Gesamter Online-Audio-Markt weiter im Aufwind

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Einmal jährlich ortet die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) die Situation des Online-Radios in Deutschland. Wie im vergangenen Jahr gewinnt die digitale Verbreitung im Internet weiter an Boden. Zu allgemeinen Entwicklungen im nationalen Markt der Webradios sprach RADIOSZENE-Redakteur Michael Schmich mit Stefan Sutor, Referent für Strategie und Digitaler Entwicklung bei der BLM.

 

RADIOSZENE:  Welche Ziele verfolgt der Webradiomonitor?

Stefan Sutor (Bild: ©BLM)
Stefan Sutor (Bild: ©BLM)

Stefan Sutor: Der Webradiomonitor ist eine umfassende Studie über den Online-Audio-Markt in Deutschland. Online-Audio umfasst hier alle Webradios, Musik-Streaming-Plattformen, User generated Radios und Radio-Aggregatoren aber keine reinen Musik-Downloadshops. Ziel der Studie ist es, einen Marktüberblick zu geben und Trends und Potenziale für Deutschland darzustellen. Im Grunde sind wir schon seit 2009 auf der Spur des sich verändernden Nutzungsverhaltens und stellen seitdem dar, wie viele und welche Audio-Online-Angebote im Markt sind. Die Studie wird von Goldmedia im Auftrag von BLM, dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und seit diesem Jahr auch vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) durchgeführt. Das macht deutlich, dass hinter dem Webradiomonitor die gesamte Radio- und Audio-Onlinebranche steht.

RADIOSZENE: In diesem Jahr haben sich offenbar Methode und Umfang der Untersuchung entscheidend weiter entwickelt. Was genau wurde verändert?  

Stefan Sutor: Der Webradiomonitor war bislang vor allem eine Befragung aller Online-Audio-Anbieter. In diesem Jahr konnten wir erstmals eine Nutzerbefragung ergänzen. Wir befragten über 1000 Online-Audionutzer zwischen 14- und 69 Jahren zu ihren Präferenzen, Gründen und Motiven, um so die Marktentwicklung in den Aussagen der Nutzer zu spiegeln: Wir können dadurch darstellen, ob sich der Markt nach den Bedürfnissen der Nutzer entwickelt – und da sind natürlich spannende Erkenntnisse dabei.

RADIOSZENE: Welches sind die Kernaussagen der diesjährigen Ausgabe?  

Stefan Sutor: Im Kern kann man feststellen, dass der gesamte Online-Audio-Markt weiter im Aufwind ist. Die Zahl der Angebote wächst: Wir haben jetzt über 10.000 Online-Audio-Streams im Markt, davon 2.453 Webradios und 7.686 kuratierte Playlists. Die Nutzung dieser Angebote wächst ebenfalls stark: Vor allem Live-Radio und Musik-Streaming wird von rund 45 % der Online-Audio-Hörer mehrmals die Woche genutzt. Wesentlicher Treiber des Wachstums ist die mobile Nutzung. Bis 2018 könnte schon fast die Hälfte der Abrufe von mobilen Geräten erfolgen. Erfreulicherweise wachsen auch die Online-Audio-Werbeumsätze: Die könnten bis 2018 netto auf rund 39 Mio. Euro wachsen.

Webradiomonitor-2016: Nutzung von Online-Audio-Angeboten (Grafik: ©Webradiomonitor)
Webradiomonitor-2016: Nutzung von Online-Audio-Angeboten (Grafik: ©Webradiomonitor)

RADIOSZENE: Die Zahl der reinen Webradios ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Was sind die Gründe hierfür?

Stefan Sutor: Na ja – das Absinken scheint in diesem Jahr gestoppt, zumindest ist die Zahl stabil. In den vergangenen Jahren war die Substitution von Webradios durch kuratierte Playlists und User generated Radios wesentlich stärker. Ich würde sagen das nennt man Konsolidierung: Professionalisierung auf der einen Seite und das Verschwinden von Angeboten, die sich nicht durchsetzen konnten. Es bleibt trotz der positiven Gesamtstimmung für kleine Hobby-Angebote teilweise mühsam, Reichweite aufzubauen.

RADIOSZENE: Gibt es Erkenntnisse über die inhaltliche Struktur der Webradios, welche Formate sind besonders stark vertreten?

