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Warum Fußballradio 90elf Streaming-Portale verlässt

Wie das Internetmagazin teltarif.de am 23. August meldet, verfolge Deuschlands Fußballradio 90elf die neue Strategie, Webradio-Portalen wie radio.deTunein.com oder Yourmuze.fm die Weiterverbreitung ihrer Streams zu verbieten, um die Verwendung der eigenen (kostenpflichtigen) Smartphone-Apps zu forcieren (siehe: „Fußballradio 90elf: Eigene Smartphone-Apps statt großer Portale“). Will 90elf jetzt nur noch Hörer per Streaming erreichen, wenn man an ihnen auch verdienen kann?

Nico Nickel (Bild: REGIOCAST)
Nico Nickel (Bild: REGIOCAST)

Gegenüber RADIOSZENE stellt REGIOCAST-Pressesprecher Nico Nickel im Interview fest: „Es ist schon bemerkenswert, wie ein einzelner schlecht recherchierter Artikel so eine Dynamik entwickeln kann. Sie sind nämlich aktuell der einzige Journalist, der uns zu diesem Thema jemals angesprochen hat. Insofern ist hier eine Diskussion entstanden, die auf fehlenden Fakten basiert.“

RADIOSZENE: „Aber Fakt ist, 90elf ist auf Webadio-Plattformen verschwunden…“

REGIOCAST: „Ja, es ist richtig, dass wir bei diversen Streamingplattformen mit 90elf nicht mehr auftauchen. Das ist bei einigen Aggregatoren wie beispielsweise radio.de aber schon seit längerer Zeit der Fall und hat meines Erachtens bislang niemanden interessiert. Bei anderen haben wir es jetzt nachgeholt, bei wieder anderen sind wir noch in der Diskussion. Dabei haben wir alle Aggregatoren in herzlichen Gesprächen darum gebeten, unser Produkt in der wohlgemerkt mobilen Version rauszunehmen. Dazu wäre eine nur leicht geänderte Fassung für die mobilen Anwendungen nötig. Im Ergebnis hat es aber dazu geführt, dass die Aggregatoren uns komplett aus ihren Listen streichen. Wir haben darum nicht gebeten, nehmen das aber in Kauf, da wir in der Gesamtheit keine großen Reichweiten über die Anbieter, bei denen wir noch gelistet waren, verzeichnet haben. Die an einigen Stellen mutmaßlich hohen Streamingkosten sind also nicht der Grund für unsere Entscheidung.“

RADIOSZENE: Welches sind dann die Gründe für die Streichung der Streams?

Die neue 90elf-App
Die neue 90elf-App

REGIOCAST: „Wir zahlen jedes Jahr sehr viel Geld für die exklusiven Liverechte für die 1. und 2. Liga, den DFB-Pokal und Spiel der Europa und Champions League. Diese müssen entsprechend finanziert werden. Das versuchen wir in der absolut großen Mehrheit über die Werbeeinnahmen zu realisieren. 90elf ist im Internet, über WLAN-Radios, DAB+ & Co. kostenlos empfangbar und einmalige App-Kosten von 2,99 Euro pro Saison sind nun wirklich kein Wucher. Auch die neue App (mit sehr viel Produktionsaufwand erstellt, technisch komplex, hohe Programmierungskosten, fortlaufende Updates) war übrigens wie in den letzten Jahren längere Zeit kostenlos abrufbar und wurde in dieser Phase fast 300.000 Mal heruntergeladen. Seit einer Woche kostet die App nun 2,99 Euro. Dies ist übrigens in der letzten Saison ganz genauso gewesen. Dafür gibt es Live-Fußball in vollem Umfang – alle Spiele, einzeln und in Konferenz – für eine ganze Saison. Hinzu kommen weitere mobile Dienste, wie Ticker etc., die durch die Aggregatoren nicht abgebildet werden können. Dadurch bleibt das Potenzial und der Wert von 90elf auf der Strecke. Wir sind der festen Überzeugung, dass dieses tolle Angebot etwas wert ist. Gerade in Form der mobilen Nutzung handelt es sich um ein einzigartiges Angebot. Und die steigenden Hörer- und Nutzerzahlen geben uns recht. Und: Auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es nicht kostenfrei sondern er kostet jeden Einzelnen monatlich eine ordentliche Summe Geld. Dies wird in der Diskussion nur zu gern vergessen.

RADIOSZENE:  Wie ist denn die wirtschaftliche Entwicklung von 90elf, kann der Sender mit mehr Hörern – egal wie sie den Sender nun hören – nicht auch mehr Geld verdienen?

REGIOCAST: „Wirtschaftlich sind wir mit 90elf auf einem sehr guten Kurs. Wir müssen aber schlicht aufpassen, dass dieses Angebot nicht hintergangen wird. Für uns ist der Schritt, ohne die Aggregatoren zu arbeiten, sogar riskant. Denn viele WLAN Radios rufen die Streams von solchen Listen ab. Aber warum sollen wir hier unser Geschäftsmodell zerstören? Warum sollen wir Aggregatoren dabei helfen, mit unserem aufwändig hergestellten Produkt Geld zu verdienen? Das mag bei anderen Produkten keine große Relevanz haben. Beim Thema Lizenzrechte für Livefußball hat es das aber. Für uns ist die Refinanzierbarkeit eine ökonomische Notwendigkeit. Und das können wir bei einer Nutzung über unsere Plattformen einfach viel effektiver, da wir neben den Audiovermarktung so auch mobile Werbung oder das Inventar auf 90elf.de vermarkten können.“

RADIOSZENE:  Herr Nickel, vielen Dank für das Gespräch.

 

XPLR: MEDIA Radio-Report