Digitalradio-Upgrade in der Schweiz: Auf DAB folgt DAB+

dab schweizZu den Musterländern in Sachen Digitalradio gehört zweifelsfrei die Schweiz. Erst im vergangenen Sommer konnten die DAB-Verantwortlichen eine beeindruckende Zahl feiern: Über 1 Million Digitalradios sind verkauft und stehen in einem Drittel der Haushalte, rund 2,4 Millionen DAB-Hörer gibt es in der Eidgenossenschaft. Nun könnten sich viele von ihnen ärgern. Der Umstieg auf DAB+ steht bevor. Radiohörer hoffen nun auf eine größere Programmvielfalt und weiterhin guten Klang.

Das Plus hinter der Abkürzung DAB bedeutet zwar eine größere Programmvielfalt dank des platzsparenden Audiocodecs AAC+, aber gleichzeitig auch einen Abschied von eben denen Radiogeräten, die in der Ära vor DAB+ verkauft wurden, denn DAB+ kann mit alten Geräten nicht empfangen werden – die Lautsprecher bleiben stumm. In der Schweiz ist das besonders tragisch, startete der öffentlich-rechtliche Rundfunk doch bereits 1999 mit ersten Ausstrahlungen im Digitalradio, dass schnell seine Freunde und Zuhörer fand. Der Grund: UKW-Signale verabschiedeten sich besonders rasch in der Schweizer Bergwelt, bzw. wurden durch Reflexionen oder Interferenzen gestört. Digitalradio-Gleichfrequenznetzwerke hingegen blieben davon weitestgehend unberührt. Ebenfalls erfreulich: Schnell setzte man auf ein breites Programmangebot, strahlte neben den UKW-Programmen auch die Swiss Satellite Radios „Radio Swiss Pop“, „Radio Swiss Jazz“ und „Radio Swiss Classic“ sowie in der deutschsprachigen Schweiz die junge Welle DRS Virus aus.

Early Adopters gehen leer aus – fast

beromuenster
2008 durch DAB+ abgelöst: Mittelwellensender Beromünster

Einen Schub an neuen Hörern erreichte das Digitalradio dann zum Jahreswechsel 2008/2009. Am Silvesterabend endete die „Ära Beromünster“ ganz offiziell, der historische Mittelwellensender wurde nach 77 Jahren abgeschaltet. Bereits einige Tage vorher endete die Ausstrahlung der „DRS Musikwelle“ auf der beliebten 531 kHz, der Sender war über Antenne fortan nur noch über Digitalradio zu hören. Einen ähnlichen Schritt wagte der Rundfunk der Suisse romande, die Chansons von „Option Musique“ kamen später nicht mehr via Sottens 765 kHz, sondern nur auf DAB. Hinzu kam der neue Nachrichtenkanal „DRS 4 News“, das englischsprachige „World Radio Switzerland“ und der erste Privatradio-Multiplex in der Deutschschweiz, auf dem gegenwärtig  die beeindruckende Anzahl von 14 Privatsendern übertragen wird. Glücklicherweise geschah all dies bereits in der „DAB+“-Ära, d.h. dass etwa alle Privatsender nur mit DAB+-Geräten empfangbar waren, in Graubünden auch alle öffentlich-rechtliche Sender nur im neuen Standard gehört werden konnten und auch in den übrigen Landesteilen langsam der Übergang zur neuen Sendenorm begann. Dennoch waren weiterhin viele Geräte im Handel, die ausschließlich „DAB alt“ empfingen.

Mit Rücksicht auf dieses Problem sowie die „Early Adopters“, die bereits seit der Digitalradio-Anfangsphase dabei sind, werden beispielsweise in der Deutschschweiz weiterhin DRS 1, die DRS Musikwelle sowie DRS 4 News bis 2015 zusätzlich im alten Standard ausgestrahlt, jedoch nur in Mono-Qualität. Der Umstieg auf DAB+ wird am 17. Oktober durchgeführt. Bereits zwei Tage vorher im französischsprachigen Teil des Landes (La 1ère und Option Musique verbleiben zusätzlich in DAB alt) und am 22.10. im Tessin (zusätzlich Rete 1, 2, 3 im alten Standard). Graubünden ist bereits seit Beginn der Digitalradio-Ausstrahlungen mit DAB+ versorgt (zwei Sender im alten Standard). Zu hoffen ist, dass die Klangqualität auch nach dem neuen Codec an „gute, alte DAB-Zeiten“ erinnert.

Neue Regionalsender auf DAB+

Möglicherweise noch in diesem Jahr, vermutlich aber erst im kommenden Frühling, wird in der Region Zürich / Aargau / Schaffhausen ein dritter Multiplex auf Sendung gehen. Dieser wird neben den Regionalprogrammen von DRS 1 auch weitere Privatsender enthalten. Im Gespräch sind neben dem Evangeliumsrundfunk ERF auch Roger Schwainskis FM1, Radio 32, Radio Pilatus und Radio Zürisee.

Wer ein DAB+-fähiges Empfangsgerät besitzt, also bereits jetzt Digitalradio-Programme in der Schweiz empfangen kann, die mit einem „+“ hinter dem Sendernamen gekennzeichnet sind, sollte am Tag der Umstellung einen Sendersuchlauf durchführen, um sicherzustellen, dass alle umgestellten Programme weiterhin hörbar sind.

In der Deutschschweiz sind vom 17.10.2012 an folgende Sender über DAB+ empfangbar:

deutschschweiz dab bouquet 2012

Die öffentlich-rechtlichen Programme von Radio DRS firmieren demnächst unter dem Label „Radio SRF“. Nicht aufgeführt sind die geplanten Programme des dritten, regionalisierten Programmpakets sowie Sender aus den angrenzenden Gebieten. Wie im Artikel erwähnt, werden drei Programme zusätzlich im bisherigen Standard DAB ausgestrahlt.

 

Weiterführende Informationen:
Zahlen zur Digitalradioverbreitung in der Schweiz
Technische Informationen zur DAB-Versorgung in der Schweiz
DRS-Informationsseite zum Umstieg auf DAB+
Empfangsprognose DAB+

Artikelbild oben: MCDT (Montage), Foto: D. Kähler

 

XPLR: MEDIA Radio-Report