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Simon Beeck: „Moderator mit Herz und Nieren“

Simon Beeck
Simon Beeck

Er bezeichnet sich selbst als „Moderator mit Herz und Nieren“. Neben seiner Tätigkeit bei „Bremen Vier“ moderiert Simon Beeck seit September 2010 zusammen mit Jan Böhmermann bei „1Live“. Mit uns hat Simon über seine neuen Aufgaben beim WDR gesprochen. Außerdem erzählt er von seinen spannenden Zugfahrten zwischen Bremen und Köln, seiner Beziehung zur Lieblingshörerin Frau Bender und prominenten Studiobesuchern.

RADIOSZENE: Seit September moderierst du alle zwei Wochen mit Jan Böhmermann die Nachmittagsschiene BEECK & BÖHMERMANN in 1Live. Was hat sich im Gegensatz zur Einzelmoderation verändert?

Beeck: Ich stehe jetzt nicht mehr alleine im Studio. Die Sendung und ihre Inhalte werden auf zwei Gehirnhälften verteilt. Gut, sagen wir, auf eine halbe und anderthalbe. Man redet nicht mehr mit sich selbst (hat ja viel von einer Selbstgesprächstherapie), sondern quatscht mit jemandem. Der hört zu und reagiert. Toll.

Bei uns wird auch wenig vorab getextet, der Großteil passiert spontan im Studio. Auch wenn wir uns natürlich die Themen und Drehen im Hinterkopf zurecht legen. Ich finde ja, so eine Sendung muss (interaktiv) leben und darf nicht ausschließlich aus Subjekt, Prädikat, Objekt, Wortspiel bestehen.

RADIOSZENE: Du fährst die Sendung und bist für die Technik zuständig. Kann Jan durch Witze und das Schreiben lustiger Texte ein ausgeglichenes Arbeitsverhältnis wiederherstellen?

Beeck: Keine Angst, das gleicht sich am Ende schon wieder aus. Wenn man wie ich extrem gerne fährt, stört es nicht im geringsten. Ich suche nach den richtige Transitions und Jan sucht das nächste Thema oder spielt „Schiffe versenken“ auf seinem iPad. So will es die Gleichstellungsbeauftragte des Westdeutschen Rundfunks. Ein bedeutender Urologe hat ja auch mal gesagt: Wichtig ist, was hinten rauskommt.

RADIOSZENE: Habt ihr im Vorfeld der gemeinsamen Sendung schon zusammengearbeitet?

Beeck: Nie. Jan und ich haben lustigerweise zur selben Zeit (Ende der 90er) bei Bremen Vier als Reporter angefangen – während des Abis. Eine gemeinsame Sendung hat es trotzdem nie gegeben.

RADIOSZENE: In der Sendung spürt der Hörer, dass ihr ein eingespieltes Team seid. Hat es lange gedauert, um diese Lockerheit zu erreichen?

Beeck: Das hat uns auch überrascht. Da hatte Jochen Rauch, der 1a Wellenchef von 1LIVE, ausnahmsweise mal eine gute Idee. Jan und ich wären selbst nie drauf gekommen gemeinsam ins Studio zu gehen. Aber schon beim Sendungs-Dummy war uns beiden klar: Da haben sich zwei Idioten gefunden, die zusammenpassen und sich – noch viel wichtiger – ergänzen.

RADIOSZENE: Bei Twitter schreibst du häufig über kuriose Bahnfahrten. Seit wie vielen Jahren pendelst du schon zwischen Bremen und Köln?

Beeck: Das mache ich jetzt seit über zwei Jahren. Anfangs jede Woche – wegen der 1LIVE-Sendung am Sonntagvormittag, jetzt noch 4-6 Mal pro Monat. Ich sach ja immer: „Wenn Du Deutschland richtig kennenlernen willst, stelle Dich zwei Stunden auf einen Bahnhof. Wenn Du seine Abgründe kennenlernen willst, steige in einen Zug.“

Kleiner Tipp von mir: Beim ersten Anflug eines Tosca-Dufts im Nasenflügel sofort Kopfhörer ins Ohr, Laptop aufklappen, Film anmachen und tot stellen. Nur so entgeht man dem Gespräch mit der 50 Jahre älteren Sitznachbarin über ihre Enkel. Getoppt werden diese Gespräche nur noch von angehenden Abteilungsleiter, die meinen mit einem Anruf ihrer Sekretärin das gesamt Abteil unterhalten zu müssen. Wenn das Deutschlands wirtschaftlicher Nachwuchs in der Führungsebene ist, sehe ich unser Land bald hinter Usbekistan.

