-Sender bestanden hat, relativiert und erklärt die Sache gleichermaßen.

Es braucht schon eine gehörige Portion an Geltungsdrang, um sich zum Intendanten eines Grazer Ausbildungsradios zu ernennen. Bei Radio Melange haben sich überhaupt nur Häuptlinge und keine Indianer getummelt. Einen Reporterchef, einen Nachrichtenchef, einen Moderationschef, einen Flächenchef und sogar einen Regisseur „leistete“ sich der Sender, der von Rechts wegen keine Werbezeiten verkaufen durfte. Von so einer Führungsmannschaft kann selbst Krone Hit nur träumen.

Wie wollte Intendant Grabenwarter seinen Sender mit rund 20 Mitarbeitern finanzieren? Ein Ausbildungsradio lebt in der Regel von Förderungen und Kursgebühren. Radio Melange hat weder Förderungen bekommen, noch hat es Menschen ausgebildet, die dafür gezahlt hätten. Radio Melange hat vollkommen blauäugig und ohne Geld, dafür mit umso mehr Mitarbeitern losgelegt. Es gab offenbar keine verbindlichen Zusagen für Förderungen und auch kein schlüssiges Konzept, wie man ohne Förderungen den Sender über Wasser halten wollte.

Das wirft die Frage auf: Wie ist Radio Melange zu einer Lizenz gekommen? Schließlich muss der Antragsteller der Behörde glaubhaft machen, dass er über die nötigen finanziellen, fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen verfügt, um eine Radiosender zu betreiben. Nur wenn er das schafft, hat überhaupt eine Chance, eine Lizenz zu bekommen. Soweit die Theorie. Der Businessplan, den Herr Grabenwarter seinem Lizenzantrag beigelegt hat, ist sicher eine spannende Lektüre.

Ebenso spannend sind die Gründe, die laut Herrn Grabenwarter zum finanziellen Debakel geführt haben. So hätte bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung ein vollkommen ausgerüstetes Sendestudio vorhanden sein müssen. Das ist natürlich blanker Unsinn. Auch der Vorwurf an die KommAustria, sie hätte es „verabsäumt über die Erteilung einer Vollfrequenz zu entscheiden“ geht ins Leere und zeigt nur, dass Herr Grabenwarter das Ausbildungsradio in erster Linie als Vorstufe zu einem kommerziellen Sender gesehen hat. Eine Fehleinschätzung, es gibt nämlich keinen Automatismus, der dem Inhaber einer Ausbildungslizenz eine 10-Jahres Lizenz garantiert. Und selbst mit der begehrten Lizenz zum Werben, hätte Radio Melange seine 20 Mitarbeiter wohl kaum ernähren können.

Jetzt ist der Traum vorbei, die ORF-Intendanten sind wieder unter sich und die 106,4 MHz in Graz wieder zu haben.

Walter Leicher, radioszene.de

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