Polen: Radiosender mit stillem Protest gegen neue Mediengesetze

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PR1, das erste Programm des polnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (auch „Jedynka“ genannt) spielt seit 5.00 Uhr am Neujahrstag (Beginn des Tagesprogramms) jeweils abwechselnd zu jeder vollen Stunde im laufenden Programm die polnische Nationalhymne und die Europahymne „Ode an die Freude“, ohne dies auf der Website oder ansonsten im Programm ausdrücklich zu erwähnen. Damit protestiert die Belegschaft des Senders gegen die kürzlich erlassenen neuen Mediengesetze, die eine Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Medien in „nationale“ Medien vorsehen und die außerdem der Regierung einen direkten Einfluss auf Personalentscheidungen bei Führungspositionen zusichern.

Wellenchef Kamil Dabrowa informierte die Tageszeitung „Rzeczpospolita“ über diese Protestaktion und ließ verlauten, die Aktion würde „so lange wie möglich“ andauern. Im Internet wird die Aktion von Vertretern der Protestbewegung „Kommitee zur Verteidigung der Demokratie“ fast ausnahmslos positiv bewertet. Ein User meinte: „Es ist ein Zeichen dafür, dass die (von der Regierung propagierten) ‚guten Änderungen‘ nicht mit unserer Erlaubnis vonstatten gehen. Wer gegen solche Dinge nicht protestiert, nimmt sie  stillschweigend hin.“

Das rechtsgerichtete Portal fronda.pl kommentiert derweil: „Jedynka gibt sich als freies Radio – letzte Barrikade der (bisherigen Regierungspartei) PO“. Das Portal verweist auf die große Mehrheit, mit welcher die neuen Gesetze verabschiedet wurde, und zitiert den für die Medienreformen zuständigen stellvertretenden Kulturminister Krzysztof Czabinski, der in den Umwandlungen keinen Verstoß gegen EU-Recht sieht.

Weiterführende Informationen
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