Warum aus Nordwestradio wieder Bremen Zwei wird

Logo von NordwestradioEs ist fast schon gute Tradition, dass die Hörfunkflotte von Radio Bremen im August jeden Jahres in die Werft kommt und inspiziert wird – oder wie in 2016 mit Bremen Next gar ein neues Beiboot zu Wasser gelassen wird. In diesem Jahr haben sich die Programmverantwortlichen das hauseigene Kulturradio Nordwestradio näher angesehen und gründlich renoviert. Die Veränderungen beginnen bereits bei der Firmierung – wobei man hier zurück zu den Wurzeln gefunden hat. Ab morgen, dem 12. August 2017, bekommt das Nordwestradio den neuen (alten) Namen: Bremen Zwei (RADIOSZENE berichtete). Ansonsten soll Gutes bleiben, viel Neues wird dazu kommen, so die Senderverlautbarung.

Radio Bremen Funkhaus Diepenau (Bild: Radio Bremen/Martin von Minden)
Radio Bremen Funkhaus Diepenau (Bild: Radio Bremen/Martin von Minden)

Im Gespräch mit RADIOSZENE erläutern Bremen Zwei Programmleiter Karsten Binder und Musikchefin Dr. Nicole Nelhiebel die Hintergründe der Umbauarbeiten am Programm.

RADIOSZENE: Nordwestradio wird nach 15 Jahren wieder in Bremen Zwei umbenannt. Welches sind die Gründe für diese Umfirmierung?

Karsten Binder: Das Nordwestradio wurde in der Öffentlichkeit häufig nicht als Programm von Radio Bremen wahrgenommen und erreichte nicht die Bekanntheit wie erhofft. Nach der Umbenennung in Bremen Zwei wird es sich in die Programmflotte mit Bremen Eins, Bremen Vier und Bremen Next eingliedern. Es ist dann wieder klar und fraglos erkennbar ein Produkt von Radio Bremen. Der Namenswechsel wurde dadurch möglich, dass das Nordwestradio nun schon seit einiger Zeit nicht mehr eine kooperierte Welle von NDR und Radio Bremen ist.

Bremen Zwei-Programmchef Karsten Binder (Bild: Radio Bremen/Leonard Rokita)
Bremen Zwei-Programmchef Karsten Binder (Bild: Radio Bremen/Leonard Rokita)

RADIOSZENE: Welche Bevölkerungsschichten umfasst die bisherige Hörerschaft?

Karsten Binder: Das Nordwestradio erreicht hauptsächlich ein anspruchsvolles – eher hochkulturell und bildungsbürgerlich orientiertes Publikum, das 50 Jahre und älter ist. Diese Hörerinnen und Hörer wollen wir auch weiterhin erreichen. Zusätzlich sehen wir unerschlossene „Hörerpotenziale“ insbesondere bei den modernen und wissensorientierten Hörerinnen und Hörern zwischen 40 und 49, die gerne gehobene Radioprogramm einschalten. Jüngere Hörerinnen ab 30 wollen wir zukünftig auch über eine kluge crossmediale Verbreitung von Bremen Zwei im Netz erreichen.

 

Bremen Zwei: Musik abseits des Mainstreams

 

RADIOSZENE: Beschreiben Sie uns die Gründe für die weiteren inhaltlichen Programmänderungen?

Karsten Binder: Hintergrund für den Umbau des Wochenend- und Abendprogramms sind die Ergebnisse der Medienforschung. Das Nordwestradio hat nach der aktuellen Media-Analyse (MA 2017 I) wochentags täglich 48.000 Hörer. Am Wochenende sind es deutlich weniger. Deshalb wurde das Wochenend- und Abendprogramm umgestaltet. Wichtigste Neuerung: Am Wochenende wird jetzt tagsüber komplett live gesendet. Bisher waren dort die meisten Sendungen voraufgezeichnet. Und am Abend werden die redaktionellen Strecken ausgedehnt. Bisher begann die Nachtautomation um 23.00 Uhr. Künftig beginnt sie erst um 24.00 Uhr.

RADIOSZENE: Auch das Musikprogramm wurde überarbeitet. Bislang stand bei der Musikauswahl die Qualität des Songs im Mittelpunkt – und nicht unbedingt dessen Bekanntheitsgrad. Wird sich daran etwas ändern?

Dr. Nicole Nelhiebel: Auch Bremen Zwei wird, wie schon das Nordwestradio, Titel abseits des Mainstreams spielen, auch wenn diese bislang keinen hohen Bekanntheitsgrad haben. Zwar werden auch einzelne, populärere Songs in das Programm aufgenommen, es wird jedoch darauf geachtet, dass sich diese perfekt in die übrige Musikauswahl eingliedern. Es wird weiterhin eine geringe Wiederholungsrate der Titel geben, so wie auch im Nordwestradio.

