Medienbehörde KommAustria weist Beschwerde privater Radios gegen den ORF ab

ORF-Hörfunk verstieß nicht gegen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag

RTRDer Hörfunk des ORF bot im Zeitraum vom 1. Jänner 2012 bis 31. August 2013 den Hörerinnen und Hörern mit seinen Radioprogrammen in Summe ein differenziertes und ausgewogenes Gesamtprogramm mit Angeboten aus den Bereichen Information, Kultur, Unterhaltung und Sport. Die vier Programmkategorien standen dabei in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Somit erfüllte der ORF mit seinem Hörfunk-Gesamtprogramm den in § 4 ORF-Gesetz formulierten, öffentlich-rechtlichen Kernauftrag. Zu diesem Ergebnis gelangt zusammenfassend dargestellt die Medienbehörde KommAustria mit Abschluss eines Beschwerdeverfahrens, dass der Veranstalter des privaten Radioprogramms KRONEHIT, sowie der Verband der Österreichischen Privatsender (VÖP), stellvertretend für zehn weitere Privatradios, im September 2013 gegen den ORF initiiert hatte.

Die Entscheidung der KommAustria bezieht sich auf den Zeitraum vom 1. Jänner 2012 bis 31. August 2013, da die Beschwerdeführer diese 20 Monate für die Beobachtung und Beurteilung des ORF-Hörfunkprogramms herangezogen hatten. In ihrer Beschwerde beanstandeten sie einen unangemessen niedrigen Wortanteil im Hörfunkprogramm Ö3, mit dem ihrer Ansicht nach der öffentlich-rechtliche Programmauftrag unzureichend wahrgenommen worden sei. Außerdem sei im Programm von Ö3, aber auch in den ORF-Hörfunkprogrammen in Summe, nicht das gesetzlich geforderte, angemessene Verhältnis der Programmkategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport angeboten worden.

Für die Abweisung der Beschwerde durch die KommAustria sind zwei Feststellungen von zentraler Bedeutung. Zum einen hat der Gesetzgeber im ORF-Gesetz nicht festgelegt, wie hoch der Wortanteil in den Hörfunkprogrammen des ORF zu sein hat. Zum anderen besagt das ORF-Gesetz ausdrücklich, dass der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag mit dem Gesamtprogramm, also mit Ö1, Ö3, FM4 und dem jeweiligen Landesprogramm in Summe zu erfüllen hat. Dies hat der ORF laut Bescheid der Behörde im Beobachtungszeitraum erfüllt.

Auch wahrte der ORF das angemessene Verhältnis der Programmkategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport zueinander innerhalb des Wortprogramms. So entfielen vom gesamten Wortanteil in den Hörfunkprogrammen des ORF jeweils knapp 40 % auf die Kategorien Information und Kultur, gut 17 % waren der Kategorie Unterhaltung zuzuordnen und rund 4 % waren Sportthemen. Gemäß geltender Rechtsprechung wäre das angemessene Verhältnis der vier Kategorien zueinander nur dann nicht mehr erfüllt, wenn eine Kategorie zu mehr als 50 % repräsentiert wäre.

Wie hoch in den ORF-Hörfunkprogrammen der Wortanteil im Verhältnis zum Musikanteil ausfällt, ist gemäß ORF-Gesetz hingegen nicht entscheidend, so die Medienbehörde KommAustria.

Der jetzt den Verfahrensbeteiligten zugestellte Bescheid der Behörde ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: RTR-Pressemeldung vom 20.02.2014

Radio-Programmbeschwerde: ORF-Radios können doch nicht einfach machen was sie wollen!

VÖP
Verband Österreichischer Privatsender

Geht es nach der Entscheidung der KommAustria in der sogenannten „Radio-Programm-Beschwerde“, so darf sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk freuen. Denn mit ihrem gestern, 20.2.2014, den Verfahrensparteien zugestellten Bescheid stellt die KommAustria dem ORF praktisch einen Persilschein für die Gestaltung seiner Hörfunkprogramme aus: So soll es etwa gänzlich dem ORF überlassen bleiben, welchen Anteil Musik- bzw. Wortbeiträge in seinen Hörfunkprogrammen einnehmen. Und: Es gibt auch keinerlei Mindesterwartung, was den Anteil von Information, Kultur oder Sport am Hörfunkprogramm betrifft. „Das kann ja wohl weder im Interesse der Gebührenzahler noch im Interesse des Radiowettbewerbs der Weisheit letzter Schluss sein“ kommentiert Klaus Schweighofer, Vorstandsvorsitzender des VÖP und Vorstand der Styria Media Group, den KommAustria-Bescheid. „Wenn das ORF-Gesetz derart löchrig ist, dass es nicht einmal so grundlegende Fragen klärt, muss es sobald als möglich saniert werden“, so die unverblümte Forderung an die österreichische Medienpolitik.

Der Hintergrund des heutigen KommAustria-Bescheids ist eine gemeinsame Beschwerde privater Radioveranstalter vom 19.9.2013 – unter anderem von Kronehit, Antenne Kärnten und Steiermark, Life Radio sowie zahlreicher weiterer regionaler Hörfunkveranstalter – die zahlreiche wettbewerblich relevante Missverhältnisse im Hörfunkprogramm des ORF, insbesondere im Programm von Ö3, aufgriffen und im Hinblick auf eine mangelhafte Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags beanstandeten.

Geht es allerdings nach der KommAustria so ist z.B. ein Wortanteil am Ö3-Programm von nur 17% gänzlich unproblematisch, ja, er könnte sogar noch viel tiefer liegen. Denn das Gesetz definiert explizit keinen Mindestwortanteil, und implizit konnte die KommAustria auch keinen Mindestanteil herauslesen. Ähnlich verhält es sich mit der Frage nach einem Mindestanteil einzelner Programmkategorien am Gesamtprogramm, denn immerhin verlangt das ORF-Gesetz ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Informations-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportinhalten. Und schließlich wird unter Verweis auf den (behaupteten) historischen Willen des Gesetzgebers, festgehalten, dass Musik weder als Unterhaltung noch als Kultur zu werten ist, sondern für die Frage der Ausgewogenheit des Hörfunkprogramms gänzlich außer Betracht zu lassen ist.

„Aus meiner Sicht sind nur folgende Szenarien denkbar“, so abschließend Klaus Schweighofer: „Entweder die KommAustria interpretiert das Gesetz falsch, dann müsste uns das neue Bundesverwaltungsgericht oder spätestens der VwGH Recht geben. Oder aber: Auch die Höchstgerichte kommen zum Schluss, dass das ORF-Gesetz löchrig ist. Dann muss der Gesetzgeber handeln. Tut er das nicht, so haben wir ein europarechtliches Problem: Denn eines ist klar: Brüssel verlangt – zum Schutz von Wettbewerb und Öffentlichkeit – dass der besondere (öffentlich-rechtliche) Auftrag zweifelsfrei und klar vom Gesetzgeber definiert wird. Wird er das nicht, verstößt der Gesetzgeber schon allein dadurch gegen EU-Recht“.

Quelle: Verband Österreichischer Privatsender (VÖP)-Pressemeldung vom 21.02.2014