Stefan Sutor: Der Webradiomonitor zur dmexco ist eine Teilveröffentlichung der Ergebnisse mit Schwerpunkt Werbung. Zu den Formaten können wir bei den Medientagen im Oktober mehr sagen. Die Nutzerbefragung zeigt jedoch sehr schön, dass über die Gesamtheit der Online-Audio-Nutzer Simulcast-Radios mit 76 % bei der gelegentlichen Nutzung deutlich vorne liegen.  Bei den 14-23-Jährigen dagegen sind die Musikstreamingdienste klar vorne.

RADIOSZENE: Onlineradio ist erfolgreich – was sind die Treiber des Erfolges?

Stefan Sutor: Die stärksten Treiber für den Erfolg von Webradio sind die ungeheure Angebotsvielfalt und die einfache Nutzung. Bei den Online-Audio-Nutzern erfolgen schon 48 % der Radio- und Musiknutzung über das Internet. Bei Jüngeren sind es schon 60 %. Und das geht ja nicht wieder weg. Die Anbieter erwarten, dass  2018 bereits 45 % der Nutzung über mobile Endgeräte erfolgen wird. Man kann derzeit beobachten, dass viele UKW Radios ihre Online-Angebote ausbauen. Natürlich weil die Nutzung steigt und weil sich neue Erlösmöglichkeiten bieten.

RADIOSZENE: Wann wird die Werbewirtschaft die Webradiobranche endgültig für sich entdecken?

Stefan Sutor: Die Werbewirtschaft hat die Webradios längst entdeckt. Es gibt immer mehr Angebote der Vermarkter, die ja mit Nutzungszahlen hinterlegt sind. So erwarten 65 % aller werbefinanzierten Online-Audio-Anbieter bei der Spotvermarktung hohes Wachstumspotenzial, 57 % glauben, dass neue innovative Werbemittel starke Treiber für die Branche sind. Ein Drittel der Anbieter sieht auch bereits die Chancen von Programmatic Advertising für den Online-Audio-Markt.

Webradiomonitor-2016: Netto-Werbeumsätze (Grafik: ©Webradiomonitor)
Webradiomonitor-2016: Netto-Werbeumsätze (Grafik: ©Webradiomonitor)

RADIOSZENE: Über welche technischen Quellen wird Onlineradio bevorzugt genutzt?

Stefan Sutor: Noch werden Online-Audio-Angebote bevorzugt über PC oder Laptop gehört, gefolgt von mobilen Apps. Das spiegelt sich auch in der Nutzerbefragung wider: Nach den Ergebnissen der Nutzerbefragung wird Online-Audio zu 84 % zu Hause, zu 49% bei der Hausarbeit und immerhin schon zu 26 % im Auto gehört.

RADIOSZENE: Gibt es bei dieser Erhebung bereits aktuelle Aussagen über das generelle Nutzungsverhalten der Webradiohörer?

Stefan Sutor: Es ist durch die Nutzerbefragung deutlich zu sehen, dass Online-Audio schon in allen Nutzungssituationen vom Aufwachen bis zum Einschlafen, im Auto, draußen, beim Joggen oder sogar auf dem Fahrrad genutzt wird. Der Webradiomonitor ist ja keine Nutzungsstudie, allerdings haben ja beispielsweise die Medienanstalten gerade den Digitalisierungsbericht vorgelegt. Danach hören zumindest 34,1 % der Bevölkerung zumindest gelegentlich Radio (!) über das Internet; bei den 14-19-Jährigen sind dies über 60 Prozent. Häufigstes dafür genutztes Gerät hierfür ist vor PC und Laptop bereits das Smartphone.

RADIOSZENE: In wieweit stehen die Webradios in Konkurrenz zu den UKW-Radioangeboten?

Stefan Sutor: Wie ja der Webradiomonitor zeigt, werden online zuerst Simulcast-Radios, also klassische Radiomarken genutzt, d.h. die Online-Audio-Nutzung zahlt auch auf die UKW-Radios ein. Das kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die neueste Musikplaylist oder der spannende Spartenkanal nur einen Klick entfernt ist.

(Teaserbild: @Webradiomonitor/BLM)

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Webradio-Monitor 2006 (PDF)

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