Bremen Zwei-Programmchefin Dr. Nicole Nelhiebel (Bild: Radio Bremen/Leonard Rokita)
Bremen Zwei-Programmchefin Dr. Nicole Nelhiebel (Bild: Radio Bremen/Leonard Rokita)

RADIOSZENE: Was ändert sich bei den zahlreichen innovativen Musikspecials am Abend und Wochenende? Hier hat die Musikauswahl bisher gezielt Genres berücksichtigt, für die es im Radio sonst kaum Programmflächen mehr gibt …

Dr. Nicole Nelhiebel: In den Abendstunden wird es neue, redaktionelle Musiksendungen geben. Nach der bekannten Sendung „Sounds“ wird beispielsweise freitags ab 21.00 Uhr „Bremen Zwei Tanzbar“ entsprechend tanzbare Musik senden, dabei wird es auch Ausflüge in Richtung Electro-Swing geben. Davor spielt einmal im Monat Singer-Songwriter Dirk Darmstaedter von 19.00 Uhr an seine persönliche Musikauswahl („Bremen Zwei Tanzbar“ beginnt dann erst um 22.00 Uhr). Auch die „Soulkitchen“ und „Jazz Grooves“ sind Sendungen, mit denen wir Neuerscheinungen und Klassiker ins Radio bringen, die andere Programme eher selten spielen würden. Bei den „Herzstücken“ (Donnerstags ab 22.00) zeigt Bremen Zwei seine romantische Seite, mit Herztiteln der Moderatorinnen und Moderatoren der Welle und der Hörerinnen und Hörer. Diese redaktionellen Musiksendungen basieren auf dem Musikkonzept von Bremen Zwei und haben durch die Handschrift der Moderatorinnen und Moderatoren eine zusätzliche Note.

Auch in Zukunft widmet sich Bremen Zwei der klassischen Musik in ihren Facetten und widmet sich den Konzertbühnen in Live-Konzerten und Mitschnitten.

RADIOSZENE: Wie wichtig sind diese Musikspecials für ihre Hörer? Und in wie weit bildet Bremen Zwei die heimische beziehungsweise die Bremer Musiklandschaft ab?

Dr. Nicole Nelhiebel: Die Musikredaktion von Bremen Zwei ist neugierig und offen. Wir sehen uns auch als Entdeckerinnen und Entdecker von Musik, die wir für unsere Hörerinnen und Hörer kuratieren. An einigen Stellen in die Tiefe zu gehen, gehört dabei zum Konzept und bringt noch einmal zusätzliche Inspirationen und Anregungen für die, die uns hören.

Bremen Zwei wird selbstverständlich auch etwa beim Musikfest Bremen zugegen sein und darüber berichten, auch die „jazzahead!“ und die Breminale oder der Oldenburger Kultursommer bleiben wichtige Ereignisse für das Programm. Wir bilden auch die Arbeit der regionalen Orchester wie zum Beispiel der Bremer Philharmoniker oder der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ab. Auch die populäre Musik in der Region spielt für Bremen Zwei eine wichtige Rolle. Konzerte in Bremen, Bremerhaven und der Region haben wir im Blick. Insofern wird Bremen Zwei weiterhin die regionale Musiklandschaft in ihrer Vielfalt abbilden.

 

Bremen Zwei: Am Wochenende wieder alles live

 

RADIOSZENE: Welche weiteren Neuerungen beinhaltet der Relaunch?

Karsten Binder: Eine der größten Veränderungen: Der Live-Sendebetrieb wird ausgebaut. Am Wochenende wird Bremen Zwei tagsüber live senden, bislang waren die Wochenend-Sendungen weitgehend voraufgezeichnet. Damit kann Bremen Zwei aktueller über das Geschehen in der Welt sowie in Bremen, Bremerhaven und der Region berichten.

RADIOSZENE: Wie viel „Bremen“ und Kultur stecken künftig in Bremen Zwei?

Karsten Binder: Der neue Name klärt einfach den Absender und ist in diesem Sinne ein Stück Ehrlichkeit. Die regionale Verankerung von Bremen Zwei bleibt erhalten: Bremen Zwei kommt aus Bremen und ist stark in der Region. Sendereihen in denen wir das Studio verlassen und von verschiedenen Orten in Bremen und um zu senden, wie „Unterwegs“ oder die „Sommergäste“, sind weiterhin bei Bremen Zwei zu finden.

Kultur bleibt ein wichtiger Teil und Triebfeder des Programms. Bremen Zwei hat sich einem modernen, offenen und lässigen Kulturbegriff verschrieben. Kultur meint am Ende das, was den Menschen in ihrem Leben Sinn gibt. Wir haben den Kulturbegriff deshalb geweitet. Wir sprechen über die politische Kultur, ebenso wie über Esskultur oder die Spielkultur im Fußball. Wir haben in diesem Sinne bei jedem Thema die „Kulturbrille“ auf und gucken mit dem zweiten oder dritten Blick auf die Ereignisse. Die Menschen verlangen ja nach Denkanstößen, nach Futter, auch nach Genuss für den Geist. Das kann mal ein spannendes Feature sein, das kann auch der fundierte Kulturtipp sein: Wohin heute Abend? All das bekommen Sie von uns.

Bremen Zwei wird auch im Hörspiel-Bereich mit Neuem überraschen. Fans des (niederdeutschen) Hörspiels werden weiterhin wie gewohnt mit unserem Programm bedient. Es wird aber auch neue, serielle Hörspiel-Formate geben, die als Podcast verbreitet werden. Wir werden aber nicht nur Podcasts produzieren, sondern auch mit Podcast-Machern zusammenarbeiten. Mittwochabends holen wir ausgesuchte, spannende Podcasts ins Radio. Ein anderes spannendes Projekt ist „Stars on Radio“, bei dem Schätze aus dem Archiv von Radio Bremen (etwa historische Interviews) als animierte Videoclips zu neuem Leben erweckt werden.

Weiterführende Informationen
Nordwestradio heißt ab 12. August “Bremen Zwei”
Radio Bremen 2