Dankeschön!

James Cridland's Radio Futrure
Nimm dir doch einmal an einem Samstagmorgen Twitter vor und schau dich bei @tonyblackburn um. Du wirst etwas Ungewöhnliches sehen. Tony Blackburn ist höchstwahrscheinlich Großbritanniens bekannteste Radio-Personality. Er ist seit 1964 auf Sendung und seit 50 Jahren bei der BBC: In einem Video, das letzte Woche veröffentlicht wurde, versucht er, das Radio-Studio im Broadcasting House zu finden, in dem er zum ersten Mal seine Sendung moderiert hat. Er war der erste Radio-Moderator der Top-40-Station BBC Radio 1 und ist seitdem fester Bestandteil der britischen Radioszene – bei der BBC und beim kommerziellen Radio.

Mit einer langen Karriere und im Alter von 74 Jahren würde jeder Andere die Sache lockerer angehen. Aber er denkt offenbar keineswegs an dergleichen. Stattdessen ist er auf einem Lokalsender in Kent zu hören, auf zwei BBC-Lokalstationen und im landesweiten BBC Radio 2, Europas meistgehörtem Radioprogramm. Dort präsentiert er die wöchentliche Show – „Sounds of the Sixties“ (hier kannst Du auch seine letzte Show hören Tu es, denn Du hörst einen Top-Moderator auf dem Höhepunkt seiner Radiokarriere).

Aber kommen wir zurück zu seinem Twitter-Account. Er bietet eine Mischung aus Eigenwerbung – seine Links zu seiner Show auf KMFM enthalten auch Verweise auf den Sponsor – und dummen Witzen: „Ein LKW voller Schildkröten kracht in einen Lastwagen voller Terrinen. Ich dachte: das wird eine leckere Schildkröten-Suppe.“(Diese Kolumne wird auch ins Deutsche übersetzt und das ist eine der Stellen, an der mein Übersetzer mir leid tut, daher nochmal in Englisch: “A truck full of tortoises crashed into a truck full of terrapins. I thought: that’s a turtle disaster.” ).

Samstagmorgens ist Tony Blackburns Twitter-Account aber wieder anders. Dann ist’s nämlich Zeit für seine „Sounds of the Sixties“ -Show. Trotz des Beginns um 6 Uhr besteht er darauf besteht, live zu senden. Jede Woche dankt er nach der Show seinen Hörern. Einem nach dem anderen. Auf Twitter.

Tony Blackburn im Radio - visualisiert (Foto: James Cridland)
Tony Blackburn im Radio – visualisiert (Foto: James Cridland)

„Sehr nett von dir, Tanya, danke Dir“, hat er auf einen Tweet geantwortet. „Ich hoffe, du hast eine tolle Zeit“, schreibt er einem Mann namens Gary, der getweetet hat, dass er beim Herumkraxeln in Rumänien zugehört hat. „Ich freue mich, dass du die Sendung genossen hast“, schreibt er an Alan, der gezwitschert hat, dass er die ganze Sendung verfolgt hätte.

Eigentlich hätte er es gar nicht nötig, seinen Hörern zu danken – aber wenn man zu den 80.000 Menschen gehört, die seinem Twitter-Account folgen, bekommt man das gute Gefühl, einem höflichen Mann zu begegnen statt – wie in vielen anderen Fällen, einem unnahbaren Star, der sich zu wichtig ist, mit Leuten in Kontakt zu treten. (Übrigens: Wenn Sie ihn treffen – wie ich – ist er auch genauso freundlich).

Wir alle bemühen wahrscheinlich gerne Beispiele für jemanden, der sich herablässt, „Danke“ zu sagen. Berater und Technologe Fred Jacobs brachte vor Kurzem ein anderes Beispiel: AccuRadios John Gehron, der es sich zur Politik gemacht hat, immer Jedem zu antworten.

Ich fühle mich an eine Radiostation in Edmonton erinnert, 102.3 Now Radio, die allen On-Air-Talenten eine Grundregel auferlegt hatte: persönlich auf jede einzelne Facebook-Nachricht, jeden Tweet oder jede SMS zu antworten. Es kann ihnen nicht geschadet haben: Sie stiegen sehr schnell zur Nummer 1 in den Bewertungen auf.

https://twitter.com/tonyblackburn
https://twitter.com/tonyblackburn

Während ich wahrscheinlich den schlechten Geschmack seiner Punchlines nicht weiterempfehlen würde, gibt es aber doch viel zu lernen von Tony Blackburn. Wenn jemand sich nicht zu schade ist, sich die Zeit für persönlichen Kontakt zu nehmen, kann man ihm gar nicht dankbar genug sein.

Und eins noch: Dankeschön fürs Lesen!

 

James CridlandDer “Radio-Futurologe” James Cridland beschäftigt sich mit neuen Plattformen und Technologien und ihre Wirkung auf die weltweite Radiobranche. Er spricht auf Radio-Kongressen über die Zukunft des Radios, schreibt regelmäßig für Fachmagazine und berät eine Vielzahl von Radiosendern immer mit dem Ziel, dass Radio auch in Zukunft noch relevant bleibt. Sein wöchentlicher Newsletter (in Englisch) beinhaltet wertvolle Links, News und Meinungen für Radiomacher und kann hier kostenlos bestellt werden: james.cridland.net.