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Radio PR-Tipp 2: Negative Formulierung vermeiden!

boosmitteilung-banner-big„Man kann nicht nicht kommunizieren“. Diese Weisheit eines renommierten Kommunikationswissenschaftlers gilt auch für die Öffentlichkeitsarbeit eines Hörfunksenders – erst recht in Zeiten von Veränderungsprozessen oder wichtigen personellen Weichenstellungen. Aktive PR kann die Images eines Senders als (potentieller) Arbeitgeber oder Geschäftspartner verändern, die Reputation zurechtrücken und negative Stimmungen minimieren. Ist PR jedoch nur ein Produkt, das schnell mal nebenbei erstellt wird, gilt in vielen Fällen leider das Gegenteil. Ein Beispiel hierfür ist die Pressemitteilung eines Lokalsenders von Anfang des Jahres.

In dem Communiqué informiert der Sender über einen personellen Wechsel an der Spitze der Redaktion. Die eigentliche Brisanz verbirgt sich nicht in der Verkündung der Neubesetzung, sondern in den Infos zum scheidenden Chefredakteur: Die Zusammenarbeit habe ich „als sehr schwierig erwiesen“, heißt es. Und weiter: „Anforderungen wurden (…) nicht oder nur schleppend erfüllt“. Neue Aufgaben könne man dem Mitarbeiter „nicht zutrauen“. Das sitzt – und verstößt in eklatanter Weise gegen die goldene Regel der PR, negative Formulierungen oder Stimmungen grundsätzlich zu vermeiden. Und ganz ehrlich: Sie sind in den allermeisten Fällen verzichtbar.

Natürlich ist nachvollziehbar, dass das Unternehmen den Drang verspürt, den Hintergrund der Personalentscheidung zu erklären. Was tun? Tatsächlich wäre es völlig ausreichend gewesen, mit der Mitteilung den neuen Chefredakteur vorzustellen und den Rauswurf des bisherigen Amtsinhabers zunächst außen vor zu lassen. Ein re-aktives Statement, das für eventuelle Rückfragen seitens der Lokalzeitung oder einer Fachzeitschrift vorbereitet in der Schublade liegt, könnte etwa lauten, man habe sich „aufgrund unterschiedlicher Auffassungen zur strategischen Ausrichtung“ in „gegenseitigem Einvernehmen“ getrennt. Und wenn es unbedingt sein muss, kann diese Aussage sogar in eine schriftliche Mitteilung.

Eine Formulierung à la „unterschiedliche Auffassungen“ ist deutlich neutraler als der verwendete Text, der nicht nur nach einer bitteren Mischung aus Aggression und Enttäuschung klingt, sondern darüber hinaus durchaus geeignet ist, dem ausscheidenden Mitarbeiter durch seinen diffamierenden Charakter unnötig Steine in den weiteren Berufsweg zu werfen. Sie können vielleicht sogar eine Karriere vollständig ruinieren. Ich wette, dass die Aussagen der Pressemitteilung in der Zwischenzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung waren oder sind.

Falscher Stolz auf Unternehmensseite ist in der Öffentlichkeitsarbeit unangebracht: Selbst bei Pressemitteilungen zu „unterschiedlichen Auffassungen zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens“ ist es durchaus nicht unüblich, dem ausscheidenden Mitarbeiter für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren zu danken – in diesem Fall wird eben auf ausschmückende Adjektive wie „erfolgreich“ oder „gut“ verzichtet.

Die Nachwehen der Pressemitteilung wird der Sender noch eine Weile zu spüren haben: Der neue Chefredakteur war Anfang des Jahres nur kommissarisch ins Amt gehievt – solange, bis ein dauerhafter Nachfolger für den geschassten Redaktionschef gefunden ist. Dass manch potentiell geeigneter Kandidat auf eine Bewerbung bei der Station verzichtet, gilt als sicher. Wer legt es schon darauf an, dass eine mögliche Trennung vom neuen Arbeitgeber mit einer potentiell rufschädigenden Pressemitteilung begleitet wird – wie weit auch immer diese Trennung in der Zukunft liegen mag.

Noch heute – ein knappes halbes Jahr nach der Pressemitteilung – hat der Sender auf seiner Webseite noch keinen neuen Chefredakteur ausgewiesen.

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Johannes Boos (Bild: privat)

Über den Autor: Johannes Boos (Jg. 1978) ist seit 1994 Moderator und Redakteur bei lokalen, regionalen und landesweiten Stationen. Darüber hinaus berät er in erster Linie Fluggesellschaften bei der Medienarbeit, schwerpunktmäßig in der Krisenkommunikation. Sie haben Anmerkungen oder Fragen zum Thema Presse- und Öffentlichkeitsarbeit? Schreiben Sie an johannes@radioszene.de.

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