Mike Wagner: „DAB+ gehört für uns einfach dazu“

Radio 7Im Dezember wird die Digitalradio-Vielfalt in Baden-Württemberg größer: Acht Sender starten überregional auf DAB+, weitere Programme sollen hinzukommen. Ab 1.12. mit dabei ist Radio 7 aus Ulm. RADIOSZENE hat sich mit Programmdirektor Mike Wagner über die Chancen von DAB+, die UKW-Abschaltung und das Digitalprogramm seines Senders unterhalten. 

RADIOSZENE: Herr Wagner, in vielen Funkhäusern hielt sich die Begeisterung für DAB+ bislang in Grenzen. Nach der Ausschreibung der LfK gab es dann plötzlich aber mehr Bewerber als freie Sendeplätze. Woher kommt dieser Sinneswandel?

Mike Wagner (Foto: Radio 7)
Mike Wagner (Foto: Radio 7)

Ich glaube, es ist gar kein Sinneswandel. Wir beschäftigen uns schon sehr lange und intensiv damit – Digitalradio ist ja nicht neu. Für mich ist das dieses Mal gefühlt der dritte Versuch in den vergangenen 10 Jahren. Aber ich glaube, dieses Mal ist das Gesamtpaket ein ganz anderes. Die Marketinginstrumente, die technischen und politischen Voraussetzungen sind dieses Mal so gut wie nie zuvor. Und neu ist das Thema ja auch für uns als Sender nicht: Wir waren mit dem LiveRadio schon längere Zeit digital unterwegs. Wir tauchen jetzt aber in eine neue Lizenzperiode ein und da gehört DAB+ einfach für uns zum Gesamtpaket und freuen uns jetzt, dass es am 1. Dezember endlich losgeht.

RADIOSZENE: Sie haben „LiveRadio“ gerade schon erwähnt, Radio 7 war an dem Gemeinschaftsprogramm beteiligt, jetzt wird es eingestellt. Welche Erkenntnisse haben Sie aus der „LiveRadio“-Zeit mitnehmen können?

LiveRadio war ein Spartenprogramm. Und Spartenprogramme sind nicht immer massenkompatibel. Wir haben bei LiveRadio an Erkenntnissen ziehen können, was wir aus dem zur Verfügung stehenden Versorgungsgebiet rausholen können, was wir als Feedback bekommen, wo wir Vermarktungsansätze finden.

RADIOSZENE: Wird Radio 7 denn diesmal ausschließlich das von UKW bekannte Programm digital ausstrahlen?

Nein, „Radio 7 digital“ ist nicht 1:1 das Radio 7-Programm. Wir gehen im Digitalen mit einer weiteren, baden-württembergischen Regionalisierungsstrecke ins Feld. Das heißt, wenn wir auf UKW unser Programm in die Regionen Bodensee, Ulm, Tuttlingen und Aalen teilen, gibt es jetzt eine fünfte Strecke für Baden-Württemberg. Das betrifft die Nachrichten, die Veranstaltungstipps, die Werbeinseln – und wir machen auch spezielle Fenster auf, für Konzert-Liveübertragungen und Sportberichterstattungen. Mit dem Basketball-Bundesligisten Ratiopharm Ulm machen wir die Spielübertragungen via DAB+, aber auch mit weiteren Sportpartnern. Dann verlinken wir vom klassischen FM-Programm ins Digitalprogramm – und auch wieder retour. Das wird der Plan für die nächsten Tage sein, insofern kein Simulcast, sondern ein klein bisschen Multicast.

RADIOSZENE: Wie wichtig ist es denn für Sie, dass Ihr Programm jetzt auch anderswo empfangen werden kann außer in „Ihrer“ Region?

Aus meiner Sicht ist das gar nicht so interessant, ob wir auch in Mannheim oder Heidelberg zu hören sind. Das ist jetzt erstmal eine Frage der Technologie. Ich denke wir werden einen Großteil der Hörer aus unserem Sendegebiet weiterhin generieren. Ich habe keine Absichten und glaube da auch nicht daran, dass sich in den nächsten Monaten Hörer aus Mannheim oder Heidenberg generieren, das sehe ich nicht. Und das steht auch nicht im Vordergrund.

