Schlager-Quote im Radio: Leit- und Leidartikel von Antenne MV-Chef Gerrit Kohr

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Antenne MV kontert Diskussion um Schlagerquote im Radio mit dem größten Musik-Voting Mecklenburg-Vorpommerns.

Ein Leit- und Leidartikel von Antenne MV Programmdirektor Gerrit Kohr

Die aktuelle Diskussion um mehr „Atemlos“ macht mich sprachlos.

Wenn Politiker in Mecklenburg-Vorpommern sich ernsthaft mit dem Thema „Schlagermusik im Radio“ befassen, dann muss es unserem Land wirklich sehr, sehr gut gehen.

Wenn die Junge Union 35 Prozent deutschen Schlager per Quotenregelung ins Spiel bringt oder wenigstens eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ der Radiosender fordert, dann scheint das – aus meiner Sicht – mehr als rückwärtsgewandt.

Gerade hier bei uns im Land brauchen wir eben gerade keine Wiederauflage einer „Spielerlaubnis“ oder eine politisch initiierte „Anordnung über die Befugnis zur Ausübung von Unterhaltungs- und Tanzmusik“. Die aktuellen Forderungen erinnern mich an die musikalische „40/60-Regel“ der DDR. Waren Radioprogramme und DJ-Musik wirklich besser als die Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik (AWA) vorschrieb? Maximal 40% Musik aus kapitalistischen Staaten und 60% Musik aus dem Inland oder aus sozialistischen Bruderstaaten waren damals gesetzlich geregelt.

Als Antenne MV 1993 als erster privater Musiksender für aktuelle und poporientierte Hits in Mecklenburg-Vorpommern On Air gegangen ist, hat sich das ganze Land mit uns gefreut, dass wir tatsächlich „Endlich was Eigenes!“ machen konnten. Frei von Titelvorgaben und politischer Bevormundung.

Es stimmt natürlich: Durch Helene Fischer hat der Schlager ein frisches Image bekommen.
Jedoch aus ihrer Beliebtheit und Popularität ein grundsätzlich gestiegenes Verlangen nach mehr Schlagermusik im Radio abzuleiten, ist aus meiner Sicht zu eindimensional. Natürlich ist Helene Fischer ein Phänomen. Sie ist stimmlich perfekt ausgebildet, eine vielseitige Live-Entertainerin, wirkt freundlich und sympathisch und sieht ganz nebenbei sehr gut aus. Helene Fischer freut sich daher als Gesamtkunstwerk auch über Menschen in ihren Konzerten, die sich nicht grundsätzlich als Schlagerfans bezeichnen und sich ihretwegen auch keinen Deut mehr für die Flippers, die Amigos oder Hansi Hinterseer begeistern.

Wie sieht es wirklich mit der Anzahl der Schlagerfans in unserem Land aus?
Neukalens Ex-Bürgermeister Günter Plagens kündigte jüngst an: „Wir sind eine halbe Million Hörer über 60 Jahre – und machen mobil für bessere Musik.“. Er geht scheinbar davon aus, dass alle mehr Schlager wollen und möchte für mehr „Atemlos“, „Fiesta Mexicana“ und „Im Wagen vor mir“ auf die Straße gehen.
Der 51-jährige Journalist Oliver Dunk mutmaßt, dass sogar rund 800.000 Mecklenburger und Vorpommern Schlager mögen.

Woher nehmen diese Menschen ihre Erkenntnisse?

Ich verstehe, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern von den fünf hier zu empfangenden Programmen des Norddeutschen Rundfunks maximale Abwechslung verlangen. Die Gewährleistung von Programmvielfalt und ein sinnvoller Umgang mit den GEZ-Gebühren, von denen private Sender wie Antenne MV keinen Cent bekommen, wünsche auch ich mir. Wenn alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch vorzugsweise aktuelle Popmusik spielen, dann sorgt dies zunächst einmal nicht für größtmögliche Vielfalt, sondern konkurriert natürlich auch mit unserem musikalischen Versprechen, das wir von Antenne MV seit fast 22 Jahren geben.
Und trotzdem möchten wir dem NDR nicht vorschreiben oder vielmehr vorschreiben lassen, wie dessen Programme zu gestalten sind und nehmen den Wettbewerb sportlich.

