James Cridland: „Radio muss sich neu definieren“

James Cridland's Radio FutrureLetzte Woche war ich in Sydney auf der Australian Podcast Conference, die sich OzPod nennt. Viele unabhängige Podcaster hatten sich mit Leuten der australischen ABC zusammengetan, die am Morgen einen Fonds von einer Million Australische Dollar für Podcaster angekündigt hatte.

Ozpod 2017In den letzten zwölf Monaten habe ich einen Überblick über Podcasts zusammengestellt. Im letzten Jahr war dies ein verhältnismäßig einfacher Job. Man nehme einige britische und US-Daten, stelle sie als irgendeine Art Normalität dar – und fertig! In der Tat gab es nämlich keine einzige australische Statistik.

Dieses Jahr war alles anders. Völlig anders.

Wir sahen die netten Leute von Edison Research, die in Australien zwei verschiedene Recherchen betrieben hatten – eine rund um geteiltes Audio und eine rund ums Podcasting. ABC hatte selbst eine Umfrage bei ihrem Publikum und auch einige repräsentative landesweite Untersuchungen durchgeführt. Das brachte einige eindrucksvolle Schlagzeilen: 89% der Australier kennen Podcasts, eine schöne Zahl und gut zu wissen. 79% der jüngeren Aussies haben auch schon einen Podcast gehört.

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Glücklicherweise konnte ich auch auf ein Bündel Forschungsergebnisse anderer Leute und anderer Länder zugreifen. Im vergangenen Jahr hatte die Podcasting-Welt nur wenig Informationen zur Verfügung. Dieses Jahr war dies anders und wird noch mehr werden, wenn Apple seine PPM-ähnlichen Statistiken im Laufe des Jahres auf den Markt gebracht hat. Man kann behaupten, dass jetzt mehr Forschung für Podcasting als für Radio betrieben wird – zumindest im öffentlichen Bereich.

Wie Radio hat auch Podcasting ein Definitionsproblem.

Den „Pod“, auf den ein Podcast angewiesen war, ist futsch – der iPod wurde von Apple inzwischen ziemlich ausgemustert. Puristen denken, dass ein Podcast etwas mit RSS-Feeds und Podcast-Anwendungen und Abonnements zu tun hat, obwohl mehrere Forschungsdetails darauf hinweisen, dass für die meisten Menschen ein Podcast nur ein Play-Button auf einer Website ist. Nick Quah, der auf der Konferenz aus einem Fernsehstudio in Boston zugeschaltet war, sagte uns, dass ein Podcast eigentlich als „Abruf-Audio“ definiert werden sollte, und dem würde ich doch glatt zustimmen.

Ähnlich ist es natürlich auch in der Welt des Rundfunks: In den USA definiert es eine Branche im Niedergang als etwas auf Mittelwelle und UKW; jedes andere Land definiert es eine Wachstumsbranche als Multiplattform-Produkt auf digitalen und analogen Plattformen.

Eine weiter gefasste Definition führt natürlich dazu, dass wir weniger „wir gegen sie“ sind und mehr zusammenarbeiten. Gut so! Mir scheint, dass Podcasting schnell wächst – und in Australien ist das traditionelle Radio zumindest ein Teil dieses Wachstums. NOVA Entertainment hat angekündigt, dass sie Werbung in Podcasts von Acast verkaufen wollen – während sie ihre Zeit dem eigenen Podcast-Repertoire gewidmet haben; Southern Cross Austereo ist der entsprechende australische Partner für PodcastOne – und dann wäre da noch die Millionen-Investition der ABC.
Es ist es an der Zeit, unsere Definitionen zu überdenken – denn ein Radio <>Podcast-Gespräch wird irgendwann beiden Seiten wehtun.

Meine Ozpod-Gespräche kann man auf YouTube sehen. Interessant sind sie auch für andere Länder – und was zum Lachen gibt es da auch.

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Weiterführende Informationen zur OzPod 2017


James CridlandDer “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.