Interview mit Rik DeLisle: Senden mit 60

10 Fragen an den „Alten Ami“ Rik DeLisle

Rik DeLisleAb heute, Montag den 19.03.07, sitzt ein Urgestein des Radios wieder vor dem Mikrofon: Rik DeLisle. Mit seinen inzwischen 60 Jahren moderiert er jeden Tag die Nachmittagsschiene von 14-18 Uhr bei R.SA in Sachsen.

RADIOSZENE: Rik, warum hast Du Dich entschlossen, mit 60 Jahren noch zu moderieren?

Rik DeLisle: Erstens, weil Uwe Fischer mich gefragt hat, ob ich Lust hätte, Uwe ist ein Profi und hat sich was dabei gedacht. Und zweitens bin ich ein Riesen-Fan von Böttcher und Fischer. Beim gleichen Sender zu arbeiten wie die beiden, das ist eine coole Sache. Was mich aber letztendlich wirklich dazu bewegt hat, ist: „Einmal Rampensau, immer Rampensau“!

RADIOSZENE: Wie ist das Durchschnittsalter der Hörer bei R.SA? Ist die optimale Ansprache der Zielgruppe nicht auch abhängig vom eigenen Alter?

Rik DeLisle: Und das ist, was ich auch noch am Beruf „DJ“ liebe. In diesem Fall, als DJ, brauche ich mir über solche Dinge, keinen Kopf zu machen. Das sind STRATEGISCHE Gedanken, die mich bei R.SA als DJ nichts angehen. Ein DJ hat aus meiner Sicht die TAKTISCHE Aufgabe, alles optimal on air zu präsentieren. In diesem Fall überlasse ich die Strategie gern jemandem anders.

RADIOSZENE: Könntest/Würdest Du auch für einen Jugendsender noch Radio machen?

Rik DeLisle: Das wäre, denke ich, vom Format abhängig. Bei einem CHR-Sender wäre das in der Tat für den Hörer problematisch. Aber, bei einer Nische, sagen wir mal New Rock, könnte ich mir vorstellen, dass der Hörer so etwas annehmen könnte. Aber man weiß es erst, wenn man es versucht.

Wo alles begann: AFRTS Thailand
Wo alles begann: AFRTS Thailand

Rik DeLisle: RADIOSZENE: Darfst Du Musik selbst aussuchen oder musst Du Dich 100%ig an die Playlist halten?

Ich dürfte schon. Ob ich das mache, ist eine ganz andere Frage. Mein Job, ob als „Alter Ami“ oder sonst noch jemand als DJ, ist es den Sender on air zu vertreten und zu verkaufen. Das mache ich zwischen der Musik. Es gibt eine Handvoll Menschen, die sich Jahre lang im Radio gehalten haben wegen der Musik, die sie gespielt haben: John Peel, zum Beispiel. John war aber kein DJ, er war ein Musikmensch. Das ist ein ganz anderer Beruf, als den ich meine. Ich versuche eine Bindung aufzubauen zwischen mir und meinen Hörern. Das passiert über meine Person und nicht über meinen Musikgeschmack.

Rik signiert zur Eröffnung einer Ausstellung in Berlin ein rs2-Foto, unten rechts ist er zu sehen, als er noch beim AFN/AFRTS war.
Rik signiert zur Eröffnung einer Ausstellung in Berlin ein rs2-Foto, unten rechts ist er zu sehen, als er noch beim AFN/AFRTS war.

RADIOSZENE: Die FM4-Chefin Monika Eigensperger sagte im österreichischen Magazin TV-Media kürzlich über die eigenen Morgenshow-Moderatoren: „Radiolegenden werden mit dem Alter immer besser“. Siehst Du das auch so? Gibt es vielleicht zu wenig guten Nachwuchs, die das Zeug dazu haben, eine Radiolegende zu werden?

Rik DeLisle: Gut ist gut. Und ich glaube nicht, dass das vom Alter abhängig ist. Was Nachwuchs angeht: es gibt viele Leute die das „Zeug“ haben eine „Radiolegende“ zu werden. Leider arbeiten zu wenig davon in Deutschland im Radio.

RADIOSZENE: Kann man in der heutigen Radiolandschaft überhaupt noch eine Radiolegende werden? Welchen Tipp kannst Du dafür geben?

Rik DeLisle: Um „Legende“ zu werden, muss du hauptsächlich Glück haben: „Right place, right time“. Das kann man nicht steuern. Aber ich finde auch, „Legende“ zu werden, ist kein Ziel, sondern eher, der beste DJ zu sein. Das ist schon mal was. Wenn Du das bist, oder daraufhin arbeitest, dann bist Du bestens aufgestellt, falls der „right place, right time“ auf Dich zukommt.

RADIOSZENE: Rik, Du bist über 40 Jahren im Radiogeschäft. Welche gravierenden Unterschiede im deutschen Radio fallen Dir rückblickend besonders auf?

Rik DeLisle: Ich durfte früher im Studio rauchen! Und das deutsche Radio ist professioneller geworden. Dafür sind ein paar Ecken und Kanten verloren gegangen. Das wird sich erst dann ändern, wenn ein paar „eckige Menschen“ sich nach oben arbeiten.

Die 70er: Rik DeLisle (rechts) im Interview mit Dr. Hook
Die 70er: Rik DeLisle (rechts) im Interview mit Dr. Hook

RADIOSZENE: Hättest Du in Deiner Radiokarriere gerne irgendetwas anders gemacht?

Rik DeLisle: Einmal, als Ich noch jung war, wäre ich beinah Sheriff geworden in Floresville, Texas. Das war 1968. Ich sollte 100 Dollar pro Monat bekommen, mietfrei wohnen und ein geiles Sheriff-Auto dazu. Ich hätte es fast gemacht.

RADIOSZENE: Würdest Du jungen Leuten heute noch empfehlen, eine Radiokarriere zu beginnen?

Rik DeLisle: Yes! Unbedingt.

RADIOSZENE: Wohin entwickelt sich das Radio Deiner Meinung nach in den nächsten 10 Jahren? Willst Du auch mit 70 noch vor dem Mikro sitzen?

Rik DeLisle: J.B., die Frage muss man umdrehen. Immer zuerst an den Hörer denken. Also, will jemand mich mit 70 noch hören?

rikdelisle_rs2Über Rik DeLisle

Rik verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung beim Radio. Er begann seine Radiokarriere 1968 bei KTFM in San Antonio, Texas. Ende der 60-iger, Anfang der 70-iger Jahre arbeitete er als DJ, Musikdirektor und schließlich als Nachrichtendirektor bei verschiedenen AFN-Stationen in Süd-Ost-Asien, Portugal und Westdeutschland. 1977 wurde er als „EuropeanPresenter of the Year“ geehrt.

1984 ging er als Gründungs-Musikchef und Morgen-Moderator zum RIAS. Der Sender, inzwischen eine Legende in Deutschland, erhöhte seinen Marktanteil in den ersten 90 Tagen von 0 auf 30 Prozent.

Nachdem er 1993 zum Programmdirektor von r.s.2 ernannt wurde, erhöhten stieg der Sender bei den 30 bis 39 Jahre alten Zuhörern vom fünften auf den ersten Platz.

Seit 1997 arbeitet er für das Bureau Europe der Consultingfirma Alan Burns and Associates. Zu ihren Kunden gehören unter anderem KISS FM Berlin und delta radio.

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