MDR-Intendantenposse: Lieblingskandidat der sächsischen Staatskanzlei zahlte nur ungern GEZ-Gebühr

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Bernd Hilder, noch Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, einziger Kandidat für den Intendantenposten des MDR, hat ein massives Intrigenproblem: Jemand (wer auch immer) spielt derzeit allen möglichen Medien (auch mir) einen GEZ-Antrag zu, den Hilder 2005 ausfüllte. Angenommen, das Dokument ist echt, offenbart es möglicherweise zweierlei: Einmal, dass der wahrscheinlich künftige Oberstaatsfunker nur ungern seine Zwangsgebühr zahlte. Zum anderen, dass er jahrelang möglicherweise gar nicht zahlte. Damit ist Hilder eine wandelnde Bestätigung für den Spruch, laut dem das Sein das Bewusstsein bestimmt.

Bei der Frage, ob er GEZ-Gebühren zahle, kreuzte er “ja” an. Von Hand schrieb er daneben: “leider”. Freiwillig hat er sich den Fragebogen nicht besorgt. Zwei Mal kreuzten GEZ-Schnüffler bei ihm auf, am 21. und am 24. Januar 2005, wie aus einem Besuchsprotokoll hervorgeht, das ebenfalls durchsickerte. Da wohnte er schon knapp zwei Jahre in Leipzig.

GEZ-Antrag aus dem Jahr 2005 ausgefüllt von Bernd Hilder
GEZ-Antrag aus dem Jahr 2005 ausgefüllt von Bernd Hilder

Hilder ist der einzige Kandidat, der sich heute zur Wahl stellt. Nominiert hat ihn der Verwaltungsrat des Senders. Der Verwaltungsrat tat das, weil Hilder der Liebling von Sachsens Staatskanzleichef Johannes Beerbaum ist, der Ansichten vertritt, die in einem demokratischen Rechtsstaat mit Gewaltenteilung nichts verloren haben.

Dass Hilder seine GEZ-Gebühren nur widerwillig zahlt, wenn überhaupt, spricht nicht gegen ihn. Das geht praktisch allen Deutschen so. Dass er sich mir nichts dir nichts für ein bequemes Salär von 200.000 Euro nebst generöser Altersvorsorge kaufen lässt, dagegen schon. Seine Wahl ist nach der unbequemen Enthüllung unsicher geworden. Schon jetzt darf aber als gesichert gelten, dass ein Rufschaden an ihm kleben bleibt.

Hilder hat unterschätzt, was für eine Schlangengrube so eine Dreiländeranstalt ist. Warum sickert sein alter GEZ-Antrag ausgerechnet jetzt an die Oberfläche? Versuch einer Antwort: Weil Sachsen-Anhaltiner, Thüringer, SPD und Grüne  es möglicherweise nicht so lustig finden, dass der Intendant auch ihrer Anstalt so offensichtlich sächsisch und CDU-nah ist. Sollte der LVZ-Chef tatsächlich geglaubt haben, er könne den MDR führen wie eine Zeitungsredaktion? Sollte er den Quatsch von der Staatsferne wirklich geglaubt haben? Daran, dass journalistische Kompetenz wichtiger sei als politisches Klüngeltalent? So viel Naivität wäre kaum zu fassen.

Lemmer
Christoph Lemmer arbeitet als freier Journalist in Berlin.

E-Mail: christoph@radioszene.de