Genesungswünsche an Stephan Hampe

bitter lemmer kleinGewaltopfer bleiben für die meisten Leute anonym, Hörer wie Medienmacher. Man hat im besten Fall ihren Namen im Netz, in der Zeitung gelesen oder im Radio gehört. Jetzt steht da der Namen Stephan Hampe, und den kennen viele von uns persönlich. Das geht unter die Haut, nicht nur, weil er ein netter Kollege ist.

Der erste Gedanke lautet: Hoffentlich erholt er sich und wird wieder gesund. Der zweite Gedanke ist: Was ging in seiner Frau vor, als sie ihn gefunden hat? Der dritte Gedanke lautet: Wer war das? Der vierte Gedanke lautet: Ist es ein Zufall, dass es diesmal einen getroffen hat, den wir kennen, oder ist Gewalt ein ausgreifendes Phänomen? Der fünfte Gedanke lautet: Wenn Gewalt ein ausgreifendes Phänomen ist – haben wir als Publizisten unseren Anteil, dass es ausgreifen konnte?

Stephan Hampe
Stephan Hampe

Für Gedanke vier und fünf ist es noch ein bisschen früh. Wir wissen zu wenig über diese Tat. Mir fällt freilich schon auf, dass in Berlin gerade eine üble Debatte über Gewalt gegen Sachen geführt wird. Die besagt verkürzt, Gewalt sei nicht so schlimm, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Es darf nur brennen, und die Täter müssen linksextrem sein. Eine solche Debatte endete schon einmal damit, dass dann auch Personen zu Sachen erklärt wurden. Jetzt spricht vermutlich nichts dafür, dass der Überfall auf Stephan politisch motiviert war, aber das Klima, auf dem solche Debatten gedeihen, lässt weitere Inakzeptabilitäten zu. Die Namen von Tätern sind für uns in den Nachrichten fast immer tabu – wegen der Persönlichkeitsrechte. Sogar die Herkunft wird oft verschleiert, weil das ja zu irgendwelchen diffusen Gedanken führen könnte. Bei all dem gerät das Opfer aus dem Blickfeld, was die Tat in der öffentlichen Wahrnehmung verschleiert.

Bleiben wir vorerst bei Gedanken eins, zwei und drei. Alles Gute, Stephan. Werde wieder gesund.

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Lemmer
Christoph Lemmer arbeitet als freier Journalist in Berlin.

E-Mail: christoph@radioszene.de