Willi Steul: 5-Punkte Forderungskatalog für DAB+

Foto: Deutschlandradio / Montage RADIOSZENE

Dr. Willi Steul fordert Medienpolitik auf, Umstieg auf DAB+ in Deutschland zu forcieren

Am 11. Januar gehen in Norwegen die ersten UKW-Sender vom Netz. Bis Dezember 2017 werden nach und nach alle UKW-Sender zugunsten von DAB+ abgeschaltet. Norwegen ist damit das erste Land, das die in zahlreichen europäischen Ländern entwickelte Radiodigitalisierungsagenda umsetzt. Deutschlandradio-Intendant Dr. Willi Steul appelliert mit einem 5-Punkte-Forderungskatalog an die Medienpolitik in Bund und Ländern, die in der Bundesrepublik noch bestehenden Hürden beim Umstieg auf DAB+ jetzt abzubauen.

Dr. Willi Steul (Bild: ©Deutschlandradio / Bettina Fürst-Fastré)
Dr. Willi Steul (Bild: ©Deutschlandradio / Bettina Fürst-Fastré)

Deutschland dürfe nicht länger analoge Insel in einer digitalen Radiowelt sein, so Steul: „In Norwegen haben sich alle Beteiligten auf den einzig volkswirtschaftlich und technologisch sinnvollen Weg gemacht. Andere Länder folgen und haben Fahrpläne für die Umstellung vorgelegt. Die DAB+-Infrastruktur in Deutschland hat mittlerweile einen Stand erreicht, der es auch hier ermöglicht, Nägel mit Köpfen zu machen.“ Er unterstreicht: „Das Sendernetz zur Verbreitung des nationalen Digitalradio-Multiplexes nähert sich der Vollversorgung. Es liegt jetzt an der Politik in Bund und Ländern, die Regularien für den Umstieg festzuschreiben und damit Sicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher und alle Marktakteure zu schaffen.“

So sei die Politik gefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Umgang mit freien oder frei werdenden UKW-Frequenzen sowie bei der Verlängerung von UKW-Lizenzen zu prüfen. Bund und Länder müssten bei der Erarbeitung von Eckpunkten stärker kooperieren. Zudem gelte es, kommerziellen Hörfunkanbietern, die zur Finanzierung der zeitweiligen Parallelverbreitung von UKW und DAB+ (Simulcast) notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Hierfür sei ein Digitalisierungsfonds von Bund und Ländern denkbar, etwa durch Erlöse aus der Digitalen Dividende II, einer technischen Infrastrukturförderung durch die Medienanstalten oder besondere Preismodelle der Netzbetreiber. Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Gerätehersteller verpflichtet werden, alle Radiogeräte zukünftig mit DAB+-Empfangsmöglichkeit auszustatten, damit in Zukunft unnötige Doppelkäufe vermieden werden könnten.

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Punkt 1: Vor dem Hintergrund des Starts von DVB-T2 HD kann es nicht sein, dass Radio weiter die analoge Insel im Meer der digitalen Angebote bleibt

Das digital-terrestrische Fernsehen startet im Frühjahr in die zweite Generation. Ab März 2017 wird digitales Antennenfernsehen über den neuen Standard DVB-T2 ausgestrahlt. Schon am 30. Juni 2009 ist die letzte verbliebene öffentlich-rechtliche Sendeanlage in Deutschland vom Analogbetrieb auf DVB-T umgestellt worden. Das Medium Radio muss, um zukunftsfähig zu bleiben und den gewachsenen Ansprüchen der Hörerinnen und Hörer zu entsprechen, so schnell wie möglich von der analogen in die digitale Welt überführt werden.

Digitalradio DAB+ bietet einen rauschfreien Klang, ist moderner, effektiver und persönlicher. Es ermöglicht bei den bundesweiten Programmen erstmals unterbrechungsfreies Hören in ganz Deutschland. Es liefert mehr Vielfalt auf ausreichend freien Kapazitäten zu weit günstigeren Verbreitungskosten.

Vor diesem Hintergrund ist die Politik gefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Umgang mit freien oder frei werdenden UKW-Frequenzen sowie bei der Verlängerung von UKW-Lizenzen zu prüfen.

