Steul fordert mehr Programme für sein Deutschlandradio

Deutschlandradio-Intendant Dr. Willi Steul

Am 6. Juni 2013 wurde Deutschlandradio-Intendant Dr. Willi Steul in seinem Amt bestätigt. Der 62-jährige hat mit dem nationalen Hörfunk viel vor: Nach der Einführung der Wortnacht im Deutschlandfunk würden bei Deutschlandradio Kultur und DRadio Wissen kleinere Veränderungen vorgenommen. Darüber hinaus regte er einen vierten bundesweiten DRadio-Kanal an.

Ereigniskanäle aller Art

Das Deutschlandradio produziert momentan drei Vollprogramme, hinzu kommt die Ereignisswelle „Dokumente & Debatten“, die via Lang- und Mittelwelle sendet und im Internet und über DAB+ mit einem eigenen Stream bzw. Kanal ausgestattet ist. Versuche und Ideen, den nationalen Hörfunk mit einem weiteren Programm zu stärken, gab es bereits einige, der erste dürfte das Eventprogramm „Deutschlandfunk xtra“ gewesen sein, das Mitte der 90er-Jahre über das 1999 eingestellte Digitale Satelliten Radio (DSR) gesendet wurde. Ende 2006 begann das „Mehrwertprogramm“ „D-Plus“ über DAB und Internet, musste nach einem halben Jahr jedoch wieder eingestellt werden, da das Programm nach Meinung der Bundesländer und vor allem des Privatrundfunk-Verbandes VPRT ein damals noch unzulässiges, drittes DRadio-Programm darstelle. Tatsächlich wurden jedoch einzig Wiederholungen und etwa von PHOENIX übernommene Talkrunden ausgestrahlt. Präsentiert wurden diese Montag-Freitags am Vormittag, jedoch in einem geschlossenen Programmrahmen mit eigenem Sendeschema und eigener Moderation, also nicht in Form von losen Einstreuungen in das übrige Programm, wie es „Dok & Deb“ aktuell praktiziert.

 

2010: DRadio Wissen, DRadio Musik?

Erst mit dem Start von DRadio Wissen DRadio-Wissenim Januar 2010 wurde der Gedanke eines dritten, nationalen Vollprogramms Wirklichkeit. Die an eine jüngere Zielgruppe gerichtete Welle ist seit dem über alle digitalen Verbreitungswege des Deutschlandradios zu empfangen. Im Rahmen seiner Wiederwahl in der vergangenen Woche kündigte Steul an, intensiv diese neuen Empfangsmöglichkeiten zu stärken. Das Digitalradio DAB+ sei der einzige Weg, mit dem „der Sprung aus der analogen Ecke in die moderne digital Welt“ für das Radio gelingen könne. Und das sei offenkundig mit einem breiteren Programmangebot zu bewerkstelligen, sodass Willi Steul bereits vor dem Start des bundesweiten Digitalradio-Multiplexes im Mai 2010 ein neues Musikprogramm des Deutschlandradios forderte (RADIOSZENE berichtete). Insbesondere ältere Klassik-Mitschnitte aus den Archiven des Deutschlandradios könnten in diesem Kanal präsentiert werden. Dazu gehören die Aufnahmen der „ganz Großen“: Furtwängler, Celibidache, Günter Wand etc. „In den Archiven der Sender liegen Schätze, die geradezu danach schreien, gehoben zu werden“, so Steul 2010. All das sei bereits mit Gebührengeldern bezahlt. Realisiert wurden die Pläne jedoch bisher nicht, in naher Zukunft sei dies auch vorerst nicht zu erwarten, ließ das DRadio wissen. Die entsprechenden Kapazitäten würden dem Deutschlandradio über DAB+ bereitstehen, sofern Deutschlandfunk und Deutschlandradio vom Modus „DAB alt“ (also auf MP2-Basis) zu DAB+ (in AAC+) wechseln würden. Theoretisch wäre auch eine Eingliederung in die regionalen, landesweiten Multiplexe möglich, was jedoch mit zusätzlichen Ausstrahlungskosten verbunden wäre.

Deutschlandradio Ü-Wagen (Bild: DRadio /& Bettina Straub)
Deutschlandradio Ü-Wagen vor dem historischen Funkhaus in Berlin (Bild: DRadio / Bettina Straub)

Immenses, programmliche Potential nutzen: Kakadu-Radio

Gegenüber dem Tagesspiegel äußerte der zweite Intendant des Deutschlandradios nun seine neueste Idee: In Zusammenarbeit mit den ARD-Landesrundfunkanstalten wolle er ein bundesweites Kinderradio schaffen, unter Federführung seines Hauses. Steul betont, das  Deutschlandradio müsse mit seinem Auftrag des nationalen Hörfunks überlegen, in welchen Angeboten dieser Auftrag mit einem „klaren und eindeutigen gesellschaftlichen Mehrwert“ neben und komplementär zu den Landesrundfunkanstalten der ARD liege. Der Intendant wolle damit demonstrieren, so ein Sprecher des Senders, welches „immense programmliche Potential in der Entwicklung des neuen Digitalradios steckt, das die vorhandenen Ressourcen und Programmteile der öffentlich-rechtlichen Familie kostengünstig bündelt und nutzt“. Zudem sei eine Koppelung an den KIKA möglich. Ziel sei die Schaffung eines „klaren und eindeutigen gesellschaftlichen Mehrwerts“. Realisiert werden müsse dieses Projekt jedoch mit weitestgehend vorhandenen Mitteln, was konkret zu prüfen wäre, so Steul.

KirakaIn der Tat ist diese Idee keine schlechte: Bereits jetzt wird das einzige terrestrisch empfangbare, öffentlich-rechtliche Kinderprogramm „KiRaKa“ vom WDR über DAB+ nicht nur in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen, sondern ebenfalls in Bremen und dem Saarland ausgestrahlt, ein gewisses Interesse scheint offensichtlich auch in anderen Bundesländern an einem Spartenprogramm wie diesem zu bestehen, das durch weitere ARD-Produktionen und die Sendung „Kakadu“ von Deutschlandradio Kultur und Übernahmen des MDR-Webchannels „Figarino“ ergänzt werden könnte, den MDR-Intendantin Dr. Karola Wille ebenfalls seit geraumer Zeit auf DAB+ hieven möchte.

Klare Entscheidungen zu Kinder- und Musikradio seien jedoch in naher Zukunft nicht zu erwarten. Zwar gäbe es Ideen-Skizzen und bereits Gespräche mit potentiellen ARD-Partnern, jedoch noch keine Beschlüsse, so ein Sendersprecher. Vorher müsste außerdem ein Auftrag der Rundfunkkommission der Länder bestehen. Eines ist jedoch sicher: Dr. Willi Steul wird sich auch in Zukunft mit Vorschlägen zur Stärkung seiner Rundfunkanstalt zu Wort melden, gerade in der digitalen Welt. Er dürfte dabei neidisch zu den Kollegen in Großbritannien und Frankreich blicken, wo der nationale Hörfunk eine ganz andere Stellung genießt als in Deutschland. Ein Kinderradio gibt es dort allerdings auch noch nicht.

 

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