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Objektbasierter Rundfunk – ist das die Zukunft?

James Cridland's Radio Futrure

Vor einigen Monaten, Ende April dieses Jahres, spielte ich Flanierraupe in Las Vegas und sah etwas ganz Besonderes: Dan McQuillin von Broadcast Bionics zeigte zwei nette Dinge, und Kirk Harnack von Telos sorgte dafür, dass beide in einem YouTube-Video gezeigt werden. Wenn ein Artikel es jemals wert war, das Lesen zu unterbrechen und umgehend ein Video anzusehen – jetzt ist der Moment gekommen! Machen Sie das jetzt mal!

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OK, haben Sie nicht gemacht. Also kommen wir zu dem, was Sie verpasst haben. Ein kluges System, mit dem Sie Audio und Video auf der Basis von Sprachausgabe bearbeiten können. Möchten Sie einen Satz bearbeiten? Markieren Sie den Satz – genau wie in einem Textverarbeitungsprogramm – und klicken Sie auf löschen. Schwupp – ist er aus dem Video verschwunden. Es ist wahrscheinlich nützlicher als ein Tool, um große Video-Stücke Ihrer Radio-Show zu extrahieren und diese online zu stellen. Lassen Sie jederzeit Kameras laufen und greifen Sie dann einfach den Abschnitt heraus, den Sie veröffentlichen möchten. Sofort ist er da.

Feine Sache – aber nicht die Hauptsache. Die steckt hinter dem etwas plump aussehenden Ding, das im Video folgt: Objektbasierte Bearbeitung. Die Theorie hinter objektbasierter Bearbeitung gründet sich auf der Einfachheit und Leichtigkeit, Audio aufzunehmen. Als ich im Radio anfing, hätte man etwas live abgemischt und auf Viertelzoll-Band aufgenommen. Das war alles, was zu beachten war – die fertig abgemischte Ausgabe von dem, an dem Sie gearbeitet haben.

Dan McQuillin auf der Next Radio Conference (Copyright: Next Conferences)
Dan McQuillin auf der Next Radio Conference (Bild: ©Next Conferences)

Inzwischen können natürlich alle möglichen Geräte HQ-Audio aufnehmen. Anstatt nur die aus Ihrem Mischpult kommende Aufnahme aufzunehmen – warum nicht alles aufnehmen, auf jedem Kanal? Nehmen Sie dann auch die Position der Fader auf? Ganz plötzlich haben Sie etwas viel Interessanteres als die endgültige Mischung – Sie haben alle Komponenten aufgenommen. Und anders als zu alten Zeiten wäre kein massiver Multi-Track-Recorder dazu vonnöten. Eine objektbasierte Bearbeitung kann also dazu führen, dass Sie schnell und einfach eine Live-Radiosendung aufpeppen können. War die Musik zu laut im Rahmen eines Interviews? Das Audio ist nicht verloren – ziehen Sie einfach nachträglich den Fader ein wenig runter. Oder, wie ich in der Mitte dieser Sendung des BBC World Service sage, die alles erklärt (hören Sie ab der 16. Minute): Sie könnten eine Morgenshow mit Rockmusik senden, dann bearbeiten und die Musik vielleicht durch Reggae ersetzen.

Die Idee hinter objektbasiertem Rundfunk ist, alle diese Informationen senden zu können und die Zielgruppe die endgültige Bearbeitung auf ihren eigenen Geräten machen zu lassen. Das mag wie eine lächerlich dumme Idee klingen, bis Sie feststellen, dass Sie eine persönliche Version einer Show für alle machen könnten: ihre Lieblingsmusik, Wetter oder Verkehrshinweise für ihren Vorort und eben nicht fürs ganze Sendegebiet; mehr von dem, was die Zielgruppe will und weniger von dem, was sie nicht will.

Ich zweifle immer noch ein wenig daran, dass lineares Live-Radio eine gute Sache auf einem Handy ist. Radio ohne Skip-Taste bleibt ein zweitbester Service – wie Spotify oder NPR One. Aber mit objektbasiertem Rundfunk ist alles möglich.

Wer geht’s an?

 

james-cridlandDer „Radio-Futurologe“ James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosender immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.

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