Was vielen Radio-Webseiten fehlt

James Cridland: Was vielen Radio-Webseiten fehltEin Teil meiner täglichen Arbeit besteht darin, viele Radio-Webseiten und eine Menge Newsletter zu durchforsten. Das sorgt für interessante, aber oft auch nervige Erfahrungen.

Eine Sache ist typisch für Radio-Newsletter: Die Leute melden sich für den Newsletter-Bezug an, wenn sie im Großen und Ganzen Fans der Station sind – zumindest haben sie bereits zuvor mit der Radiostation interagiert.

Ein guter Newsletter bietet die Chance, die Hörerbindung zu verbesseren, indem Sie Ihren treuesten Zuhörern die Möglichkeit geben, etwas Neues auszuprobieren. Vielleicht gibt es in der Folgewoche ein gutes Interview zu hören, eine neue Show startet an diesem Wochenende oder sie können sich einen Best-of-Clip anhören, der nicht in der Morgenshow untergebracht werden konnte. Also alles Dinge, die helfen, Ihren Zuhörern neue Dertails Ihrer Station mitzuteilen, um sie als Stammhörer zu halten. (Besser: Können Sie sie durch Ihren Newsletter zur Interaktion bewegen?)

Ein guter Newsletter bietet auch die Möglichkeit, Ihre Zuhörer näher an Ihre Station zu binden, indem sie Neuigkeiten und Informationen über Ihre On-Air-Talente preisgeben. Es könnte so einfach sein – eine der Moderatorinnen hat einen neuen Haarschnitt oder Ihr Nachtprogramm-Präsentator hat letzte Woche ein schönes Foto im nahegelegenen Park geschossen. Talent sollte der entscheidende Punkt sein, der den Unterschied zu Pandora oder Spotify ausmacht. So kann das Beste aus der Beziehung zum Hörer herausgeholt werden – und genau das ist wichtig.

Stattdessen hat der Newsletter-Inhalt der meisten Radiostationen nichts mit der Station selber zu tun. Ein paar von Sponsoren bezahlte Wettbewerbe, einige Showbiz-Geschichten, die man genauso gut bei jedem Anderen finden könnte. Das Ziel scheint einzig zu sein, die Abrufe einiger Radio-Webseiten kurzfristig zu steigern, anstatt langfristig auf Hörgewohnheiten einzugehen. Das sieht mir doch sehr nach verpasster Gelegenheit aus!

Allerdings: Es ist eine riesige verpasste Gelegenheit! Zum Beispiel habe ich eine Radiostation entdeckt, deren Name nicht verrät, ob es sich um eine Radiostation handelt – „The Prime“ oder „SportsChat“ oder so ähnlich. Ich habe ihnen mal einen Besuch abgestattet, um herauszufinden, wie sie es machen.

Natürlich wies diese Website einen „Live hören“ -Button auf jeder Seite auf, der einen Web-Player startete. Das wollte ich nicht. Ich wollte vielmehr herausfinden, ob sie via DAB, Mittelwelle oder UKW-Frequenz senden. Sie wissen schon: die Art und Weise, die Ihnen über 80 % Ihrer TSL einbringt. Voller Hoffnung habe ich die Website abgegrast, aber keinerlei Hinweis gefunden.

Erst auf einer anderen Webseite konnte ich eine Frequenzangabe finden. Und ich habe mich verwundert gefragt, ob ich es auf der Website der Radiostation übersehen haben könnte. Sie können eine bestimmte Website durchsuchen, indem Sie „site: example.com Frequenz“ in Google eingeben, das startet die Suche nach jeder Erwähnung des Wortes ‚Frequenz‘ auf dieser Internetpräsenz. Jedenfalls – nein, in diesem Fall tat sich nichts. Diese Radiostations-Internetpräsenz wies keine Angabe einer Frequenz auf! Und auch – und das ist noch erstaunlicher – nicht das Wort „Radiostation“.

Die Chancen stehen gut: Ihre Station ist auf vielfältige Weise hörbar: via App, über Mittelwelle oder UKW-Frequenzen, mittels Digital Radio in irgendeiner Form oder auf Internet-Plattformen. Manchmal füllt dies ganze Listen. Über diese Station aber habe ich nichts über die verfügbaren Wege erfahren können. Das enttäuscht mich ein bisschen.

Vorschlag: Ihre Internetpräsenz und ihr Newsletter haben zum primären Zweck, Menschen dazu zu bringen, länger und öfter Ihre Radiostation einzuschalten. Klar eignen sie sich auch für andere Zwecke. Aber achten Sie doch bitte auf die Grundlagen: Frequenzen, Plattformen, Apps… Wenn diese Details auf Ihren Radio-Webseiten nicht leicht erkennbar sind, haben Sie den Zweck verfehlt. Und stellen Sie sicher, dass Ihr Newsletter auch eines tatsächlich erwähnt – Sie wissen schon: Ihren Radiosender!

 

James CridlandDer “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.