APR: Rezipienten erwarten Programme zeitversetzt im Internet

APR-weissRadiohörer sehen es inzwischen als selbstverständlich an, dass sie im Internet zeitversetzt einzelne Sendungen und Themen zum Nachhören finden. Das Urheberrecht steht dem allzu oft im Wege, kritisiert die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) in einem Positionspapier.

„Unsere Mitgliedsstationen sind im Internet gut aufgestellt. Von ansprechenden Websites über neue Internetradios bis hin zu den von der APR unterstützten iPhone-Applikationen reicht die Palette“, beschreibt APR-Vorsitzender Felix Kovac das Engagement des Privatradios im Internet. „Den Hörern darüber hinaus einzelne Beiträge und Sendungen im Internet zum Nachhören verfügbar zu machen, scheitert am Anspruch der Tonträgerindustrie, sobald ein paar Sekunden Musik zu hören sind“, bedauert Kovac. Dabei gehe es den Radiostationen nicht darum, einzelne Musikdateien zum Download bereitzustellen. „Unsere Programme wirken eher als Werbung für Tonträger, sie ersetzen auch im Internet nicht den Verkauf von CDs oder den Download von Musik aus legaler Quelle“, so Kovac.

Die APR-Mitgliederversammlung fordert vom Bundesministerium der Justiz, beim nächsten „Korb“ der Modernisierung des Urheberrechts die Position der Radioanbieter im Internet mit der Rechtslage bei der klassischen Sendung in Einklang zu bringen. Bei linearen Angeboten haben die Tonträgerhersteller und Künstler kein Verbotsrecht sondern einen Vergütungsanspruch gegenüber den Sendern. In der Praxis kassiert die GVL alleine von den Privatradios im Jahr zwischen 22 und 25 Mio. € als Abgeltung der Leistungsschutzrechte der Künstler und Tonträgerhersteller. Die GEMA erhält zusätzlich für die Urheberrechte der Komponisten und Texter einen jeweils etwas darüber liegenden Betrag.

Für die reine Zweitverwertung von Musik, wie sie für die Nutzung im Radio typisch ist, fordert die APR auch für die Onlinenutzungen eine praktikable Lösung. „Wir stellen nicht in Abrede, dass Künstlern und Tonträgerherstellern eine angemessene Vergütung zusteht. Ein Verbotsrecht greift aber in unsere Programmhoheit ein“, so Kovac. „Wir können ja schlecht unterschiedliche Versionen von Sendungen und Beiträgen erstellen, einmal für das lineare Programm und das andere Mal für die Internetnutzung.“

Positionspapier der APR:

Mit Sorge sieht die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) die starre Haltung der Tonträgerindustrie bei der Lizenzierung im Online-Bereich. Während die Programmanbieter mehr und mehr die Erfahrung machen, dass die Zuschauer und Zuhörer die zeitsouveräne Nutzung von Angeboten im Internet erwarten, gehen die Tonträgerhersteller offenbar nach wie vor davon aus, dass jegliche Musik im Internet den Tonträgerabsatz substituiert. Eine solche Sichtweise ist jedoch unzutreffend.

Richtigerweise ist zu differenzieren zwischen der Erst- und der Zweitverwertung. Die Erstverwertung findet statt durch den Verkauf von CDs im Plattenladen oder den Download von Musikdateien wie etwa bei iTunes gegen entsprechendes Entgelt. Die Zweitverwertung ist die Sendung von Musik im Radio oder Fernsehen unabhängig von der Verbreitungstechnik oder das Anhören oder Anschauen von Programmen und Sendungen, die man zur Sendezeit verpasst hat, im Internet

Die Erstverwertungsrechte liegen üblicherweise beim Rechteinhaber, der sie individuell vermarktet.

Die Zweitverwertungsrechte liegen üblicherweise bei einer Verwertungsgesellschaft, die sie kollektiv abrechnet. Bei der Sendung von Musik von einem erschienenen Tonträger hat der Gesetzgeber das ausdrücklich geregelt: Der ausübende Künstler hat kein Verbotsrecht, sondern einen Vergütungsanspruch gegen das Sendeunternehmen. Dieser Zahlungsanspruch wird von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen. Der Tonträgerhersteller hat an diesem Vergütungsanspruch seinen angemessenen Anteil, jedoch keine Ansprüche gegen das Sendeunternehmen, erst recht kein Verbotsrecht.

Bei der Zweitverwertung als lineares Programm ist § 20 UrhG, bei der zeitsouveränen Zweitverwertung § 19a UrhG einschlägig. Die Norm des § 19a UrhG ist allerdings auf die Erstverwertung hin konzipiert: Urheber, Künstler und Tonträgerhersteller haben ein Verbotsrecht, was dann sinnvoll ist, wenn Musikdateien wie etwa bei iTunes verbreitet werden sollen. Das – aber eben nur das – substituiert den Vorgang der Erstverwertung in der analogen Welt, also den Kauf der CD. Die Norm wird zu Unrecht auf die Zweitverwertung im Online-Bereich angewandt, also auf Hintergrundmusik in Sendungen.

In der Lizenzierungspraxis ist die Urheberseite bereit, die Zweitverwertung von Sendungen und Programmen im Internet nach § 19a UrhG zu lizenzieren. Die Tonträgerseite ist dazu bislang nur vereinzelt bereit.

Die in der APR zusammengeschlossenen Programmanbieter treten dem Verbotsrecht der Urheber, ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller bei der Erstverwertung nicht entgegen. Ebenso wenig stellen die Anbieter privaten Rundfunks die angemessene Vergütung bei der Zweitverwertung von Tonträgermusik in Abrede. Die APR ist Gesamtvertragspartner der GVL für das Senderecht.

Jedoch entspricht es dem praktischen Bedürfnis, die zeitsouveränen Zweitverwertung von Tonträgermusik entsprechend dem Vorbild der §§ 78 Abs. 2, 86 UrhG derart zu regeln, dass die ausübenden Künstler und hieran beteiligt die Tonträgerhersteller einen Anspruch auf angemessene Vergütung, nicht jedoch ein Verbotsrecht haben. Die Vergütung ist ausschließlich von einer Verwertungsgesellschaft wie zum Beispiel der GVL wahrzunehmen. So ist gewährleistet, dass die aus Sicht des Nutzers austauschbaren Formen des Programmkonsums – während der Präsentation nach dem Sendeplan oder zeitsouverän – nach gleichen rechtlichen Grundsätzen erfolgen können.

Dieses Positionspapier lag der Mitgliederversammlung der APR am 24. März 2010 im Münchener Literaturhaus vor und wurde danach vom Vorstand in einer die Diskussion zusammenfassenden Weise einstimmig beschlossen.

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