Audio-Studie: Wie hören die Menschen 2018 Radio?

James Cridland's Radio Future: Audio-Studie: Wie hören die Menschen 2018 Radio?Letzte Woche sind in Großbritannien interessante Marktstudien für Radiomacher erschienen. Die Hörerforscher von RAJAR veröffentlichten ihre vierteljährlich erscheinenden Ergebnisse der Audio-Studie „MIDAS“ für den Winter 2017. MIDAS steht für „Measurement of Internet Delivered Audio Services“, also Messergebnisse internetbasierter Audiodienste. Diese Studie beschreibt detailliert, wie und wo Menschen Audio konsumieren.

Diese Audio-Studie zeigt viele positive Signale für das Radio. Radio macht immer noch 75% des gesamten Audiokonsums eines „durchschnittlichen Briten“ aus: eine Zahl, die bei den 15-24jährigen auf 50% absackt, aber immer noch beeindruckend ist. Jedenfalls eine Überraschung für Diejenigen, die behaupten, dass irgendetwas den „Radiostar getötet“ hat.

Auch Radio on Demand in Form von „Podcasts“ und „Listen Again“ (der Unterschied ist nicht messbar und lässt sich wohl am besten bei einem Bierchen besprechen) ist stark vertreten. Podcasts – am meisten genutzt bei den 25- bis 34jährigen – erreichen mittlerweile 6,1 Millionen Erwachsene im Vereinigten Königreich (das sind 11 % der Bevölkerung).

Es gibt zwei interessante Spitzenzeiten der Podcast-Nutzung: den frühen Abend gegen 18 Uhr, aber überraschenderweise auch den Morgen gegen 8.30 Uhr – der ist auch Höhepunkt der Radionutzung. Die Grafik ist zwar hässlich, aber sie lässt ahnen, dass etwa ein Fünftel der Radiohörer sich entschieden hat, morgens Podcasts zu hören (wenn sie nicht sogar beides tun, klar).

Audio-Studie MIDAS: Wie wird 2018 Audio konsumiert?
MIDAS-Studie: Wie wird 2018 Audio konsumiert?

Die MIDAS-Daten machen den Unterschied zwischen der Gerätenutzung bestens deutlich. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass ich mich darüber ausgelassen habe, wie Lautsprecher und Kopfhörer zu unterschiedlichen Hörgewohnheiten führen. Diese Daten scheinen sich hier zu bestätigen (Folie 10): Live-Radio macht auf einem Smartphone nur 22% des Hörens aus, aber auf einem Laptop, Desktop oder Tablet ist es mit ca. 35 % die beliebteste Art des Audiogenusses. Wieder einmal scheint offensichtlich, dass Live-Radio besser über Lautsprecher im Raum als über Kopfhörer auf einem persönlichen Gerät funktioniert.

Einige Daten informieren uns darüber, welche Audiodateien die Leute auf ihren „intelligenten“ Lautsprechern hören. Darauf komme ich gleich zurück.

„Intelligente“ Lautsprecher waren – neben einer ganzen Reihe neuer sprachgesteuerter Lautsprecher verschiedenster Hersteller – Höhepunkt der auf der CES angekündigten Forschungsarbeiten von NPR und Edison Research.

Deren Daten verdeutlichen den hohen Nutzungsgrad dieser Geräte innerhalb vieler US-amerikanischen Haushalte; 7% der US-Haushalte schafften sich Ende letzten Jahres einen Smart Speaker an und 71% gaben an, dass sie dadurch mehr Audio hören. Die Daten zeigen auch, dass die Menschen weniger Mittelwelle und UKW hören. Um es klar zu sagen: Sie hören immer noch Radio auf diesen Dingern – nur nicht über Mittelwelle oder UKW. Was mich wieder auf die Podcast-Statistiken bringt.

Audio Time rajar MIDAS Winter 2017 fb min

RAJARs Audio-Studie MIDAS liefert einfach keine Zahlen für die Podcast-Nutzung auf smarten Lautsprechern. Scheinbar ist die Zahl einfach zu klein, um in ihren Charts zu erscheinen. Nicht einmal das Wort „Podcast“ wird in all den Daten von NPR und Edison Research erwähnt! Zwar werden einige Details unter dem Begriff „Tägliche Informationsbeschaffung“ gesammelt, aber Podcasting scheint fast komplett zu fehlen.

Ein Grund könnte sein, dass intelligente Lautsprecher normalerweise in gemeinsam genutzten Räumen installiert sind und Podcasts in der Regel einzeln und allein genossen werden. Oder ist es etwa zu schwierig, Podcasts auf einem sprachgesteuerten Lautsprecher zu selektieren – vor allem Podcasts, bei denen Sie bestimmte Episoden in passender Reihenfolge anhören möchten?

Diese Forschungsergebnisse – und einige andere – machen klar, dass Radio ein Ding und keine Plattform ist. Die Hörer erfreuen sich zunehmend an Radio auf Abruf und neuen Plattformen. Unsere Aufgabe ist es, das für alle so einfach wie möglich zugänglich zu machen.


James CridlandDer Radio-Futurologe James Cridland, spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land. Kontakt: james@crid.land oder @jamescridland.