Warum die britische Radioindustrie auf dem Vormarsch ist

James Cridland's Radio Futrure

Überraschung! Umgeben von einer Welt dürftiger Radioumsätze stiegen Großbritanniens Radioumsätze im 2. Quartal 2017 um 11%. Sagenhaft!

Wie haben sie das gemacht? Nun, erstens könnten es in einem Vierteljahr 11 % gewesen sein, aber britisches Radio wird das Jahr wahrscheinlich mit plus 4 % bei ungefähr 875 Millionen USD beenden.

Bei einem Bier in einer französischen Bar – und das macht das Thema ‚Ausgaben‘ wahrhaftig nicht leichter – hatte ich ein Gespräch mit ein paar Leuten aus dem Vereinigten Königreich. Wir wollten verstehen, warum es Großbritannien trotzdem gut geht.

Foto: James Cridland
Foto: James Cridland

Erstens wollten sie unbedingt darauf hinweisen, dass das Radio-Publikum treu bleibt – vor allem, wenn man sich die kumulierten Hörerzahlen ansieht. Die erzählen uns, wie man am besten die Marke etabliert – denn schließlich bieten sie eine gute und nützliche Basis. Auch RAJAR, das britische Hörerforschungsunternehmen, leistet gute Arbeit bei der Veröffentlichung dieser Zahlen – sie werden vierteljährlich veröffentlicht und die Presse begleitet sie immer mit passenden Geschichten.

Zweitens hat Audio-Podcasting et al dazu beigetragen, Radio neu zu beleben. Radiosprecher in Agenturen, die zuvor dunkle Zeiten erleben mussten, weil sie die einzigen waren, die ohne klares digitales Werbeangebot arbeiteten, arbeiten jetzt am neuen glänzenden Stern der digitalen Welt – und sie machen wirklich das Beste draus. Insbesondere Großbritannien hat sich auf personalisierte Anzeigenplatzierung konzentriert. DAX-Handelsunternehmen, die Werbespots über Streamingdienste und Podcasts verkaufen, haben sicherlich dazu beigetragen, die Dinge einfach erfolgreich zu halten.

Drittens – Radio kommt nicht unbedingt online. Das ist gut, wenn man bedenkt, dass es in diesem Jahr viele Probleme mit dem Internet gegeben hat: von Anzeigen neben zweifelhaften Inhalten bis hin zu zwielichtiger Werbung, die Ansichten oder Engagement überschätzt hat. Und natürlich haben auch Werbeblocker ihre hässlichen Spuren hinterlassen – etwa 30% der Besuche auf meinen Websites nutzen zum Beispiel Werbeblocker – das sieht nicht gut aus. Als klassischer Werbeträger leidet das Radio unter nichts von Alledem – stattdessen bietet es verlässliche (und geregelte) Inhalte, anerkannt und verständlich gemacht durch Forschungsergebnisse und dergleichen.

radiocentreZu guter Letzt: Das Vereinigte Königreich verfügt mit dem ‚Radiocentre‚ über eine sehr starke Interessenvertretung der Industrie mit klaren und konsistenten Botschaften. In den USA findet nicht viel Zusammenarbeit statt: NAB, Nielsen und RAB machen die unterschiedlichsten Dinge, sorgen aber nicht wirklich für Lobpreisung des Radios – schon gar nicht in der gleichen konsequenten Art und Weise wie das ‚Radiocentre‘.
Es hilft wirklich.

Der Radioplayer hat auch in technischer Hinsicht großartige Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass alle UK-Radiostationen Platz im Armaturenbrett, auf einem Amazon Echo oder in den Hybrid-Radio-Empfängern der Zukunft finden.

Ich sprach bei unserer Diskussion immer wieder von den Vorteilen einer Zusammenarbeit innerhalb der Branche. Es ist eine gute Sache – mittlerweile könnte Zusammenarbeit scheinbar Einkommen drastisch beeinflussen.

Nachdem wir ein wenig mehr über die britische Radioindustrie erfahren hatten, stellte sich heraus, dass die Bar, in der wir uns befanden, auch Lebensmittel verkaufte. Wenn das australische Finanzamt also die von mir abgelieferte Bewirtungs-Quittung sieht, hat es auch hoffentlich diese Zeilen gelesen – weil ich denke, dass sich das alles gelohnt hat.

 


James CridlandDer Radio-Futurologe James Cridland, spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Er betreibt den Medieninformationsdienst media.info und hilft bei der Organisation der jährlichen Next Radio conference. Er veröffentlicht auch podnews.net mit Kurznews aus der Podcast-Welt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.crid.land. Kontakt: james@crid.land oder @jamescridland.