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RADIOSZENE: Wird das Projekt Digitalradio vom SWR ausreichend unterstützt?

Absolut! Ich kann das zwar nur für Baden-Württemberg beurteilen, aber ich glaube dass die Zusammenarbeit mit dem ARD-Projektbüro und den Privaten, nicht zuletzt auch moderiert durch die Landesmedienanstalt, hervorragend und vorbildlich ist.

RADIOSZENE: Apropos Landesmedienanstalt: Gibt es eigentlich Fördermittel? Oder hat man dann einen Vorteil bei der nächsten Lizenzverlängerung?

So ein Geschäft gibt es nicht, aber die Landesmedienanstalt hat Fördergelder in Aussicht gestellt. Doch das ist nicht der Antrieb von einem Haus wie Radio 7. Für uns ist der Antrieb, dass wir als Marktführer uns solchen Technologien und Fortschritten nicht verschließen und immer an erster Stelle mit dabei sind.

RADIOSZENE: „Digitalradio Deutschland“-Chef Willi Schreiner und Deutschlandradio-Intendant Willi Steul pochen immer häufiger auf eine UKW-Abschaltung. Was halten Sie davon?

Ich höre ja auch die Vergleiche mit Skandinavien und Großbritannien. Ich glaube an eine UKW-Abschaltung aber noch nicht. Ich denke, wir werden sehr lange parallel unterwegs sein. Ich erinnere mich daran, als vor 20 Jahren die Mobilfunknetze aufgebaut wurden. Und wenn man sich heute ansieht, wie die Versorgung ist, wird klar, dass wir da auch noch nicht am Ende sind. Insofern wäre das für mich gar nicht vorstellbar, UKW heute abzuschalten.

Entlang der Autobahnen und Ballungszentren ist DAB+ ausgebaut, es gibt aber gerade im ländlichen Raum viele Gebiete, wo wir eher mit UKW unsere Durchdringung schaffen und mit dem Digitalen noch nicht. Dass mit UKW Schluss sein soll, kann ich mir mittel- und langfristig nicht vorstellen.

RADIOSZENE: Wird das Netz in Baden-Württemberg denn weiter ausgebaut?

Es gibt durchaus Anstrengungen auch seitens der Privaten, der Medienanstalten und der Media Broadcast. Ich bin sehr guter Dinge, dass wir da in den nächsten 24 Monaten Fortschritte sehen und Versorgungslücken gerade im Süden werden schließen können.

Sendegebiet auf DAB+
Empfangsgebiet der Privatsender auf DAB+

RADIOSZENE: Viele Programmmacher argumentieren, Webradio-Angebote und Apps bieten viel mehr Möglichkeiten. Was ist dann Ihrer Meinung nach der Vorteil von DAB+?

Wir belegen keine Bandbreiten! Egal ob jemand Flatrates hat, 3G oder 4G nutzt oder einen Player installiert hat oder nicht – wir träumen davon, wie es die Automobilindustrie und Endgeräteherstelle schon vorleben, dass man uns einfach problemlos über einen Weg empfängt, ohne dass man sich viel Mühe machen muss. Und da bin ich ganz zuversichtlich, was die Zahlen angeht, wie viele Radios über die Ladentheke gehen, gerade in Baden-Württemberg. Wir haben selbst seit zwei Wochen Verlosungsaktionen im Programm und stellen schon fest, dass sich die Hörer damit intensiv beschäftigen. Anfangs sind es noch die technisch interessierten Trendsetter, aber aus denen werden dann die Normalos.

Ich bin ganz zuversichtlich, dass die Frage „Digitalradio – ja oder nein?“ gar nicht mehr im Raum steht – und man, wie bei Smartphones auch, sich einfach für die neueste Technologie entscheidet.

RADIOSZENE: Vielen Dank für das Gespräch!

Weiterführende Informationen
Baden-Württemberg wird zum DAB-Musterländle
Radio 7 YouTube: Trailer zum DAB-Start