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PR-Tipp 4: Keine Fragen aufwerfen, sondern beantworten!

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In Marketing- und Medienfachzeitschriften sowie einschlägigen Online-Portalen drehen sich viele Top-Stories gerade um Content Creation, Digitalisierung, Social Media und außergewöhnliche Werbekampagnen. Da geht es meist um provokante Social Media Spots, dicke Budgets oder besonderes gesellschaftliches Engagement. Kampagnen im Hörfunk oder spannendes Marketing für das Medium an sich und die Gattung der Hörfunkwerbung rangiert in der Regel unter ferner liefen. Sehr spannend fand ich daher die Pressemitteilung, mit welcher ein bundesweiter Hörfunk-Anbieter eine Kampagne für sein digitales Programm ins rechte Licht rücken wollte. Gleichzeitig sollte die Aktion ganz allgemein Aufmerksamkeit für den Digitalradiostandard DAB+ schaffen.

Der Sender, so hieß es in der Verlautbarung, habe die „deutschen Supermärkte als vorzüglichen Ort seiner Eigenwerbung entdeckt“ und sei künftig auf einer stattlichen Zahl von sogenannten „Card-Boards“, also den Werbeflächen an der Stirnseite der Einkaufswagen, in Supermärkten der wichtigsten deutschen Ballungsräume präsent.

„Super“, war mein erster Gedanke, dass endlich ein Anbieter die Initiative ergreift, um sein digitales Programm – und ganz generell DAB+ – im großen Stil zu bewerben. Dass für einen Hörfunksender ausgerechnet in Supermärkten über mehrere Monate getrommelt werden sollte, erschien mir sofort schlüssig: Ist Radio vor und nach dem Einkauf meist das letzt- bzw. erstgenutzte Medium – zumindest dann, wenn der Käufer mit dem Auto zum Supermarkt unterwegs ist. Auf die Schnelle fällt mir kein vergleichbarer Fall ein, in welchem ein Sender landesweit, erst recht nicht bundesweit, in Ketten des Lebensmitteleinzelhandels für sich geworben hätte. Deshalb: Daumen hoch für die Idee. Hätte ich die Meldung zum Beispiel über die Facebook-Präsenz eines Marketingfachmediums gesehen, ich hätte garantiert „Gefällt mir!“ gedrückt.

Knapp ein Dutzend Newsletter aus der Marketing- und Medienbranche landen jeden Tag in meinem Emailpostfach. Doch in keinem einzigen Newsletter war die Aktion des Senders genannt, auch die Google-Suche findet heute im wesentlichen „nur“ die Veröffentlichung der Radioszene. Warum nur? Weil die Pressemitteilung leider viele Fragen aufgeworfen hat. Was mich nach den Regeln „Negative Formulierungen vermeiden“ und „Das eigene Markenbild schützen“ zur nächsten Regel für die PR-Checkliste bringt: Keine Fragen aufwerfen, sondern Fragen beantworten! Dazu gehört es einerseits, Abkürzungen und Fachausdrücke zu vermeiden bzw. zu erklären und Aussagen mit Erklärungen, Fakten und Zahlen zu begründen und zu beweisen.

Ein Beispiel: Abgesehen davon, dass der Verfasser unnötige Floskeln wie den „vorzüglichen Ort der Eigenwerbung“ eliminieren sollte, bleibt unklar, warum eigentlich Supermärkte für eine Digitalradio-Kampagne besonders geeignet sind. Etwa weil der Hörfunk mutmaßlich das erstgenutzte Medium nach dem Kontakt mit der Supermarkt-Kampagne ist? Weil die Sender im Rahmen der Kooperation in den Märkten zu hören sind? Oder weil ich als Kunde in den beteiligten Geschäften vielleicht sogar Digitalradios kaufen kann? Diese Fragen sind naheliegend, bleiben aber unbeantwortet. Sind alle oben genannten Mutmaßungen falsch, bleibt aber dennoch die Frage nach dem „Warum?“. Auch wenn die Antwort lediglich der besonders attraktive Tausender-Kontakt-Preis ist: Diese Info ist unverzichtbar.

Dass „hunderttausende Einkäufer“ mit der Kampagne erreicht werden, ist immerhin ein kleiner Hinweis auf die vermeintliche Größenordnung des Aktion. Genauere Zahlen bleibt der Aussender jedoch schuldig. Anbieter, die Card-Boards in Supermärkten vermarkten, rechnen bei kleineren Geschäften mit rund 30.000 Kunden pro Monat, bei größeren Märkten des Lebensmitteleinzelhandels mit rund 150.000 Besuchern pro Monat. Wie also in einem Zeitraum von sechs Monaten – immerhin ist die Laufzeit der Kampagne angegeben – eine Zahl von „nur“ hunderttausenden Kontakten herauskommen soll, trägt noch stärker zu Fragezeichen bei. Auch die spannenden Fragen, welches Budget hinter der Aktion steckt und wie ein rein digitaler Anbieter solch eine bundesweite Kampagne überhaupt finanziert, bleibt unbeantwortet. Erhalten die beteiligten Märkte im Gegenzug vielleicht kostenlose Werbespots? Dann wäre schnell klar, wie die Aktion konkret funktioniert.

In diesem Sinne: Werfen Sie mit Ihrer Pressemitteilung keine Fragen auf, sondern beantworten Sie diese – indem Sie Ihre Meldung mit möglichst konkreten Fakten und Zahlen unterfüttern und Ihre Aussagen erklären und beweisen. Vor allen Dingen: Die Frage nach dem „Warum?“ gehört zu den wichtigsten „W-Fragen“, die jede Pressemitteilung beantworten sollte. Neben dem „Warum?“ sind das die Fragen „Wer?“, „Was?“, „Wann?“, „Wo?“, „Wie?“. Immerhin: Fünf von sechs dieser grundlegenden W-Fragen hatte der Sender mit seiner Pressemitteilung verständlich beantwortet.
Erfolgreiches Texten!

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Johannes Boos (Bild: privat)

Über den Autor: Johannes Boos (Jg. 1978) war 20 Jahre als Moderator und Redakteur bei lokalen, regionalen und landesweiten Stationen tätig. Außerdem betreute er nationale und internationale Fluggesellschaften in der Krisenkommunikation. Er ist heute für die Hörfunk-Arbeit eines großen Automobilclubs verantwortlich.

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