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BvzM: Bayerische Lokalradios in der Krise

BvzMIn keinem Bundesland gibt es so viele Lokalradios wie in Bayern. Über 60 funken im Freistaat. Sie sind Stolz und Berechtigungsgrundlage für die Landesmedienanstalt. Millionen von Förder-Euros fließen in die kleinen Sender, die nun in der gestern veröffentlichten Reichweitenmessung aller Radios in Deutschland arg gerupft worden sind.

141.000 Hörer schalteten pro durchschnittlicher Stunde nicht mehr die im „Bayern Funkpaket“ zusammengeschlossenen Lokalsender ein, sondern wanderten in Scharen zum landesweiten Konkurrenten Antenne Bayern ab, der nun hart an der Ein-Millionen-Hörergrenze sendet und dessen qualitativ hochwertiges Programm hervorragend ankommt. 15,8 Prozent der Hörerschaft auf einmal zu verlieren ist hart und stößt das Geschäftsmodell der Lokalsender in eine tiefe Krise. Denn die Tragik ist, dass der ärgste Gegner aus dem gleichen Lager kommt und nicht im Bayerischen Rundfunk sitzt.

Antenne Bayern, der landesweite Privatsender, in dem Burda, RTL, Springer, bayerische Verleger und Helmut Markwort persönlich Gesellschafter sind, beherrscht das programmliche Spiel mit regionaler und auch lokaler Berichterstattung und Anmutung perfekt. Da braucht es keine Lokalradios aus Sicht der Hörer. Werbung aus lokalem Markt zu akquirieren ist ohnehin eine Sisyphosaufgabe im deutschen Radiomarkt, auch wenn es die Bayerische Lokalradiowerbung (BLW) gerade geschafft hat, in den Gesellschafterkreis des nationalen Vermarkters Radio Marketing Service (RMS) aufgenommen zu werden. Die Konzentrationstendenzen des Einzelhandels sind seit Jahren Gift für die Lokalradios in Bayern. Und jetzt noch die Absage der Hörer.

Auch das lokale TV-Modell in Bayern funktioniert mehr schlecht als recht. Eine angelaufene Untersuchung soll entweder das Experiment abdrehen oder die Millionenförderung aus dem Kabelgroschen beenden. Marktwirtschaftlich ohne Subventionen wäre das Lokalradio-Modell in Bayern am Ende. Jetzt könnte nur eine radikale Programmierungsänderung Morgenröte bringen, oder neue Gesellschafter machen das leckgeschlagene Schiff wieder flott.

Bernt von zur Mühlen arbeitet als Medienberater in Luxemburg. E-Mail: bvzm@bvzm.net

Dieser Beitrag ist im Rahmen des täglichen Tagebuchs von Bernt von zur Mühlen im Medienboten am 9. März 2006 erschienen und wird mit freundlicher Genehmigung des Medienbote Verlags auf RADIOSZENE veröffentlicht.

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