„You´re only as good as your latest book?“

Schaltreport_250Manchmal stelle ich mir vor, andere Menschen würden mit der gleichen Zahlenfixiertheit arbeiten wie Menschen beim Radio. Da würde sich John Grisham ein paar Zusatzverstrickungen ausdenken, um das „Time-Spend-Reading“ zu erhöhen, Jogi Löw sich über die 20prozentige Steigerung im internen DFB-Research freuen („Perception für spielfreudigstes Team wieder gestiegen! Ich hoffe, das wird beim nächsten Qualifikationsspiel auch abgebildet…“) oder mittelhessische Landwirte würden plötzlich beginnen, ihre Gemüsesorten zu clustern und potentielle Nettoreichweiten für Gurken- und Maisanbau errechnen.

Auch in der Argumentation gegenüber potentiellen und tatsächlichen Werbekunden wird von Radiomenschen meist nur mit Zahlen gearbeitet, oft sehr detailliert und manchmal irrelevant (die allseits beliebten Pressemitteilungen in MA-Zeiten sind ein Indiz von vielen). Es scheint fast so, dass sich Radios seiner Existenz immer wieder versichern und durch Zahlen belegen will.

Es ist eher selten beobachten, dass andere (ebenso marketinglastige) Branchen eine ähnliche Zahlenfixiertheit in der Argumentation nach außen an den Tag legten – wenn neue Markenprodukte gelauncht werden, dann meist mit nutzerorientierten Versprechen für die Zukunft. Wenn der neue Ipod kommt, die neue Playstation in den Startlöchern steht oder Microsoft Vista am Horizont erscheint, geht es selten um Details, sondern um Visionen und Versprechen (die meist auch eingehalten werden).

Natürlich liegt der Unterschied zwischen einem Ipod und einem Radio vor allem darin, dass Radio seit seiner Erfindung Anfang des vorigen Jahrhunderts ein wenig Staub angesammelt hat und ohne Weiterentwicklung auch nur schwer als hippes neues Produkt zu verkaufen ist.

Dennoch scheint genau das in Ansätzen im angloamerikanischen Raum wieder einmal zu funktionieren – und der Treiber ist die Digitalisierung: Durch Satellitenradio, HD-Radio, DAB, Kabel- und Online-Radios und die Tatsache, dass digitales Radio modern und nutzerorientiert vermarktet wird, führt dazu, dass Radio wieder cool sein darf und etwas Neues vorzuweisen hat.

Dies könnte auch im deutschsprachigen Raum eine echte Chance sein – wenn nutzererorientiert gedacht wird und es wirklich um die Weiterentwicklung und Etablierung bestehender und neuer Medienmarken geht.

Wenn man sich die derzeitigen Digitalisierungsdebatten um Übertragungsstandards, Komprimierungsraten und Signalstärke vor Augen führt, beschleicht einen manchmal jedoch der Eindruck, dass man wieder einmal bei Zahlen und Details hängen bleibt.

Links:

Darstellung von Digitalradio in den USA:
„HD Digital Radio. It’s here. It’s local. It’s free.“

Darstellung von Digitalradio in Deutschland:
„Digital Radio – der neue Hörfunkstandard“

Would You Buy the Future of Radio From This Man?

Beyond AM. Beyond FM. XM

See Your Brand Vision?

SIRIUS Satellite Radio – The Best Radio On Radio

Who Is Broadcasting the Revolution?


Christian Schalt06 110

Christian Schalt

(Programmdirektor KISS FM Berlin)

Kontakt: http://www.xing.com/hp/Christian_Schalt