Neulich habe ich mir mal eine TV-Show on demand angesehen. Es war eine ziemlich unangenehme Erfahrung.
Bevor die Show begann gab es einen Spot, der die Apple TV-App bewerben sollte. Da ich das Ganze ohnehin auf einem Smart-TV verfolgte, schien der Zweck fraglich, mir etwas zu verkaufen, was ich nicht brauchte.
In der ersten Werbepause – die vier Sekunden nach Beginn des zweiten Teils des Programms startete – sah ich Werbung für die Apple TV-App. Es war die gleiche, die ich zu Beginn der Show gesehen hatte. Danach brachten sie sie erneut! Die zweite Werbepause kam mir unheimlich vertraut vor. Sie begann mit derselben Anzeige für die Apple TV-App: widerlich glückliche Leute in heller Baumwollkleidung an sonnenverwöhnten Stränden. Dann durfte ich eine Wiederholung des Spots genießen – der fünfte in weniger als zwanzig Minuten.
Die dritte Werbepause begann mit einem Werbespot für – warten Sie – eine Website! Ja! Wie haben wir gejubelt! Gefolgt von … naja, dem Spot mit glücklichen baumwollbekleideten Menschen an irgendwelchen Stränden, die mir die Apple TV-App andrehen wollten. Eine Sache, die ich absolut nicht benötigte, weil ich dieses Programm sowieso auf einer angeschlossenen TV-App verfolgte.
Ich bin Futurologe, also habe ich die Folgen solcher Erlebnisse bisher sorgfältig untersucht. Meiner fachmännischen Meinung nach hätte ich bei weiterem Zusehen die vierte Werbepause in dieser Show mit mindestens einem und möglicherweise zwei Werbespots für diese Apple TV-App zu erwarten gehabt – mit in Baumwolle gekleideten und sonnengebräunten Menschen, die sich wahnsinnig glücklich an irgendeinem Strand befinden.
Ich bat um eine zweite Meinung meiner Partnerin, die neben mir saß. Auch sie hatte die gleiche Werbung sechs Mal genossen und benötigte genauso wenig wie ich eine AppleTV-App. Normalerweise plant sie Promo-Spots einer Radiostation mit 75 Millionen Zuhörern. Ihre Augen verengten sich. Angesichts drohender und deprimierender Unvermeidlichkeiten habe ich das verdammte Ding einfach ausgeschaltet. Stattdessen wandten wir uns unserer Tasse Tee zu.
Es mag amüsant scheinen – aber Radio leidet oft unter dem gleichen Problem.
Letzte Woche postete Sean Ross etwas zum Spot „Alexa, spiel mir einige Werbespots“ – und hob dabei eine US-Station hervor, auf der er hörte, dass der gleiche (düstere) Public Service-Promo zweimal in einem überaus langen Werbeblock lief und ein Kommentar eines Hörers bemängelte, Online-Streaming heiße für ihn ‚konstant abgeschnittene Musik vor und nach den Werbeblöcken sowie miese Spots und Füller‘.
Vor ein paar Wochen klagte ein Hörer des Absolute Radio-Streams in Großbritannien über schlecht aufgeteilte Split-Werbung und zu viel Wiederholung bei den Füller-Spots.
Meine Erfahrungen mit personalisierter Werbung sind ebenso bescheiden. Nach dem Login in meinen Onlinedienst werde ich jetzt von Werbung für eben diesen Dienst im gesamten Internet verfolgt – nur weil ich deren Webseite mal besucht habe. Das System ist nicht schlau genug, die Anzeigen zu entfernen, nachdem ich tatsächlich gezeigt habe, dass ich bereits ihr Kunde bin.
Mittlerweile sorgt eine Kundenkarte einer der größten Apotheken Großbritanniens – von der ich nur Deodorant und Rasierklingen gekauft habe – dafür, dass ich Angebote für Lippenstifte und Strumpfhosen hinnehmen muss.
Eigentlich ist es kein technologisches Problem. Es sind die Leute, die diese Dinge planen, weil sie deren Ausstrahlung nicht überwachen oder ihnen die richtige Regulierung egal ist. Technologie ist durchaus fähig, eine anständige Verteilung und rechtzeitiges Abschalten solcher Spots zu gewährleisten.
Also, wann beheben wir (und ich meine „die gesamte Werbebranche“, obwohl wir uns hier nur auf Radio konzentrieren können) das Problem?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere Konkurrenten – die Werbung nicht 12 Minuten pro Stunde abspielen – diese Probleme nicht haben. Und wenn Alexa und Streaming Retter des Radios sein wollen: Was hält unser Publikum vom Wechsel zu einer anderen Station ab, wo man sich wirklich darum kümmert, was in der Werbepause passiert – genauso wie um das passende nächste Lied?
Der “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.