Und auch wenn es nicht der musikalischen Philosophie und Identität von Antenne MV entspricht, möchten wir bei diesem Thema nicht länger nur diskutieren, sondern bieten einen Kompromiss an.

Gerrit Kohr (Bild: Antenne MV)
Gerrit Kohr (Bild: Antenne MV)

 

Schlagerrausch statt Schlagabtausch.

Seit heute früh um 5 Uhr läuft die Antenne MV Schlagerwette, das größte Musik-Voting Mecklenburg-Vorpommerns.

Wir wollen genau wissen, wie viele Menschen wirklich an einer Schlagerquote im Radio interessiert sind. Neben der Neubrandenburger Bürgerinitiative für mehr Schlager im Radio laden wir natürlich alle Musikfans ein, sich bei unserer Onlineabstimmung auf AntenneMV.de per Klick zu beteiligen.

Falls wirklich rund ein Drittel der Menschen in unserem Land mehr Schlager wollen, dann ist das genau jetzt deren Chance, unseren musikalischen Volksentscheid zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Zumindest für einen Tag. Und wir bieten dabei großzügigen Minderheitenschutz: Sollten nur 30% unserer Voting-Teilnehmer für die Schlagerquote sein, spielt Antenne MV am Sonntag, den 01. März 2015 von 7 – 19 Uhr ausschließlich deutschen Schlager. Präsentiert von Wetter Werner.

Alle anderen Voting-Teilnehmer können dies derzeit nicht nur verhindern, sondern dem Abstimmungsergebnis auch entspannt entgegen sehen.

So oder so bleibt Antenne MV -seit nun fast 22 Jahren- Mecklenburg-Vorpommerns Musiksender für mehr neue Hits im besten Mix.

Für die Teilnahme an der Antenne MV Schlagerwette klicken Sie www.AntenneMV.de.

Herzlichst
Ihr Gerrit Kohr

Update vom 28.02.2015: Dazu eine Pressemitteilung von Antenne MV:

Top, die Wette gilt: Schlager für genau einen Tag!

Jürgen Drews: „Ich würde mich dagegen wehren eine Quote zu bestimmen.“

In der seit Wochen geführten Diskussion darüber, ob es eine gesetzliche Schlager-Quote im Radio geben sollte, hat das Team von Antenne MV einfach in Mecklenburg-Vorpommern nachgefragt. Eine Woche lang konnte per Voting auf AntenneMV.de abgestimmt werden.

Tatsächlich haben sich jetzt die Schlagerfans im Land beim Klicken durchgesetzt: 65,33% stimmten für die Quote, 34,67% waren dagegen.

Damit steht fest, dass diesen Sonntag, den 01.03.2015 zwischen 7 Uhr und 19 Uhr ausschließlich Schlager im Programm von Antenne MV laufen. 12 Stunden lang wird Wetter Werner Songs von Helene Fischer, Matthias Reim, Michele und Jürgen Drews spielen.

Doch ausgerechnet der König von Mallorca verrät im Antenne MV Exklusiv-Interview, dass er vom verordneten Schlager gar nichts hält.

Im Gespräch mit Timo Close, Nora Sanne und Wetter Werner aus der Antenne MV Morgensendung „Timo und das Morgenteam“ gibt der Schlagerstar („Ein Bett im Kornfeld“) zu, was er privat wirklich hört.

Drews: Ich war eigentlich immer dagegen irgendeine Quote einzuführen. Auf der anderen Seite: Der Schlager à la Drews, à la Helene Fischer, diese Art von Schlager wird nie weggehen. Ich würde mich aber dagegen wehren eine Quote zu bestimmen.