Punkt 2: Die Zukunft des Hörfunks liegt nicht nur im Internet

Das Internet bietet zwar viele ergänzende Features für den Hörfunk, vom Rückkanal bei interaktiven Anwendungen bis hin zu ergänzenden Audio-Streams. IP kann dennoch nicht die alleinige Zukunft des Hörfunks sein. IP ist von Telekommunikationsunternehmen abhängig. Es sorgt für zusätzliche Kosten bei Hörern und Programmanbietern sowie für technische Probleme, vor allem beim Radiohören über Mobilfunk. In der digitalen Welt braucht Radio weiter einen eigenen Ausspielweg. Dieser existiert mit DAB+.

Punkt 3: Eine DAB+ Roadmap kann nur mit verstärkter Kooperation von Bund und Ländern zum Ziel führen

Marktbeteiligte beim Digitalradio DAB+ haben sich in einer Koalition zusammengeschlossen, um in einer Roadmap den gemeinsamen Weg zum Rundfunkstandard DAB+ zu beschreiben. Für den regulatorischen Rahmen benötigen alle aber auch die Unterstützung der Politik. Bund und Länder müssen 2017 verstärkt zusammenarbeiten, damit nach der erfolgreichen Einführungsphase nun auch die Eckpunkte für eine Migration von UKW hin zum Standard DAB+ festgelegt werden können. Die Zeit hierfür drängt, unter anderem auch, weil die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) erwartet, dass mit den Anmeldungen von ARD und Deutschlandradio zum 22. Bericht im Frühjahr 2019 mehrere Meilensteine bei DAB+ erreicht worden sind: Unter anderem, dass Bund und Länder eine Entscheidung über ein Konzept zur Abschaltung von UKW getroffen haben.

Punkt 4: Privatradios brauchen Fördermittel für den Simulcast

Kommerzielle Hörfunkanbieter benötigen zur Finanzierung eines Simulcasts von UKW und DAB+ finanzielle Mittel. Nur der Freistaat Bayern hat bisher ein Konzept zur Förderung der privaten Sender erarbeitet, um die Migration von UKW zu DAB+ voran zu treiben. Eine Förderung der Verbreitungs­kosten der privaten Sender wäre durch einen Digitalisierungsfonds von Bund und Ländern, etwa durch Erlöse aus der Digitalen Dividende II, einer technischen Infra­struktur­förderung durch die Medienanstalten oder besondere Preismodelle der Netzbetreiber möglich. Ähnliche Maßnahmen gab es bei der Digitalisierung der unterschiedlichen Verbreitungswege beim Fernsehen. Radio darf hier nicht benachteiligt werden.

Punkt 5: Digitalradio DAB+ gehört als Standard in Fahrzeuge

Ohne DAB+ Radio sind Neufahrzeuge in Deutschland nicht zukunftssicher, blickt man auch auf die Digitalisierung des Hörfunks im Ausland. Derzeit sind erst 14% der Fahrzeugmodelle serienmäßig mit DAB+ Empfang ausgestattet. Ein DAB+ Chip kostet im Schnitt 7 Euro, dazu kommt noch der Preis der Antenne. Vor diesem Hintergrund ist es einfach unverständlich, wenn Autobauer mehrere hundert Euro Aufpreis für den digitalen Radioempfang als Sonderausstattung verlangen. Solche Preismodelle blockieren eine schnellere Marktdurchdringung mit DAB+. Auch in diesem Punkt sind regulatorische Rahmenbedingungen im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher wünschenswert. So setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur TKG-Novelle eine Verpflichtung für Gerätehersteller aufgenommen werden soll, zukünftig alle neuen Radiogeräte auch mit DAB+ Empfangsmöglichkeit auszustatten (sog. Interoperabilitätsverpflichtung). Mit dieser Multinormchip-Initiative, die z.B. auch vom CDU Netzwerk Medien und Regulierung getragen wird, könnte der Gesetzgeber im Interesse aller Beteiligten einen maßgeblichen Beitrag zur Beschleunigung der Digitalisierung des Hörfunks und damit auch zu einer langfristigen Senkung der Verbreitungskosten leisten.

Quelle: Digitalradio Büro Deutschland

 

Das Digitalradio Büro Deutschland mit Sitz in Berlin ist eine Gemeinschaftsinitiative von ARD, Deutschlandradio, privaten Radioveranstaltern, Geräteherstellern und Netzbetreibern, die sich zum Ziel gesetzt haben, Digitalradio DAB+ in Deutschland zu etablieren. Das Digitalradio Büro informiert die Öffentlichkeit über die Möglichkeiten und die Einführung von Digitalradio in Deutschland. Weitere Informationen unter: digitalradio.de