Simon Beeck (Bild: Bremen Vier)
Simon Beeck (Bild: Bremen Vier)

RADIOSZENE: Bei „Bremen Vier“ hat deine Radiokarriere begonnen. Was schätzt du an Radio Bremen und der gewissen Lokalität?

Beeck: Bremen Vier ist das Beste was einem jungen Moderator, der sich noch ausprobieren muss/möchte, passieren kann. Hier gibt es weniger Regeln als anders wo. Hier lebt Radio, ist spontan und kann vom Moderator prägend mitgestaltet werden. Denn als Moderator von ‚Bremen Vier bis Acht‘ habe ich einen sehr großen Einfluss auf die Sendung und die Auswahl/Drehen der Themen. Das ist toll. Eigentlich sollte jeder Moderator, vorher auch mal ein guter Redakteur gewesen sein, finde ich.

RADIOSZENE: Welche Vorteile würdest du sofort nennen, wenn du auf die Arbeit bei zwei Radiostationen angesprochen wirst?

Beeck: Weniger Freizeit. Nee, so viele Vorteile hat man da nicht. Außer, dass man eben in zwei Städten lebt und in zwei unterschiedlichen Formaten sendet. Das eine spielt Roxette, das andere nicht. Und ich habe doppelt so viele nette Kollegen.

RADIOSZENE: Ein beliebtes Highlight im Programm von Bremen Vier ist der Podcast „Beeck und Bender“ Wie hast du Frau Bender kennengelernt und wie ist die Idee entstanden?

Beeck: Das ist jetzt über sechs Jahre her. Damals hatte ich als Bremen Vier-Livereporter den Auftrag am Montagmorgen über die Aufräumarbeiten nach dem Stadtfest vom Wochenende zu berichten. Morgens um halb6. Da war natürlich niemand auf der Straße – außer die Jungs von der Straßenreinigung mit ihren beschränkten Deutschkenntnissen und einer alten Frau, die schimpfend im weißen Kittel und Besen in der Hand vor ihr Tür fegte. Als ich sie fragte, was sie denn da um diese Uhrzeit machen würde, sagte sie: „Ich mach hier den Dreck weg. Die ganze Kotze, Pisse und das Blut. Wenn ich das nicht mache, macht es ja sonst keiner.“ Da war es Liebe auf den ersten Blick. Als mir der damals neue Bremen Vier-Wellenchef, Helge Haas, den Samstagvormittag anvertraute, wollte ich einen kleinen Wochenrückblick in der Show haben. Die Sicht eines ganz besonderen Menschens auf die Woche. Da kam nur eine in Frage: Volkes Stimme! Denn „die Wahrheit auf dem Sender, die sagt ihnen Frau Bender“.

RADIOSZENE: Als Hörer könnte man annehmen, sie sehe dich als eine Art Sohn/Enkel. Wie schätzt du euer Verhältnis ein?

Beeck: Frau Bender hat keine eigenen Kinder und wird nächstes Jahr 77. Ich bin schon so was wie ein Enkel für sie, glaube ich. Wir telefonieren jetzt seit über drei Jahren jede Woche. Das schweißt zusammen. Da weiß man natürlich auch mehr, als man dann am Ende im Radio sendet.

RADIOSZENE: Eine beliebte Frage darf selbstverständlich nicht fehlen: Kannst du dich an eine peinliche Situation während einer Sendung erinnern?

Beeck: Das Schlimme ist ja, mir ist im Radio wenig peinlich.

RADIOSZENE: Ein Höhepunkt in diesem Jahr ist sicher der Besuch von Kylie Minogue und Usher gewesen. Wie bereitet ihr euch auf diese Interviews vor und welche Rolle spielt dabei der Twitteraccount der Stars, die ihr im Vorfeld studiert?

Beeck: Jan und ich sind ja zuhause ausgezogen und leben jetzt im Netz. Das hat der knallharte WDR-Moderatorenvertrag von uns verlangt. Twitter ist ’ne tolle Möglichkeit abseits der Gala und promischlampen.de was aus dem Privatleben der „Künstler“ zu erfahren. Usher war in der Nacht vor seinem Studiobesuch noch in einem Londoner Club unterwegs, hat er getwittert. Angeblich mit seinen „Tänzerinnen“ (knapp bekleideten). Da wollten wir von ihm wissen, ob er denn ein paar Stunden später noch die Namen der fünf Babes auf dem Foto kennt. Er hat dann ganz schnell abgelenkt. Komisch.

RADIOSZENE: Was sind deine beruflichen Ziele für 2011?

Beeck: Das alles so bleibt wie es jetzt ist. Denn so wohl wie im Moment habe ich mich in den letzten 15 Jahren Radio noch nie gefühlt.

(Interview: Johan Kurzenberg)

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