Close: Aber du wirst dich freuen, wenn hier am Sonntag den ganzen Tag mit unserem Wetter Werner die Schlager laufen?

Drews: Ich weiß nicht, ob ich mich da freue! Ich höre keinen Schlager privat. Nur die wirklich gut gemachten, wie zum Beispiel „Atemlos“.

Nora: Was hörst Du denn?

Drews: Genau das, was ihr spielt: Katy Perry und „Au Revoir“ (Mark Forster feat. Sido, A.d.R.).

Geiler Titel, super geil. Oder Avicii – der neue Titel.

Das ist ja im Grunde genommen eine Schlagermelodie. Poppig produziert, so wie ich sowieso die ganze Zeit arbeite. Hauptsächlich höre ich das, was ihr spielt. Da höre ich Euren MV-Sender, wenn mir gerade danach ist, weil ich unseren Wetterfritzen da gerade höre.

Wetter Werner: Hallo, Wetter Werner!

Drews: Ja, ich weiß!

Close: Aber halten wir mal fest: Der König von Mallorca, der wirklich einer der führenden Schlagersänger Deutschlands ist, braucht den Schlagermarathon bei Antenne MV nicht. Da bist Du voll auf meiner Seite.

Drews: Ja, genau das.

Und was sagen die Radiomacher aus Plate zum Voting-Ergebnis?

Wetter-Werner. Foto: Antenne MV
Wetter-Werner. Foto: Antenne MV

Wetter Werner: „Wettschulden sind Ehrenschulden! Wir hätten nicht gedacht, dass die Schlagerfans sich so gut organisieren und zum Sieg klicken. Natürlich spielen wir nun wie versprochen einen Tag lang Schlagermusik. Auch wenn die bei Antenne MV grundsätzlich nichts zu suchen hat. Ich lade deshalb schon jetzt alle Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ein mich während der 12 Stunden am Sonntag zu unterstützen. Das könnte selbst für mich als leidenschaftlicher Disco-Fox-Tänzer musikalisch etwas viel werden.“

Schlagermusik wird es nach diesem besonderen Musik-Special bei Antenne MV jedenfalls trotzdem nicht geben.

Antenne MV Programmdirektor Gerrit Kohr kommentiert das Ergebnis wie folgt:

„Hut ab vor den sehr gut vernetzten Schlagerfans, die bei uns öffentlich für ihre Sache kämpfen konnten, wozu sie sonst kaum die Möglichkeit haben. Das Ergebnis zeigt, dass wirklich unzufriedene Menschen eben beweglicher sind als zufriedene Menschen. Deswegen ist es womöglich einfacher die Musikfans, die derzeit nirgendwo Gehör finden, dafür zu begeistern sich einen Schlagertag zu wünschen, als die große Masse dazu zu bewegen genau diesen zu verhindern.

So ist es mit Wahlen: Wer nicht wählt, stärkt Minderheiten. Das haben die Schlagerfreunde gut erkannt und für sich genutzt. Denn durch unsere jahrelange Musikforschung wissen wir ja auch, was die Masse unserer Hörer bei uns erwartet. Und das waren seit unserem Sendestart im Jahr 1993 eben noch nie Schlager. Aber natürlich respektieren wir das Voting-Ergebnis und spielen deshalb die angekündigten Schlager. Trotzdem bleibt es grundsätzlich dabei, dass Antenne MV der Sender für aktuelle Popmusik bleibt. Und auch wenn ich persönlich mir für Sonntag ein anderes Ergebnis gewünscht habe, nehme ich es jetzt wie es ist und mit Humor. Natürlich wünsche ich allen viel Spaß mit Wetter Werners etwas anderem Musikmarathon. Um 19 Uhr ist der Schlagerspuk ja glücklicherweise auch wieder vorbei. Tun wir also einfach so, als feiern wir zusammen die größte Party des Landes. Ein „Immer wieder sonntags“ wird es in dieser Angelegenheit jedenfalls nicht geben!“